Kleines Start-up mit großen Plänen

Während sich die Branchenriesen Mobile.de und Autoscout derzeit durch die Erweiterung ihrer Geschäftsfelder versuchen breiter aufzustellen, tummeln sich immer mehr neue Fahrzeugbörsen auf dem Markt, die die verbleibenden Nischen besetzen.

Einer der neuen Anbieter ist das Start-up Carfellows, das 2019 an den Start ging. Indirekt ist nun ausgerechnet die Corona-Krise dafür verantwortlich, dass das junge Unternehmen neuen Schwung bekommen hat.

Ein – dank des erhöhten Umweltbonus – extrem günstiges Leasing-Angebot für den Smart EQ lockte innerhalb einer Woche mehr als 100.000 Nutzer auf die Seite, Anfragen im vierstelligen Bereich trudelten ein. Bis das Modell ausverkauft war.

Zwar ginge die Zahl der Anfragen wieder zurück, doch die 14 Mitarbeiter arbeiteten immer noch fast rund um die Uhr, betonte Rainer Westdörp, Pressesprecher von Carfellows. Ob Carfellows auch langfristig von diesem Boom profitieren kann, wird sich zeigen.

Tatsächlich verfolgt das Start-up einen etwas anderen Ansatz als die meisten Online-Plattformen im Autobereich.

Die Kunden werden durch Carfellows von lizensierten Verkäufern beraten und kaufen Neuwagen, ohne dafür ein Autohaus betreten zu haben. Auch der Vertragsabschluss erfolgt nach Bonitätsprüfung also online. Das Fahrzeug wird dem Kunden vor die Türe geliefert. So zumindest die Theorie.

Denn zum Teil ist das wohl noch Zukunftsmusik. Teilnehmende Händler berichten davon, dass auch Carfellows bislang vor allem der Lead-Generierung dient, also durch die Plattform lediglich Kontakte hergestellt werden. Das soll sich nach dem Willen des Start-ups jedoch bald ändern. Die eigenen Verkäufer sollen künftig auch Sonderwünsche bearbeiten und die Händler einen bereits unterschriebenen Vorvertrag des Kunden per E-Mail erhalten.

"Wir wollen uns einen seriösen Namen machen und eine ernstzunehmende Online-Plattform sein", sagt Westdörp. Man wolle mit den Händlern "eine Partnerschaft auf Augenhöhe".

Wichtig sei auch, dass die Händler etwas verdienen. Zwar ist der Stein durch das Smart-EQ-Angebot ins Rollen gekommen, es gehe aber nicht darum, mit der Brechstange den günstigsten Preis zu erzielen, so der Sprecher.

Derzeit hat Carfellows 15 Mehrmarkenhändler unter Vertrag und steht damit noch ganz am Anfang. Zum Vergleich: Bei Branchenriese Mobile.de bieten mehrere Tausend Händler ihre Fahrzeuge an. Die Konditionen sind laut Aussage von teilnehmenden Händlern mit denen der anderen Fahrzeugportale zu vergleichen.

In diesem Jahr will Carfellows 1000 Fahrzeuge absetzen, im kommenden Jahr sollen es 2000 sein. Derzeit sind ausschließlich Leasing-Pkw gelistet, demnächst will das Unternehmen aber auch Autos zum Barkauf und zur Finanzierung anbieten. In den kommenden Jahren will man zudem kleinere Flottenkunden bedienen.

Und das Start-up denkt groß: Auch von der Expansion in andere Länder ist bereits die Rede. Doch zunächst muss das Unternehmen in Deutschland Fuß fassen, und das dürfte schwierig genug sein. Der Wettbewerb unter den Autobörsen wird alleine aufgrund ihrer wachsenden Zahl immer größer.

Lesen Sie auch:

Renault Deutschland-Chef erwartet E-Boom: "Corona ist ein Brandbeschleuniger für den Online-Handel"

Norwegisches Unternehmen: Adevinta übernimmt Mobile.de

Interview mit Mobile.de-Chef Malte Krüger: "Die Autokäufer sind zurück"

Aus dem Datencenter:

Neuzulassungen in Deutschland in einem Juni von 2000 bis 2020