Herr Hofelich, DriveNow ist vor sechs Jahren gestartet. Wie hat sich das Thema Carsharing seither verändert?
Carsharing hat eine wahnsinnig interessante Entwicklung genommen. Ende 2010 bin ich bei BMW gefragt worden, ob ich in den Bereich Carsharing gehen will. Ich war zunächst skeptisch, hatte aber gleichzeitig das Bauchgefühl, dass dort wirklich ein Markt entsteht. Inzwischen kann man das nachweisen: Als DriveNow 2011 gestartet ist, gab es 185.000 Carsharing-Nutzer in Deutschland, heute sind es 1,7 Millionen. Wir sehen nicht, dass die Entwicklung ein Ende nimmt.
Nun ist der Grat zwischen profitabler Auslastung und Klagen der Nutzer, dass zu wenige Fahrzeuge zur Verfügung stehen, sehr schmal. Welche durchschnittliche Auslastungsquote haben Sie?
Unsere Fahrzeuge werden jeweils durchschnittlich drei bis fünf Stunden täglich genutzt. Dort, wo wir heute präsent sind, sind wir also auch relevant.
Neben dem Rollout in weitere europäische Städte legen Sie momentan den Fokus auf die Parkplatzproblematik. Sie bieten etwa die Handshake-Funktion, also die Autoübergabe zwischen Kunden ohne Parkplatz, an – was kommt als nächstes?
Die Handshake-Funktion wird sehr rege genutzt. In hochverdichteten Vierteln wissen die Leute, dass die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass andere Nutzer gerade ein Fahrzeug wollen, während Parkplätze nur begrenzt zur Verfügung stehen. Nun arbeiten wir an Parksuchalgorithmen, die vorhersagen, wo es wahrscheinlich ist, einen Parkplatz zu finden. Das ist aber nicht einfach, weil unsere Nutzer pro Minute bezahlen und auch nur beim kleinsten Fehler im System der Eindruck entstehen könnte, dass wir künstlich die Fahrtzeit hochhalten. Im Vorfeld ist hier viel Analyse erforderlich.
Im September tritt das Carsharing-Gesetz in Kraft. Was erwarten Sie sich davon?
Es hat uns sehr gefreut, dass das Gesetz verabschiedet wurde. Über verschiedenste Studien konnte nachgewiesen werden, dass Carsharing einen positiven Einfluss hat. Ein Carsharing-Fahrzeug ersetzt demnach drei bis sechs Privat-Pkw und der Gesetzgeber hat die positiven Auswirkungen des Carsharing mit dem Gesetz ausdrücklich gewürdigt. Wir erwarten uns, dass die Kommunen im Bereich Carsharing nun aktiver werden und die Voraussetzungen für eine größere Akzeptanz des Carsharings schaffen. In München setzt DriveNow beispielsweise rund 1500 Parkplätze frei. Die Stadt überlegt jetzt, wie man einen Teil dem Carsharing wieder zur Verfügung stellen kann. Das Carsharing-Gesetz würde dabei die notwendigen rechtlichen Grundlagen schaffen. Die Bereitstellung von dedizierten Carsharing-Parkplätzen würde gerade in den hochverdichteten Vierteln dazu führen, dass mehr Anwohner darüber nachdenken, das eigene Fahrzeug abzuschaffen.
Ist das Ihr Ziel?
Teilweise schon. Die Frage ist natürlich immer, wie ein Fahrzeug genutzt wird. Einem Handelsvertreter will ich sicher kein Carsharing-Auto andrehen. Für eine Familie, die ein Zweitauto hat, das 99 Prozent der Zeit rumsteht, wäre es sinnvoller, den Parkraum damit nicht in Anspruch zu nehmen und Carsharing zu nutzen. Aber wir machen nur ein Angebot. Jeder muss seine Mobilität für sich entscheiden.
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