Frau Bendiek, woher kommt das Interesse für Software und IT – aus der Schule und dem Studium, oder doch aus dem Elternhaus?
Ich habe mich schon immer für Mathe oder Naturwissenschaften interessiert. Als Kind bin ich auch gar nicht auf den Gedanken gekommen, dass jemand der Meinung sein könnte, das sei nichts für Mädchen. Die Neugier für das „Programmieren“ hat dann untern anderem auch mein Mathelehrer in der Schule in der Informatik-AG geweckt und nach meinen Anfängen in der IT bei Nixdorf und meiner Zeit am MIT war der Weg klar.
IT und Autoindustrie wachsen immer mehr zusammen und Microsoft profitiert davon massiv. Warum ist die Autoindustrie für ein Unternehmen wie Microsoft so attraktiv und spannend?
Autobauer müssen heute Technologien wie Cloud-Computing, künstliche Intelligenz oder das Internet der Dinge schnell und wirksam einsetzen können, um die Mobilitätskonzepte der Zukunft Wirklichkeit werden zu lassen. Microsoft versteht sich als Partner der Automobilindustrie, nicht als Wettbewerber. Wir liefern der Branche die Grundlage für skalierbare und vernetzte Mobilitätsdienste, indem wir unsere IT-Expertise teilen und eine sichere sowie weltweit verfügbare Cloud-Infrastruktur bereitstellen.
Können Sie das vielleicht auf Kooperationen zwischen Microsoft mit VW oder BMW mit einem Satzpräzisieren?
VW unterstützen wir unter anderem beim gezielten Aufbau eines Entwicklungszentrums für die Automotive Cloud, die wir gemeinsam realisieren wollen. BMW wiederum unterstützen wir bei der Einführung einer Open Manufacturing Platform, als Technologieplattform und offene Community in der Automobil- und Fertigungsindustrie, um die Entwicklung von industriellen IoT-Anwendungen maßgeblich zu beschleunigen.
Es gibt nicht viele Frauen in der IT-Branche, die wie Sie an der Spitze stehen. Wer ist Ihr Vorbild?
Ich suche Vorbilder weniger auf dem Sockel, sondern finde sie viel häufiger im alltäglichen Miteinander. Klar gibt es hier eine Reihe von beeindruckenden Persönlichkeiten in derInformations- und Kommunikationstechnik oder der Wirtschaft und Gesellschaft generell, die große Visionen vorantreiben. Mit Blick auf die Übersetzung und Umsetzung dieser Visionen in den Alltag von Unternehmen inspiriert mich aber immer wieder die individuelle Leistung und vor allem die persönliche Entwicklung einzelner Kolleginnen und Kollegen.
Sehen Sie sich selbst als Vorbild?
Ich habe mich eigentlich nie als Vorbild gesehen – bis ich festgestellt habe, wie viele Frauen sehr wohl nach Rollenmodellen schauen.Die Tech-Branche hatte ja lange nur wenige Frauen vorzuweisen, daher ist es umso wichtiger, sichtbar zu sein und auch Stellung zu beziehen. Also habe ich die Rolle akzeptiert. Und dabei erhalte ich faktisch auch Unterstützung durch eine Microsoft-Studie, die belegt: Mädchen im Alter zwischen elf und 16 Jahren brauchen weibliche Vorbilder in MINT-Berufen. Sonst denken viele, das sei nichts für sie. Den Verlust dieses kreativen Potentials können wir uns in Deutschland auf dem Weg in die digitale Zukunft nicht länger leisten.
Wie stehen Sie zur Diskussion um die Frauenquote?
Nächste Frage, bitte! Im Ernst: Ichwünsche mir mehr Frauen in Führungspositionen – auch bei mir im Unternehmen. Wir machen da Fortschritte, fördern Talente intensiv und liegen im Vergleich zu anderen technischen Branchen auch über dem Durchschnitt. Aber mein Management bekomme ich trotzdem noch nicht paritätisch – oder zu welchem festgelegten Schlüssel auch immer – besetzt. Aber wir bleiben dran – und nicht aufgrund einer Quote, sondern, da wir zutiefst an den Wert von Diversität glauben.
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