Herr Gupta, wie geht es nach der Übernahme der Mehrheitsbeteiligung an Akka Technologies weiter?
Formal hat die Adecco-Group damit eine Mehrheitsbeteiligung an Akka Technologies abgeschlossen. Praktisch gehen beide Unternehmen eine Partnerschaft auf Augenhöhe ein. Wir halten jetzt 65 Prozent der Akka-Anteile und wollen noch die restlichen 35 Prozent übernehmen. Dieser Prozess wird sich mehrere Monate hinziehen. Und so lange gibt es mit Akka und Modis zwei rechtlich getrennte Einheiten und natürlich auch die beiden Marken. Im Markt treten wir nach und nach gemeinsam unter dem neuen Namen Akkodis auf.
In den vergangenen Monaten gab es vermehrt Zusammenschlüsse von IT- und Engineering- Unternehmen wie bei Capgemini und Altran. Erwarten Sie eine weitere Konzentration im Engineering-Geschäft und eine fortschreitende Verschmelzung von Engineering und IT?
Ja, ich sehe hier klare Tendenzen. Wir nennen diesen zusammenwachsenden Markt "Smart Industry". Es ist ja nicht nur die Verschmelzung von IT und Engineering, sondern auch Hightech-Themen wie Konnektivität und Big Data spielen eine große Rolle sowie die damit verbundenen Fähigkeiten wie Datenanalyse und Software-Entwicklung. Sie können heute ein Produkt nicht mehr nur rein mechanisch entwickeln, sondern Sie müssen auch digitale Fähigkeiten mitberücksichtigen. Es gibt nicht viele Unternehmen wie uns, die dazu in der Lage sind.
Können Sie das näher erläutern?
Zum einen verkürzt sich der Lebenszyklus der Produkte, gleichzeitig werden die Entwicklungsaufwände immer komplexer. Viele unserer Kunden können das nicht mehr aus eigener Kraft stemmen. Dieser Wandel hin zu nachhaltigen und smarten Lösungen erfordert effizientere Prozesse in der Fahrzeugentwicklung, neue Kompetenzen in einem sich verändernden Umfeld, eine Verschiebung in Hardwareanforderungen sowie neue Modelle für die Interaktion mit Kunden. Und genau hier setzen wir an: Durch die Kombination unserer Kompetenzen verbindet Akkodis erstklassige Engineering- und F&E-Dienstleistungen entlang des gesamten Produktlebenszyklus mit umfassender, branchenübergreifender Expertise und Spitzentechnologien. Zu bedenken ist aktuell auch, dass es immer weniger Ingenieure und Entwickler am Markt mit diesen Fähigkeiten gibt und wir es mit einer neuen Generation von Fachkräften zu tun haben.
Wodurch ist diese gekennzeichnet?
Diese neue Generation von Ingenieuren will meist nicht mehr ihr ganzes Leben für ein einziges Unternehmen tätig sein. Sie wollen lieber drei Jahre an einem Projekt mit einem bestimmten Unternehmen arbeiten und sich dann anderen Herausforderungen, beispielsweise in neuen Industrien, zuwenden. Das verändert die ganze Situation in der Entwicklungsbranche. Ganz wichtig wird es sein, dass es Entwicklungsdienstleister gibt, die diese neuen Ingenieure, IT-Spezialisten sowie auch bestehende Mannschaften umschulen. Konkret heißt das: Wenn die Entwickler eines Fahrzeugherstellers oder Zulieferers bislang konventionelle Verbrenner entwickelt haben, dann können sie diese Mannschaft nicht plötzlich einen E-Powertrain entwickeln lassen. Das funktioniert nicht – hier brauchen wir maßgeschneiderte Weiterbildungsprogramme. Das ist ein Thema, dessen sich Akkodis annimmt. Wir arbeiten schon jetzt mit der deutschen Automobilindustrie zusammen, um zahlreiche Ingenieure auf diese neue Welt mit den Themen Digitalisierung und Elektrifizierung umzuschulen. Zudem bieten wir Akademieprogramme, um unsere eigenen Talente und damit auch die Leistung von Unternehmen zukunftssicher zu machen und immer die neuesten Technologien unseren Kunden anbieten zu können.
Akkodis erwartet einen wachsenden Markt für digitales Engineering. Was verstehen Sie darunter?
In der Automobilindustrie vollzieht sich ein dramatischer Wandel. Angetrieben von globalen Trends überdenken Hersteller weltweit ihre Strategien und richten ihre Geschäftsmodelle auf eine digitale, datengestützte Zukunft aus, in der Nachhaltigkeit großgeschrieben wird. Bei der Entwicklung eines konventionellen Produkts wurden zunächst ein Lastenheft und die Mechanik definiert, dann wurde konstruiert, anschließend ein Prototyp erstellt, bevor dann Klein- oder Großserien produziert wurden. Wenn wir heute ein Produkt entwickeln, muss dieses Produkt Informationen bereitstellen, das heißt, es muss Daten liefern. Der Entwickler muss sich Gedanken darüber machen, an welcher Stelle im Produkt welche Daten eine Rolle spielen. Neben der mechanischen Entwicklung müssen sich die Ingenieure damit auseinandersetzen, wie die IT- und Daten-Struktur des Produktes aussieht. Dieses Ineinandergreifen von Mechanik, IT und Daten-Analytik begreifen unsere heutigen Entwickler. Manche nennen diese Kompetenz Digital Engineering, wir nennen es Smart Industry. Nicht nur im Automobilbau geht es in diese Richtung, sondern in der gesamten Industrie. Smart Industry ist im Endeffekt die Verschmelzung von Kompetenzen im klassischen Engineering, IT, Data Management und im Fall von Akkodis auch noch künstlicher Intelligenz.
Die Gruppe verfügt insgesamt über 50.000 Ingenieure. Wie viele davon arbeiten für den Bereich Automotive?
Wir haben sieben weltweite Schlüsselindustrien (Automobil- & Transportsektor, Luftfahrt & Verteidigung, Informations- & Kommunikationstechnologien, Manufacturing & Logistik, Bank- & Finanzdienstleistungen, Life Science & Gesundheitssektor, Energie & Clean Technology) definiert, in denen Akkodis mit Smart Industry Services führend sein wird. Automotive ist davon heute einer der stärkste Bereich. Alleine in Deutschland beschäftigen wir rund 7600 Mitarbeiter Ingenieure und IT-Spezialisten, die meisten davon im Bereich Automotive. Aber auch in Frankreich, USA and Japan, wo beispielsweise viele tausend Experten arbeiten, ist dies eine Schlüsselbranche von Akkodis.
Welche Rolle spielt Akka im Automobilgeschäft von Akkodis?
In Europa spielt Akka weiterhin eine wesentliche Rolle. Modis hat vor allem auf dem japanischen, dem australischen sowie dem US-Markt eine starke Präsenz. Deshalb ist die Verschmelzung von Akka und Modis auch so komplementär. Akka & Modis werden so zu einem verlässlichen strategischen Partner für die weltweite Automobilindustrie.
Wo wollen Sie regional Ihre Schwerpunkte setzen?
Das hängt von der jeweiligen Industrie ab. In Deutschland, Frankreich und Japan ist es unter anderem sicherlich die "neue" smarte Automobilindustrie. In Life Science gibt es andere regionale Schwerpunkte. Wir wollen das Geschäft weiter ausbauen und in den nächsten Jahren massiv wachsen.
Wie teilen Sie sich bei Akkodis die Aufgaben auf?
Als führendes Unternehmen im Bereich Smart Industry vereint Akka & Modis weltweit erstklassige Expertise in Sachen IT, Ingenieurleistungen, Daten Management und Künstlicher Intelligenz. Unser umfangreiches Serviceangebot ist ein echtes Alleinstellungsmerkmal, mit dem wir Kunden auf der ganzen Welt überzeugen. Während Akka sich sehr stark auf das Produkt und die Produktoptimierung fokussiert und Modis seinen Schwerpunkt in der Datenverarbeitung hat, arbeitet das von Akka vor rund zwei Jahren übernommene Unternehmen Data Response im Bereich Internet der Dinge und künstliche Intelligenz. Ein hervorragendes Beispiel ist hier die Entwicklung einer App für ein Car-Sharing. Alle sind Teil der neuen Akkodis Familie.
Und was ist mit dem konventionellen Fahrzeug?
Wir können natürlich auch weiterhin einen Antriebsstrang entwickeln und werden auch in Zukunft Prototypen und Konzeptfahrzeuge für die Kunden entwickeln. Der Fokus der Automobilindustrie verschiebt sich aber zunehmend von einem produkt- hin zu einem kundenorientierten Ansatz. Damit rücken Services in den Vordergrund, die Kunden einen messbaren Mehrwert bieten wie zum Beispiel die Themen der User Experience in Autos der Zukunft. Wenn sie als zukünftiger Partner der Automobilindustrie wahrgenommen werden wollen, dann müssen sie beides können. Sie müssen die Zukunftsthemen besetzen, sie dürfen aber nicht ein reiner IT-Spezialist werden. Im Herzen müssen Sie ein Ingenieur bleiben und das Auto als Ganzes verstehen. Sie brauchen ein Fahrzeugverständnis, damit sie von der Automobilindustrie als Entwickler ernst genommen werden. Das beides bietet Akkodis. Wir freuen uns als neue Tech-Familie auf eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit unseren Kunden.
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