Christophe Périllat löste Anfang 2022 den langjährigen Valeo-CEO Jacques Aschenbroich an der Spitze des französischen Zulieferers ab. Im Interview mit der Automobilwoche skizziert er die neue Aufstellung von Valeo als Technologie-Unternehmen.
Herr Périllat, Sie haben seit Ihrem Amtsantritt wiederholt die Bedeutung des Klimaschutzes betont. Ist das auch ein ganz persönliches Anliegen?
Ich bin auch persönlich absolut davon überzeugt, dass die globale Erwärmung für uns alle eine Katastrophe ist und eine echte Lebensgefahr für die nächsten Generationen darstellt. Da sollte man nicht zuschauen, sondern handeln. Die Reduzierung unseres CO2-Footprints und Nachhaltigkeit sind für mich integraler Bestandteil unseres Designs, vom ersten Entwurf an. Alle Dinge, die wir herstellen, sollten einfach wiederverwendbar, reparierbar und recycelbar sein.
Valeo sieht sich als Treiber der Elektromobilität und der Transformation der Automobilindustrie. Womit können Sie das belegen?
Wir haben schon vor Dieselgate gesehen, wie sich die Verbrenner-Technologie entwickelt, dass die Transformation zur E-Mobilität kommen wird. So haben wir beispielsweise schon im März 2016 unser Geschäft mit Steuergeräten für das Motormanagement an Continental verkauft.
Was sind Valeos Ziele beim Klimaschutz?
Wir unternehmen große Anstrengungen, um unseren CO2-Fußabdruck zu verringern. Fernziel ist es, ab 2050 klimaneutral aufgestellt zu sein, und zwar über alle drei Scopes. 2022 haben wir beispielsweise den übernommenen Bereich Valeo Siemens eAutomotive mit 15 Standorten zu unserem CO2-Fußabdruck hinzugefügt und es dennoch geschafft, auf dem gleichen CO2-Emissionsniveau zu bleiben wie 2021. Das haben wir geschafft durch die Umstellung von Gas auf Biomasse, die Abschaffung zahlreicher Gabelstapler und Gastrocknungsanlagen und auch durch die Senkung der Gebäudetemperaturen um mindestens zwei Grad Celsius.
Wie sieht der Energiemix bei Valeo derzeit konkret aus?
Wir haben schon vor dem Anstieg der Energiepreise damit begonnen, Gas durch Strom zu ersetzen. Das hat uns zunächst einmal Geld gekostet, aber wir haben es dennoch gemacht, um CO2 einzusparen. Von unserem gesamten Energieverbrauch entfallen aktuell etwa 75 Prozent auf Strom, knapp 23 Prozent auf Gas, 1,5 auf Heizöl und 0,7 Prozent auf Biomasse und Geothermie. Den Anteil der erneuerbaren Energien werden wir stetig steigern.
Valeo setzt voll auf die Transformation mit den Bereichen Elektrifizierung und Assistenzsysteme. Zahlt sich das inzwischen aus?
Absolut. Wir sehen uns als Trendsetter und nicht als Nachzügler. Im ersten Quartal haben wir unseren Umsatz um 15 Prozent auf 5,5 Milliarden Euro gesteigert. Ein Drittel von diesem Wachstum entfiel auf den Bereich Elektrifizierung. Allein der Bereich Hochvolttechnik wuchs um 69 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Sie sehen, wir setzen auf das richtige Pferd.
Wo sehen Sie neben dem Bereich Powertrain die größten Wachstumsperspektiven?
Das Wärmemanagement im Fahrzeug wird ein zentrales Thema der nächsten Jahre. Denn Sie wissen, wie drastisch das Aufwärmen des Innenraums und der Batterie mit der Batterieenergie die Reichweite verkürzt. Bei einer Außentemperatur von sieben Grad minus reduziert eine Batterie-Heizung die Reichweite um 40 Prozent – das ist nicht akzeptabel. Eine aus unserer Sicht ideale Lösung sind daher Wärmepumpen. Mit unserer aktuellen Wärmepumpe gewinnen wir bei sieben Grad minus Außentemperatur bereits 38 Kilometer zusätzliche Reichweite. Im nächsten Schritt werden wir schon 80 Kilometer schaffen.
Gibt es schon Kunden für diese neue Sparte?
Wir liefern bereits Wärmepumpen für zwei Stellantis-Modelle, und wir haben einen Auftrag eines chinesischen OEM. Aber es gibt noch weitere Wachstumsfelder.
Wo sehen Sie die?
Ein wichtiges Feld ist das Energiemanagement. Mit unserem neuesten 800-Volt-Inverter kommt ein Fahrzeug mit derselben Batterie glatt 20 Kilometer weiter, bei geringerem Gewicht und Volumen.
Eine große Bedeutung spielen bei Valeo auch Fahrerassistenzsysteme. Welches Autonomie-Level wird das Hauptgeschäft ausmachen?
Ein Level-4- oder gar Level-5-Auto sehe ich noch sehr lange nicht in Europa. Diese sehr kostspieligen Fahrzeuge werden nur für wenige Robotaxi-Unternehmen interessant sein. Auch Level 3 wird nur zwei bis drei Prozent ausmachen. Das Wachstum kommt also von den restlichen 97 Prozent, und das sind die Autonomie--Level 2 und 2+.
Das Interview führte Michael Knauer.
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