Kunden müssen bis zu einem Jahr warten

Nachdem die Elektromobilität lange nicht in Gang gekommen ist, werden die Hersteller nun von der Nachfrage überrollt. Wartezeiten von bis zu einem Jahr sind die Folge.

So lange müssen sich Kunden für einen Hyundai Ioniq Electric gedulden. "Beim Thema Elektro ist es leider so, dass wir vom Erfolg – sprich: der Nachfrage – überrascht wurden", sagte ein Hyundai-Sprecher.

Wer heute einen elektrischen Smart bestellt, kann ihn erst Ende des Jahres oder gar Anfang nächsten Jahres abholen. "Der Anstieg in der Nachfrage entwickelt sich viel stärker und noch schneller, als wir das hätten erwarten und mit unseren Lieferanten planen können", sagte Smart-Chefin Annette Winkler der Automobilwoche.

VW hat bereits reagiert und für den Elektro-Golf in Dresden eine zweite Schicht eingeführt. Bis ins vierte Quartal zieht sich die Wartezeit für den E-Golf, den die Wolfsburger im vergangenen Jahr 3100-mal ausgeliefert haben.

Die langen Lieferzeiten sind zum einen für Privatkkäufer ein Problem. "Manche Kunden planen nicht so weit voraus und ihr Leasingvertrag läuft schon in vier Monaten aus", sagt Deutschlands erfolgreichster Ionic-Verkäufer Jürgen Sangl.

Bei Großkunden sind sogar Unternehmensziele gefährdet. Der Softwarekonzern SAP will 2025 klimaneutral sein und baut seine E-Flotte dafür aus.

Der zuständige SAP-Manager Marcus Wagner sagte der Automobilwoche: "Wenn Sie im Februar 2018 einen Vollstromer kaufen wollen, bekommen Sie fast keinen."

SAP will im Jahr 2020 in seinem Fuhrpark 5000 E-Fahrzeuge haben. Doch die aktuellen Lieferprobleme vieler Hersteller erschweren das Vorankommen. "Die Nachfrage ist deutlich höher als das Angebot und wir reden mit den Herstellern, wie sie diese bedienen können", sagt Wagner.

Auch beim Renault Zoe, dem meistverkauften Stromer des Jahres 2017 in Deutschland, müssen Kunden mittlerweile länger warten.

"Die derzeitige Lieferzeit für einen Zoe beträgt fünf bis sechs Monate. Damit hat sich die Lieferzeit gegenüber dem Vorjahr durchaus verlängert", sagte ein Sprecher.

Ein Grund dafür sei die neue Batterie mit größerer Kapazität und somit mehr Reichweite. "Die Nachfrage nach dieser Version übertrifft unsere Erwartungen deutlich. Die Produktionskapazität wurde zwar erhöht, konnte aber bislang nicht im gleichen Maße gesteigert werden", ergänzte der Sprecher.

Hauptgrund für die langen Lieferzeiten seien aber nicht die neuen Batterien, sondern die von Renault mittlerweile selbst gebauten E-Motoren.

Bislang wurden im Werk Cléon 50.000 Motoren pro Jahr hergestellt. "Im September haben wir aber beschlossen, die Kapazität auf 80.000 zu erhöhen. Bis diese Erweiterung voll greift, wird es noch ein wenig dauern. Dann sollten auch die Lieferzeiten wieder deutlich sinken", sagte der Renault-Sprecher.

Nissan verzeichnet für den neuen Leaf bereits große Nachfrage, obwohl die Händlerpräsentation in Deutschland erst im März erfolgt.

Seit Jahresbeginn kann das Modell bestellt werden. "Die Resonanz ist unseres Erachtens nach beeindruckend. Europaweit haben wir per Mitte vergangener Woche bereits mehr als 14.000 Bestellungen entgegengenommen", sagte ein Nissan-Sprecher der Automobilwoche.

Mit mehr als 2100 Bestellungen ist Deutschland hinter Norwegen auf Platz zwei. Wer heute bestellt, muss bis August oder September warten. Tendenz: steigend. "Diese Lieferzeit ändert sich derzeit wöchentlich mit zunehmendem Bestelleingang", warnt der Sprecher.

Auch die Online-Anbieter wie Carwow verzeichnen zunehmend mehr Nachfrage bei den lange verschmähten E-Autos. Die beste Verfügbarkeit habe der BMW i3 mit zwei bis drei Monaten, heißt es bei Carwow. BMW selbst nennt für das Modell drei bis vier Monate Lieferzeit.

Die Plattform MeinAuto.de hat für die Automobilwoche die Veränderung der Lieferzeiten wichtiger Modelle am deutschen Markt untersucht (siehe Tabelle).

"Wir registrieren für einige Elektroautos deutlich verlängerte Lieferzeiten. Die Nachfrage nach Elektroautos wächst zur Zeit schneller als das Angebot seitens der Hersteller", sagte MeinAuto.de-Chef Alexander Bugge der Automobilwoche.

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