Witte Automotive und Stabilus treiben Industrie 4.0 mit Erfolg voran. Witte berichtet von großen Produktivitätssteigerungen in der Logistik, „in Teilbereichen sogar um mehr als 50 Prozent“, erläutert Andreas Bunderla, Leiter IT und Prozessmanagement. In der Produktion lasse sich der Vorteil noch nicht beziffern. Auf Basis einer Potenzialanalyse mit dem Fraunhofer-IPA entstand „eine Roadmap, die sich jetzt in der Umsetzung befindet“, so Bunderla.
Stabilus fasst die Industrie-4.0-Aktivitäten unter dem Namen Stabilus 4.0 zusammen. Ein Gesamtfahrplan, der alle Bereiche vom Einkauf bis zum Vertrieb einbezieht, ist in Arbeit, Einzelprojekte sind realisiert.
„Schon heute können über ein ‚Management Cockpit‘ jederzeit die wichtigsten Produktions-Key-Performance-Indikatoren online etwa mit dem Smartphone abgerufen werden“, sagt Johannes Pink. Der Vice President Operations nennt ein weiteres Beispiel: „Die Messung der Qualitätsparameter am gerade hergestellten Produkt steuert automatisch die Maschineneinstellung für die Folgeproduktion.“ Von Vernetzung und Digitalisierung erwarte man „eine Beschleunigung innerhalb unserer gesamten Lieferkette“.
Nur: Witte und Stabilus scheinen Ausnahmefälle zu sein. Das ist aber nicht allein ein Problem der Automobilbranche. „Es befinden sich alle auf einem gleich schlechten Stand“, berichtet Werner Bick. Der Generalbevollmächtigte bei ROI Management Consulting weiß das aus seinem Beratungsgeschäft, aber auch aus seiner wissenschaftlichen Arbeit als Professor an der OTH Regensburg.
Zahlen belegen den Rückstand im Mittelstand. Die von der Bundesregierung ins Leben gerufene „Plattform Industrie 4.0“ führt eine Liste mit vorbildlichen Industrie-4.0-Projekten. Unter rund 280 Einträgen fand sich zuletzt nur eine Handvoll Autozulieferer mit weniger als einer Milliarde Euro Umsatz. Die Bosch-Gruppe ist dort mit fast 20Projekten dabei.
Was hält kleinere Zulieferer von Industrie-4.0-Methoden ab? Das Thema ist komplex, ein wenig diffus, es gibt kaum Lösungen von der Stange, Abteilungs- statt Prozessdenken bremsen oft. Häufig mangelt es auch an Kapazitäten bei Personal und IT.
Immerhin registriert Berater Bick: „Inzwischen ist eine Aufbruchstimmung festzustellen.“ Es gebe immer mehr Anfragen dazu. Der Einstieg sei nicht so schwierig, wie viele Unternehmen meinten. „Der erste und größte Hebel bei Industrie 4.0“ sei, durch großflächige Datenerfassung und -analyse Transparenz herzustellen und so Schwachstellen zu erkennen.
Dafür müsse man heute nicht mehr den Weg über eigene IT und gekaufte Server gehen. „Vielen Unternehmen ist noch nicht bewusst, dass mit Cloud-Lösungen und „Software as a Service“ eine zweite Schiene neben den eigenen IT-Strukturen zur Verfügung steht, die den Einstieg in Industrie 4.0 deutlich erleichtert“, so Bick.
Als Belohnung winken „zumindest in den ersten Jahren durchschnittliche Produktivitätssteigerungen im hohen einstelligen Prozentbereich“.
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