750 Aussteller aus 38 Ländern und über 300 Weltpremieren. Die IAA in München ist unverändert die große Leistungsschau der Automobilindustrie. Das Reporter-Team der Automobilwoche war seit Montagmorgen auf dem IAA Summit in München-Riem und auf den Open Spaces in der Innenstadt unterwegs, hat dutzende Gespräche geführt, Eindrücke gesammelt und die Messe bis in den letzten Winkel erkundet. Hier lesen Sie jetzt die ganz persönlichen Highlights der Automobilwoche-Reporter.
Die IAA-Highlights der Automobilwoche-Reporter
Unzählige Kilometer haben die Reporter der Automobilwoche in den letzten Tagen auf dem Messegelände in München und an den Open Spaces zurückgelegt. Hier verraten sie jetzt ihre ganz persönlichen IAA-Highlights.
Das kannte ich noch nicht bei einer Messe. Vor dem – inkludierten, barrierefreien – Stand auf dem Open Space von Volkswagen befindet sich eine Tafel mit Blindenschrift. Mit dem Finger kann der Weg nachgezeichnet werden (taktile Führungsstreifen), jedes Modell hat am Stand eine Tafel mit einer Schraffierung, so weiß man, was man gerade ertastet. Es gibt Hörhilfen und leichte Sprache. Automobil ist Emotion. Auch hier.
Henning Kruse, leitender Redakteur: Industrie zum Anfassen
Die Kritiker sprechen von Auto-Kirmes, mich hat das Konzept der Open Spaces auch dieses Jahr überzeugt. Selten sind die Menschen so nah dran an der Industrie und ihren Produkten. Natürlich begünstigt vom Traumwetter, kommt in der Münchener Innenstadt Volksfest-Stimmung auf – und das im positiven Sinne. Für die Aussteller ist der Imagegewinn unbezahlbar. Deswegen sind ihre Auftritte auch aufwändig geplant und choreographiert. Gerade die Pavillons der deutschen Hersteller, deren Niedergang oftmals beschworen wird, werden quasi überrannt. Ganze Familie stehen staunend um einen geöffneten Kofferraum herum. Wo gibt es das sonst?
Stefan Wimmelbücker, Online-Redakteur: Der BMW-Blick in die Zukunft
Beim Thema E-Mobilität ist BMW ein gebranntes Kind: Der i3 war seiner Zeit zu weit voraus. Doch die jetzt auf der IAA als seriennahe Studie gezeigte Neue Klasse dürfte genau zur richtigen Zeit kommen. Egal ob Design, Innenraum oder Antrieb – sie hat nur noch wenig mit aktuellen BMW-Modellen zu tun. Wenn sie 2025 auf den Markt kommt, bedeutet sie einen großen Sprung für die Marke. Den braucht BMW auch, um mit der stärker werdenden Konkurrenz mithalten zu können. Sechs Modelle sollen auf der Basis der Neuen Klasse entstehen, auch einen Brennstoffzellen-Antrieb hält BMW für möglich. Es wird spannend, zu sehen, wie sich die Autos auf der Straße behaupten. Aktuelle BMWs werden im Vergleich damit jedenfalls ziemlich alt aussehen. Mehr zur Neuen Klasse
Michael Gerster, Reporter Stuttgart: Eine Ansage von Mercedes
Natürlich kommt es bei einem Elektroauto nicht nur auf die Reichweite an. Aber sie hat sich als eine Art Gütesiegel durchgesetzt. Mercedes hat mit dem Concept CLA Class ein seriennahes Modell präsentiert, das mit einer Ladung stolze 750 Kilometer weit kommt. Nicht wegen der Batteriegröße, sondern der Effizienz. Bessere Aerodynamik, höherer Wirkungsgrad des E-Motors, bessere Zellchemie. Am Ende steht ein Verbrauch von 12 Kilowattstunden auf 100 Kilometer. Das kommt dem Geldbeutel, aber auch der Nachhaltigkeit zugute. Zusammen mit dem progressiven Design und dem neuen Betriebssystem ist der CLA eine Ansage an die Konkurrenz, die man von deutschen Herstellern längere Zeit vermisst hat. Mehr zum Concept CLA Class von Mercedes
Michael Knauer, Reporter Bonn: BYD planscht mit Delphinen
Auf den Open Spaces haben die Autobauer gezeigt, dass sie durchaus noch wissen, wie die Faszination Automobil gespielt werden kann. Der öffentliche Raum wurde zum Volksfest des Automobils. In den Messehallen dagegen haben die westlichen OEMs nur mit größtem Unwillen Flagge gezeigt – und mit viel zu kleinen Messeständen den chinesischen Rivalen das Feld überlassen. BYD, Leapmotor, MG und Co. haben dieses Einknicken natürlich ausgenutzt und sich selbst um so beeindruckender in Szene gesetzt. Mein persönlicher Wow-Effekt war die Präsentation des BYD Seal vor einer gigantischen Video-Wand mit Delphinen und Walhaien. So geht Autoshow. Auch die großen und mittelgroßen Zulieferer haben keine Kosten und Mühen gescheut und hochprofessionelle Stände mit beeindruckenden Präsentationen aufgebaut. Zu nennen wären etwa Valeo, Continental und Kirchhoff Automotive, aber auch der chinesische Batteriehersteller CATL hat selbstbewusst gezeigt, was er kann. Mehr über die Stärken der Chinesen und der Zulieferer lesen Sie hier
Christoph Baeuchle, Reporter Handel: Eine neue Bank sorgt für Furore
Angekündigt ist es schon länger, jetzt geht es in Deutschland an den Start: Auf der IAA gab die CA Auto Bank Einblicke in ihr Mobilitätskonzept Drivalia. Los geht es mit Langzeitmiete. Kurzzeitmiete, Abo, Carsharing – könnten im nächsten Jahr folgen. Selbst den Einstieg in den Gebrauchtwagenhandel schließt die Bank längerfristig nicht aus. Finanziell kann die Bank das problemlos stemmen. Kontakte in die Branche hat sie genug. Für Mobilize (Renault), Free2Move (Stellantis) und Europcar (VW) kommt hier ein echter Wettbewerber.
Armin Wutzer, Reporter Handel: Leapmotor und Co. liefern ab
Dass chinesische Autohersteller auf der IAA eine große Rolle spielen, war lange vor der Messe jedem klar. Wie dominant die Chinesen auf der Messe sein würden, war aber dann doch wieder überraschend. Vor allem die Vielzahl neuer Hersteller, die selbst Branchenkennern hierzulande oft unbekannt sind, ist beeindruckend. So mancher Besucher (den Redakteur eingeschlossen) stand mitunter vor den beeindruckenden Messeständen und den nicht minder beeindruckend ausgereiften Autos der Neuankömmlinge und musste erst einmal auf Google nachschlagen, was es mit Seres, Forthing, Avatr oder Leapmotor auf sich hat und wer dahintersteckt. Alle vier wollen im kommenden Jahr groß in Europa angreifen. Dass sie es ernst meinen, daran sollte niemand zweifeln – zumal die Kassen gut gefüllt sind. Dahua etwa, die Mutterfirma von Leapmotor ist einer der weltgrößten Hersteller von Überwachungstechnik. Dass man damit in China gutes Geld verdienen kann, sollte nicht überraschen. Hinter Forthing wiederum steht mit Dongfeng ein 1969 gegründeter Auto- und Lkw-Hersteller mit mehr als 140.000 Mitarbeitern. Ein Risiko für die Neuankömmlinge könnte allerdings sein, dass sie zu spät kommen. Denn BYD, Great Wall oder MG sind längst dabei, Stück für Stück ihre Marktanteile erobern.
Sie kannten Leapmotor auch noch nicht? Hier erfahren Sie mehr über die Marke!
Klaus-Dieter Flörecke, Reporter Zulieferer/Technik: Mechatronische Hinterachslenkung von Schaeffler
Mit seiner kompakten mechatronischen Hinterachslenkung schafft Schaeffler den Sprung vom Komponentenanbieter für Fahrwerksysteme zum Lieferanten für komplette Lenksysteme. Ein erster Kunde für die Entwicklung ist gefunden. Wer das ist, will das Unternehmen aber noch nicht verraten. Eingesetzt wird die Lenkung in einem elektrischen SUV. Schaeffler verspricht sich deutliches Wachstum von diesen Systemen und verweist auf weitere Autohersteller, die Schaefflers Entwicklung in diesem und im nächsten Jahr in ihren Fahrzeugen einsetzen wollen. Am Herzstück der Hinterachslenkung, dem Planetenwälzgewindetrieb, hatte der Industriebereich des Unternehmens maßgeblich mitgewirkt. Mehr über die Hinterachslenkung von Schaeffler
Agnes Lehbrink, Reporterin Technologie/IT: Continental dreht auf
Continental präsentiert sich immer mehr als der „coole Zulieferer“, der, der es verstanden hat, was die junge, neue Generation im Auto will. Dazu passt die Kooperation mit Google: Gemeinsam wollen sie eine intelligente Sprachsteuerung basierend auf generativer künstlicher Intelligenz (KI) ins Auto bringen – also über natürliche Sprache á la ChatGPT sollen Autofahrerinnen und -fahrer künftig mit dem Auto sprechen. Conti verspricht zudem eine Serienreife in nur 18 Monaten. Bislang war dieses Thema vor allem eins der Hersteller, die generative KI und intelligente Sprachsteuerung in ihre Premiumfahrzeuge integriert haben. Aber jetzt nicht mehr, jetzt mischen Conti und Google mit. Mehr über die Kooperation von Conti und Google
Max Walbersdorf, Audience Development Editor: Kleines „g“ - nicht für die Spree
Die normale G-Klasse bekommt einen „kleinen“ Bruder – und das ist gut so. Seien wir mal ehrlich: Das aktuelle Modell ist auf europäischen Straßen schon eine Macht auf der Straße. Wer Street-Credibility als Rapper braucht, für den ist die G-Klasse sicher das richtige Auto. Wer die Eleganz der Ur-Version liebt und vielleicht mal wirklich ins verwinkelte Gelände mit dem Wagen will, für den wird es voraussichtlich 2026 die „g-Klasse“ geben, welche tatsächlich so geschrieben wird mit einem kleinen „g“. Spekuliert wird, dass es eine Elektrovariante auf Basis der MMA-Plattform (Mercedes Modular Architecture) sein wird. Allradantrieb muss meiner Meinung nach immer Pflicht sein, da darf es keine Kompromisse geben. Die Frage ist, ob sie vielleicht ja noch einen Verbrenner bekommt? Und ob sie wirklich dann so viel günstiger wird als das „Original“. Denn: Verzicht ist eigentlich der neue „leise“ E-Luxus: Der große, laute AMG-8-Zylinder-Auftritt ist in bestimmten Kreisen gar nicht mehr so en vogue – das überlässt man lieber den Berliner Rappern. Mehr über die g-Klasse von Mercedes
Lennart Wermke, Reporter Bayern: Tesla kann auch Messe
Der sonst so in sich gekehrte, wenig kommunikationsfreudige Autohersteller Tesla hat mich auf dieser IAA positiv überrascht. Der Stand in Halle A2 ist zwar winzig, verglichen mit den Palästen der deutschen OEMs, doch Teslas Designsprache und Ansatz funktioniert darin. Ein Licht-Rechteck um zwei Autos, keine Kaffeebars, Blumen-Installationen und spektakuläre Hingucker. Tesla kommt mit dem Selbstbewusstsein eines Elektro-Marktführers, bringt sein Facelift für das Model 3 mit und sagt quasi ganz cool: "Hier ist unser Auto. Nur darum geht es uns." Unterstützt wurde das reduzierte Konzept durch freundliche Mitarbeiter am Tesla-Stand, die sich von der restriktiven Kommunikationspolitik ihres Arbeitgebers angenehm emanzipiert zeigten und bereitwillig alle Details des Facelifts erklärten. Mit Tesla reden? Ja, das geht. Das Top-Management der US-Amerikaner darf sich daran zukünftig gerne ein Beispiel nehmen. Mehr zum Facelift des Tesla Model 3
Die Messe-Highlights der Automobilwoche-Reporter. Noch bis zum 8. September ist der Summit auf dem großen Gelände in Riem geöffnet. Die Open Spaces der Hersteller in der Münchener Innenstadt sind auch am Samstag und Sonntag noch erlebbar.
Alle News rund um die Messe lesen Sie wie gewohnt bei automobilwoche.de. Die wichtigsten Premieren und Innovationen haben wir hier in unserem Newsblog zusammengefasst: Zum IAA-Newsblog der Automobilwoche.
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