Mit diesen Modellen befeuert Mercedes die Luxusstrategie

Die neue Ausrichtung von Mercedes lässt sich in einem zentralen Satz zusammenfassen, den Konzernchef Ola Källenius gerne bei jeder Fahrzeugpremiere wiederholt. „Wir wollen die begehrenswertesten Autos der Welt bauen.“ Am besten soll Mercedes gar nicht mehr so sehr als Autohersteller wahrgenommen werden, sondern als Luxusmarke wie Hermes oder Rolex. Dies ist der Kern der Strategie, mit dem die Marke mit dem Stern in Zukunft noch profitabler werden will. Nach den Rekordgewinnen in diesem Jahr mit allein fünf Milliarden Euro im dritten Quartal 2022 wird sich in diesem Jahr zeigen, ob das Unternehmen diesen Kurs halten kann.

Befeuert werden soll die Strategie mit einer Fülle von neuen Modellen. Eine zentrale Rolle spielt dabei die neue E-Klasse, die im Frühjahr als Baureihe W214 der Öffentlichkeit präsentiert werden soll und in der neuen Strategie als Core Luxury definiert wird. Die Business-Limousine soll die Erfolgsgeschichte des Kernmodells der Marke fortschreiben. Denn trotz des Trends zum SUV ist die E-Klasse vor allem in Asien noch immer sehr beliebt. Allein in China hat Mercedes von der Langversion in den ersten drei Quartalen mehr als 105.000 Einheiten verkauft. Auch Südkorea ist ein wichtiger Markt.

Wie die auf den Straßen um Stuttgart nur noch wenig getarnten Erlkönige vermuten lassen, legt Mercedes die nächste Generation noch sportlicher aus, was sich an der nach hinten stärker abfallenden Dachlinie zeigt. Neben der klassischen Limousine wird es auch wieder einen Kombi geben, der aber fast ausschließlich für den europäischen Markt bestimmt ist. Daneben dürften ein Coupé sowie ein Cabrio geplant sein, um die Oben-Ohne-Fans von C-Klasse bis S-Klasse zu bedienen. In diesen Baureihen bietet Mercedes keine Cabrios mehr an.   

Während die Änderungen beim Design moderat ausfallen, ist noch ist unklar, was sich im Innenraum tut. Doch dürfte Mercedes auch hier eine deutliche Aufwertung vornehmen und größere Bildschirme aus dem EQS oder der S-Klasse in die E-Klasse bringen. Eine Selbstverständlichkeit ist die Weiterentwicklung des Infotainmentsystems MBUX, das mit der E-Klasse nochmals auf eine neue Stufe gehoben werden soll. Auch Updates Over The Air werden wohl in größerem Umfang als bisher möglich sein.

Nach dem Debüt des weiterentwickelten Erfolgsmodells GLC folgt 2023 zudem das Coupé. In Europa ist immerhin jeder vierte GLC eine Version mit flach abfallendem Heck. Auch hier sind auf den Straßen bereits nur noch leicht verhüllte Prototypen zu sehen. Neben den bekannten Motorvarianten wird es auch wie beim GLC Plug-In-Hybride geben, die im rein elektrischen Modus über 100 Kilometer weit fahren können. Trotz auslaufender Subventionen hält Mercedes diese Kombination weiterhin für attraktiv, da Pendelstrecken gut rein elektrisch bewältigt werden können.

Auch bei den Vans tut sich was. Die V-Klasse bekommt eine Auffrischung als Verbrenner wie als elektrische Version. Gemäß der Luxusstrategie dürfte auch hier eine weitere Aufwertung des Innenraums erfolgen, gemäß dem Motto: So viel Transporter wie nötig, so viel Pkw wie möglich. Die V-Klasse ist eine wesentliche Säule des Van-Geschäfts und wird seit einigen Jahren auch in China gebaut. Außerdem erfreut sie sich als Reisemobil zunehmender Beliebtheit. Allein im dritten Quartal 2022 stieg die Zahl der verkauften Einheiten der V-Klasse um 21 Prozent auf 15.700.

Wem das nicht luxuriös genug ist, der kann zum EQS SUV Maybach greifen, der ebenfalls 2023 debütiert und sehr nahe an der auf der IAA im vergangenen Jahr gezeigten Studie sein dürfte. Die typische Zweifarb-Lackierung ist ebenso charakteristisch wie die 20 Zoll großen Schmiede-Felgen und der luxuriöse Innenraum. In China könnte zudem eine Crossover-Version auf den Markt kommen, die an eine vor fünf Jahren gezeigte Studie erinnert. Eine offizielle Bestätigung gibt es hierfür aber nicht.

Richtig spannend wird es dann im Jahr 2024. Neben einem geplanten Mercedes SL Maybach dürfte vor allem die Premiere der elektrischen G-Klasse für Aufmerksamkeit sorgen. Beide Modelle zählen zum Top-End Luxury, das den besonders margenstarken Fahrzeugen vorbehalten ist. Das kantige Kultmodell soll mit einer neu entwickelten Batterie eine ordentliche Reichweite erzielen und gleichzeitig bei den Fahreigenschaften dem Verbrenner-Modell überlegen sein. So demonstrierte Mercedes-Entwicklungschef Markus Schäfer vor einigen Tagen in einem Teaser-Video, wie die G-Klasse dank der vier einzeln ansteuerbaren Elektromotoren auf der Stelle drehen und wenden kann.

Außerdem startet die neue Kompaktwagen-Generation auf der MMA-Plattform, die nun als Entry Luxury eingestuft wird. Die Vielfalt der Modelle ist deutlich ausgedünnt. B-Klasse und A-Klasse sollen wegfallen. Als sicher gilt nur, dass der schnittige CLA eine Neuauflage erfährt. Für die neue Architektur soll möglichst viel Wissen aus dem rein elektrischen Technologieträger EQXX in die Serie übertragen werden.

Zwar dürfte das Serienauto nicht an den Verbrauch von nur 8,3 Kilowattstunden auf 100 Kilometer herankommen. Doch Entwicklungschef Schäfer hatte zuletzt wiederholt angedeutet, dass es in Richtung zehn Kilowattstunden gehen soll. Zudem erhält die MMA-Plattform als erstes das Betriebssystem MB.OS, das beispielsweise eine neuartige 3-D-Navigation ermöglicht, die bereits im EQXX demonstriert wurde.

Die Luxus-Strategie mit der Ausdünnung des Modellangebots im unteren Segment hatte Mercedes zuletzt auch immer wieder Kritik eingebracht. Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer etwa empfahl wegen der fehlenden Skaleneffekte, die eingeschlagene Richtung nochmals zu überdenken. Und in einem Interview mit der Stuttgarter Zeitung wetterte Winfried Hermann, grüner Verkehrsminister des Landes Baden-Württemberg: „Wenn man nur noch Autos für Scheichs und für die Reichen dieser Welt produziert, bekommt man ein Akzeptanzproblem.“

Er vermutete gar, die Strategie sei von den chinesischen Anteilseignern Geely und BYD gesteuert, um in Europa selbst besser Fuß fassen zu können. Bei Mercedes dagegen argumentiert ein Manager gegenüber der Automobilwoche genau andersherum. „In diesem Segment können wir kostenseitig nicht mithalten, deshalb bleibt uns nichts anderes als die Höherpositionierung.“

Aus dem Datencenter:

Modellvorschau AMG bis 2024