Neuer Schub für Dienstleister flexibler Mobilität

Mit Autobanken verdienen Hersteller viel Geld. Sollen die Finanzhäuser weiterhin Cashcows bleiben, müssen sie ihre Geschäftsmodelle umstellen. Statt auf den einmaligen Verkauf eines Neuwagens müsse der Fokus auf den Gesamtlebenszyklus der Fahrzeuge gerichtet werden, sagte Deloitte-Partner Sebastian Pfeifle, beim Mobility Day 2020, den die Mobility Finance Plattform in Köln veranstaltet hat. "Hier liegen die Wachstumspotenziale der Zukunft."

Die vergangenen Monate haben aus Sicht des Branchenexperten dazu geführt, dass ein entsprechendes Umdenken beschleunigt wurde. Vieles kam auf den Prüfstand und wurde zumindest aufgeschoben. So sei es um autonomes Fahren deutlich ruhiger geworden.

"Mobility Services sind zwar ein großer Hype", so Pfeifle, aber mit dem richtige Modell stecke dahinter auch ein großer Markt. Allerdings werden viele Unternehmen mit ihrem Angebot nicht die Profitabilität erreichen.

Entscheidend sind die Kundenwünsche und die sind derzeit von Corona geprägt: So rückt der Gesundheitsgedanke stärker in den Vordergrund. Statt mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu greifen, greifen die Verbraucher stärker auf individuelle Mobilität zurück.

"Corona war eine harte Zeit, wir sind bislang gut durchgekommen", sagt Simon Broesamle von Share Now. "In Deutschland und Holland läuft es wieder besser als Vor-Corona." Die Pandemie habe die Nutzer verändert. "In manchen Städten hat sich die Triplänge fast verdreifacht."

Auch beim Carsharing könnte der Lebenszyklusgedanke stärker Einzug halten. Neuwagen sind aus Sicht von Broesamle nicht notwendig. Zumal die Fahrzeuge nach wenigen Wochen schon entsprechende Gebrauchsspuren aufweisen. Stattdessen könnten künftig Gebrauchte bei Share Now eine Rolle spielen. "Wenn Autos nach zwei oder drei Jahren zum Hersteller zurückkommen, eigenen sie sich sehr gut für Carsharing."

Michael Fischer vom VW-Sharingdienstleister We Share bestätigt das geänderte Nutzungsverhalten. "Das Free Floating hat sich stark verändert, heute werden die Fahrzeuge zum Teil über mehrere Tage genutzt." Deshalb hat der Dienstleister reagiert und testet nun ein Abo-Modell We drive. "Der Start war sehr vielversprechend, wir schauen uns nun sechs Monate an und entscheiden dann über die weitere Entwicklung."

Einen Schritt weiter ist bereits die Fleetpool Group. Mit ihrem Mehrmarken-Abo-Angebot ist die Gruppe in den vergangenen fünf kräftig gewachsen. "Im laufenden Jahr wollen wir rund 14.000 Neuwagen auf die Straße bringen", sagte Gert Schaub, geschäftsführender Gesellschafter Fleetpool. Seit 2015, als das Unternehmen rund 500 Abos verkaufte, hat Fleetpool jährliche Wachstumsraten von 100 Prozent und mehr. Mit prognostizierten Zuwächsen von 40 Prozent ist der Dienstleister im laufenden Jahr von Corona zwar etwas ausgebremst, dennoch kräftig im Plus.

Schaub und sein Team haben die Basis für weitere Zuwächse gelegt. Erst jüngst eröffnete Fleetpool in Griesheim ein Logistikzentrum in Eigenregie: 1200 Stellplätze, 6000 Quadratmeter Hallenfläche und die Infrastruktur für einen kompletten Service.

Auch Wettbewerber Vive la Car legt weiter zu. "Wir haben derzeit rund 500 Händler", sagte Firmengründer Mathias R. Albert. Mit Hyundai konnte das Start-up jüngst den ersten Hersteller für sein Abo-Modell begeistern. "Im Durchschnitt nutzen die Kunden 9,3 Monate ein Fahrzeug", erläuterte Albert. Er gehe davon aus, dass es sich zwischen zwölf und 13 Monate einpendle. In Österreich kooperiert das Start-up nach Hyundai nun auch mit BMW Austria und ist mit einem Mini-Abo an den Start gegangen.

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