Noch einige Hürden bei der Hardware-Nachrüstung

Der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) lässt sich nicht beirren: "Die Ergebnisse belegen die Wirksamkeit der Prototypen im Dauertest. Erreichbar sind Reduktionsquoten bei NOx von durchschnittlich 50 bis 70 Prozent", frohlockt er bei der Pressekonferenz des ADAC unweit des stark mit Stickoxid und Feinstaub belasteten Neckartors in Stuttgart nach einem Alltagstest mit verschiedenen Nachrüstsätzen für Euro-5-Diesel. Jetzt müsse der Bund rasch dafür sorgen, dass diese Systeme zugelassen und nachgerüstet würden.

Doch so einfach ist es nicht. Denn der fünfmonatige Test unter verschiedenen Witterungsbedingungen offenbarte eben auch, wie mängelbehaftet und in ihrer Wirkung begrenzt solche Systeme derzeit noch sind. Ein Fiat Ducato Lieferwagen, ein Opel Astra und ein VW Bulli T5 wurden von den Nachrüst-Anbietern HJS, Twintec und Mangold-Oberland mit einem SCR-Kat ausgestattet und vom ADAC-Technikzentrum in Landsberg während einer Laufleistung von 50.000 Kilometer genau analysiert.

Genau hier aber zeigten sich die Probleme im Dauertest. Während die Grenzwerte im Sommer unterschritten werden konnten, war dies im Herbst und Winter kaum mehr möglich. Da die Serienfahrzeuge bereits bei Temperaturen von zehn Grad enorm erhöhte hohe Stickoxid-Emissionen von bis zu knapp 2000 Milligramm pro Kilometer (Ducato) verzeichneten, wäre eine Einhaltung des Grenzwertes trotz einer Reduktion von 50 bis 70 Prozent kaum möglich. "Es scheint, als gehöre der Bereich zwischen fünf und 13 Grad zu den größten Herausforderungen, den Grenzwert einzuhalten, wenn die Hersteller die Nachrüstungsunternehmen nicht durch Software-Updates unterstützen", so Kolke.

Diese Unterstützung sowie eine Offenlegung der Daten für den Umbau ihrer Fahrzeuge haben von den deutschen Herstellern bisher nur der Volkswagen-Konzern sowie Daimler zugesagt. Von den Importeuren komme dagegen so gut wie keine Unterstützung, klagt der ADAC. "Eine Software-Update der Hersteller, eine effiziente Aufheizstrategie des SCR-Systems sowie eine gute Wärmekapselung der Komponenten können dazu beitragen, den ambitionierten Grenzwert zu erreichen", so Kolke.

Ein weiteres Problem war der erhöhte Kraftstoffverbrauch. Er soll nach der Richtlinie des Bundesverkehrsministeriums nicht höher als sechs Prozent liegen, die Fahrzeuge im Alltagstest kamen aber auf einen erhöhten CO2-Ausstoß von sieben bis 13 Prozent. Zudem waren teilweise enorme Mengen an AdBlue notwendig, um die Reduzierungen zu erzielen. So kam der Fiat Ducato bei einer Außentemperatur von zehn Grad auf einen Verbrauch von knapp 3,7 Liter auf 1000 Kilometer. Bei einem Tankinhalt von 15 Litern müsste der Harnstoff also alle 4000 Kilometer nachgefüllt werden. Bei einem Lieferwagen, der viele Kilometer abspult, mehr als nur ein lästiger Nebeneffekt.

Die Zeit für marktfähige Systeme läuft ab. "Die Nachrüstsätze müssen im Herbst 2019 vorliegen, denn davon hängt ab, ob es Euro-5-Fahrverbote in Stuttgart geben wird", warnte Verkehrsminister Hermann. Zwar sinken die Grenzwerte an der Messstelle Neckartor seit Jahren. Wann der erforderliche Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter eingehalten wird, ist aber noch nicht absehbar. Wer sein Auto nachrüste, der könne davon ausgehen, von möglichen Einfahrtbeschränkungen ausgenommen zu werden, so Hermann.

Bisher allerdings sind serienreife Modelle noch Mangelware. "Wir brauchen die Unterstützung der Hersteller", sagt etwa Hubert Mangold vom gleichnamigen Nachrüster. Er geht davon aus, dass seine Firma frühestens Ende des Jahres erste Systeme auf den Markt bringen kann. Diese würden sich auf Modelle von Daimler und dem Volkswagen-Konzern konzentrieren, da diese bisher zur Kooperation bereit seien. So hat etwa Daimler angekündigt, eine Umrüstung in den Schwerpunkt-Regionen mit bis zu 3000 Euro pro Auto zu unterstützen. Ein anwesender Sprecher betont am Rande der Veranstaltung: "Wenn Nachrüster auf uns zukommen, dann stellen wir alle erforderlichen Daten zur Verfügung, so lange nicht Geschäftsgeheimnisse tangiert sind."

Der nach eigenen Angaben einzige Anbieter, der bereits Systeme zur Zulassung beim Kraftfahrtbundesamt eingereicht hat, ist das Bamberger Unternehmen Dr. Pley SCR Technology. "Wir gehen davon aus, dass wir die Freigabe für Volvo-Zweiliter-Motoren zeitnah bekommen, für Daimler sollte es im Mai soweit sein", sagte Geschäftsführer Martin Pley der Automobilwoche am Rande der Veranstaltung. Das Unternehmen habe sich Produktionskapazitäten für 300.000 SCR-Katalysatoren pro Jahr gesichert. Allein für 150.000 Daimler-Fahrzeuge in den Schwerpunkt-Regionen seien Lösungen erarbeitet worden. Auch für den Porsche Cayenne und VW-Motoren seien Lösungen vorbereitet.

Ob diese Kapazitäten jemals ausgeschöpft werden, hängt maßgeblich vom Druck der Politik auf die Diesel-Fahrer ab. Sollten Euro-5-Fahrverbote unwahrscheinlich werden, weil die Grenzwerte durch die rasante Flottenerneuerung in den belasteten Städten ohnehin erreicht werden, dürften sich Autobesitzer kaum für eine Nachrüstung entscheiden. Anders sieht dies allerdings aus, wenn nur noch nachgerüstete Fahrzeuge in eine Stadt einfahren dürfen. Der baden-württembergische ADAC-Chef Dieter Roßkopf appellierte an das ökologische Gewissen der Autobesitzer: "Wer sein Diesel-Fahrzeug nachrüstet, tut der Umwelt etwas Gutes und kann Fahrverbote vermeiden."

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