Laster mit Lifestyle-Allüren

Leicht haben sich die Koreaner den Entschluss wahrlich nicht gemacht. Dem neuen ProCeed, einem Crossover aus Kombi und Coupé, gingen umfangreiche Recherchen in Europa voraus. „Dreitürer und Coupés verschwinden in der Kompaktklasse zunehmend“, sagt Kia-Produktmanager Alper Celik, „wir wollen dem Kunden dennoch ein emotionales Auto bieten.“ Genau das soll ab Frühjahr 2019 der ProCeed als sogenannter Shooting Brake übernehmen.

Diese Karosserieart, ursprünglich als Jagdwagen gedacht, hat ihren Ursprung in England und eine entsprechend lange Tradition. 1968 erschien der Reliant Scimitar, 1972 verwirklichte Volvo das Konzept des zweitürigen Sportkombis im 1800 ES, besser bekannt als „Schneewittchensarg“. Berühmtester Vertreter der Neuzeit aber ist Mercedes. Die Schwaben kamen 2012 mit dem CLS Shooting Brake und schickten in verkleinerter Form 2014 den CLA in ähnlicher Silhouette hinterher.

Und jetzt Kia. Schon die Studie im vorigen Jahr auf der Frankfurter IAA sorgte in der Branche für Aufsehen – flach, schlank und geschmeidig. Die Serienversion sieht nicht viel anders aus, weicht nur in wenigen Details vom Konzeptauto ab. Das Heck mit dem durchgehenden Leuchtband erinnert stark an den Porsche Panamera.

„Kunden kaufen einen reinen Kombi fast ausschließlich aus funktionalen, einen Shooting Brake aber aus emotionalen Gründen“, sagt Kia Motor Europe Vice President für Marketing und Produktplanung, Artur Martins, und ist stolz darauf, dass die Designer neben allen schönen Linien auch die Praktikabilität nicht aus den Augen verloren haben. So übertrifft der Kofferraum des ProCeed mit 594 Litern nicht nur jenen des Mercedes CLA Shooting Brake deutlich (+ 99 Liter), sondern auch jenen des Skoda Octavia Combis (580 Liter) – das will was heißen. Zudem lassen sich die Rücksitzlehnen im Verhältnis 40:20:20 teilen. Es gibt Stauraum unter dem und ein Schienensystem auf dem Ladeboden. Was missfällt, ist lediglich die Ladekante. Getränkekisten müssen über diese gehoben werden.

Mit dem Ceed Kombi, Sportswagon genannt, teilt sich der ProCeed die technische Basis. Beiden stehen auf der K2-Plattform, beide eint der Radstand von 2,65 Metern. Doch der ProCeed ist 43 Millimeter flacher und fünf Millimeter länger als der Kombi, was ihn ein wenig gedrungener auf seinen Rädern sehen lässt. Der sportliche Auftritt spiegelt sich auch in der Motorisierung wider, zumindest beim ProCeed GT. Ihn gibt es ausschließlich mit dem stärksten Vierzylinder-Direkteinspritzer im Programm, dem 1.6 T-GDI mit 204 PS.

Wer den ProCeed lediglich in einer GT-Ausstattungslinie bestellt, hat mehr Auswahl, unter anderem bietet Kia einem 136 PS starken Diesel an. Wie der GT-Motor ist auch der Diesel mit einem manuellem Sechsgang- oder einem Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe erhältlich. Verbrauchsangaben macht Kia bislang nur zum Selbstzünder. Er soll sich mit 4,0, beziehungsweise in der Automatikversion mit 4,2 Litern begnügen.

Mit dem Proceed erweitert Kia seine Kompaktfamilie auf drei Modelle. Dies ist nicht das Ende der Fahnenstange. Aus Korea ist zu vernehmen, dass es noch ein weiteres geben wird. Als Premieren-Bühne könnte die IAA 2019 dienen. Die Messehallen in Frankfurt liegen quasi an der Hintertür der europäischen Konzernzentrale.

Weil man sich auf Abenteuer wie Cabrio und Coupé eben nicht mehr einlässt und gleichzeitig den Ceed-Absatz in Europa von jetzt jährlich rund 70.000 auf über 100.000 erhöhen will, lässt sich sich an vier Fingern abzählen, um welche Fahrzeugkategorie es sich bei Ceed Nummer vier handelt wird. Nicht zuletzt sehen die Kia-Strategen, welchen Erfolg beim Golf das Derivat T-Roc einfährt.

Sehr engagiert zeigt sich der koreanische Hersteller beim Ceed, geht es um dessen alternative Antriebskonzepte. So sollen alle Ceed-Modelle in den nächsten zwei Jahren mit dem 48-Volt-Mildhybridsystem ausgestattet sein, Diesel wie Benziner. Einen Anfang mit dieser Technik machte man dieses Jahr bereits mit dem Sportage. Kombi und Crossover fahren außerdem mit einem Plug-in-Hybrid. Und spätestens Ende 2020 wird es innerhalb der Ceed-Baureihe ein Derivat auch als vollelektrische Variante geben.

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