Herr Koch, würden Sie heute noch einen Diesel kaufen?
Selbstverständlich, weil er in der Summe aller Eigenschaften der umweltfreundlichste Antrieb ist und dies noch für lange Zeit bleiben wird. Sämtliche unerwünschte Emissionen wie Feinstaub oder Stickoxide stellen in der neuesten Motorengeneration kein Problem mehr dar. Beim CO2-Ausstoß ist er in der Bilanz von der Herstellung bis zum Betrieb auf der Straße bisher ebenfalls ungeschlagen und beim gegenwärtigen Energiemix klar besser als die reine Elektromobilität, die eine sinnvolle Ergänzung sein kann.
Wenn die Technologie gut ist, warum führen dann die Gegner das Wort?
Es gab hier eine Überlagerung von Gründen, die eine Hexenjagd in Gang gesetzt haben, die ihresgleichen sucht und nicht angemessen ist. Dazu gehört natürlich der VW-Diesel-Skandal, aber auch eine bisher unklare Gesetzgebung mit Grauzonen, die von den Herstellern nachvollziehbar ausgenutzt wurden. Doch die oft berechtigte Kritik rechtfertigt nicht die teilweise haltlosen Unterstellungen und inakzeptablen Anschuldigungen, die aus dem Umfeld der Deutschen Umwelthilfe permanent wiederholt und von Teilen der Medien auch unreflektiert wiedergegeben werden. Hier wird in populistischer Art und Weise mit Ängsten gespielt, schließlich ist Umweltschutz ja auch ein lukratives Geschäftsmodell geworden.
Lässt sich der Diesel als Technologie noch retten?
Klar, der Ruf hat gelitten. Aber das Vertrauen kommt wieder. Seit ein bis zwei Jahren ist eine neue Generation von Diesel-Motoren auf dem Markt, die bereits seit rund zehn Jahren mit Hochdruck entwickelt wurden und auch unter den neuen RDE-Testbedingungen der EU die Grenzwerte für Stickoxide einhalten kann oder diese sogar um bis zu 70 Prozent unterschreiten. Dass auch die neuen Tests eine Abweichung nach oben zulassen, ist kein Kniefall vor der Industrie. Es geht darum, Kombinationen von ungünstigen Bedingungen wie kalten Temperaturen, Bergfahrten mit voller Ladung und sportliches Fahren bei der mobilen Messung zu berücksichtigen.
Müsste die Autoindustrie beim Thema Diesel mehr in die Offensive gehen?
Durch die defensive Position und teilweise laufende Ermittlungen ist die ruhige abwartende Haltung der Hersteller nachvollziehbar. Eine positive, weil aufklärende Image-Kampagne sollte sicherlich irgendwann folgen. Aber dafür muss wohl noch etwas Zeit vergehen. Allerdings habe ich die Sorge, dass mit den angekündigten Fahrverboten wie in Stuttgart irreversible Schäden angerichtet werden, was die Diesel-Technologie angeht.
Sie halten Fahrverbote also nicht für gerechtfertigt?
Bei allem Verständnis für die verwaltungstechnische Situation macht die baden-württembergische Landesregierung hier einen Fehler. Es geht nicht um Feinstaub, also Rußemissionen, sondern letztlich nur noch um die NO2-Problematik der älteren Fahrzeuge. Das Feinstaub-Thema ist durch den Partikelfilter längst gelöst, da hat der Diesel keinen Einfluss. Aber man muss auch mal den NO2-Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter an der Straße hinterfragen.
Warum?
Weil auch für Straßenanwohner in der Großstadt bereits eine mittlere NO2-Exposition von 30 Mikrogramm/Kubikmeter statistisch fast unmöglich ist, da wir uns zu 80-90% in Räumen aufhalten und der Blick fürs Ganze verloren gegangen ist. Der Mensch setzt sich beim Braten eines Steaks am Gasherd der 30-100-fachen Menge an Partikeln und NO2 aus wie bei einem Aufenthalt an der Straße am Stuttgarter Neckartor! Den Diesel wegen der Stickoxide in Verbindung mit Tausenden Toten zu bringen, halte ich für eine Manipulation der Statistik. Es lässt sich ja auch nachweisen, dass die Leukämierate in der Nähe von katholischen Kirchen höher ist.
Wird die Elektromobilität den Diesel nicht ohnehin überflüssig machen?
Der Diesel wird noch bis weit über 2030 hinaus eine entscheidende Antriebs-Technologie bleiben. Weil die Abgasreinigung teuer ist, wird er im Segment von VW Polo oder Renault Twingo geringere Chancen haben, aber bereits in der Golf-Klasse absolut konkurrenzfähig bleiben. Neueste Dieselmotoren aller deutschen Hersteller von Audi über BMW bis Mercedes zeigen, dass auch die NOx-Emissionen bei geringem Verbrauch in den Griff zu bekommen sind. Elektromobilität aus Batterie oder Brennstoffzelle hat ihren Charme, doch als alleinige Lösung taugt sie lange nicht.