Herbert Diess will VW "weniger hierarchiegläubig" machen

In der Wolfsburger Autostadt haben sich gestern rund 400 Manager des Volkswagen-Konzerns versammelt. Anlass des Top-Level-Meetings: VW-Konzernchef Herbert Diess wollte über die neuen Leitsätze im VW-Konzern sprechen und die Mannschaft auf den neuen Geist einschwören, der fortan bei VW wehen soll.

Diess will die Veränderung der Unternehmenskultur vehement vorantreiben. Nach Angaben von Teilnehmern sagte Diess: "Dieses Volkswagen NEU - diese neue Unternehmenskultur – definiert sich anhand von zehn Leitsätzen":

1. Wir bei Volkswagen stehen für fairen Wettbewerb statt Krieg.
2. Wir pflegen eine offene Zusammenarbeit der Marken, statt interner Gefechte.
3. Volkswagen ist "TOGETHER", statt "jeder gegen jeden".
4. Wir agieren ehrlich, offen und aufrichtig, statt hinten herum.
5. Wir kommunizieren transparent im Unternehmen und nach draußen, statt eine Wagenburg-Mentalität einzunehmen.
6. Volkswagen ist multikulturell statt Mittellandkanal – auch im Management.
7. Wir führen unser Unternehmen dezentral statt zentralistisch.
8. Technologisch stehen wir eher für 3- statt für 12-Zylinder.
9. Wir stehen für Elektro statt 8-Zylinder-Diesel.
10. Wir stehen für "Pikes Peak" und "Formel E" statt LeMans.

Diess betonte gegenüber den 400 Führungskräften, die Richtung stimme, jetzt gehe es darum, das Tempo zu erhöhen, die Zusammenarbeit der Marken zu intensivieren, deutlich schneller zu den richtigen Entscheidungen zu kommen und diese dann auch konsequenter umzusetzen.

Dabei übte er recht deutlich Kritik an den Zuständen vor seiner Zeit, ohne jedoch konkret auf einzelne Vorgänger Bezug zu nehmen: "Mit zunehmendem Erfolg wurden ethische Maßstäbe verrückt oder gerieten in einigen Bereichen aus dem Blick. Manche hielten sich offenbar für unangreifbar, verloren die Bodenhaftung", sagte Diess etwa und könnte damit Ex-Chef Martin Winterkorn im Visier gehabt haben.

Diess Ansprache trifft den Nerv der Öffentlichkeit. Branchen-Beobachter hatten seit dem Start von Vorgänger Matthias Müller stets bemängelt, dass der Kulturwandel mit einem Manager, der im "System VW" sozialisiert gewesen sei, nur schwer gelingen könne. Diess positioniert sich offen als "Veränderer".

Allerdings galt Müller als - zwar kantiger - aber nahbarer Vorgesetzter. Mit Gepflogenheiten wie dem "Vorstands-Fahrstuhl" machte er umgehend nach Amtsantritt Schluss. Auch stand er Mitarbeitern aller Abteilungen regelmäßig in Gesprächsformaten Rede und Antwort und soll dabei authentisch und positiv angekommen sein.

Diess, der nach außen deutlich gefälliger auftritt, Auftritte in Talkshows nicht scheut und sich von unangenehmen Fragen von Journalisten kaum provozierten lässt, muss allerdings erst noch beweisen, dass er auch menschlich im Umgang mit seinen "Untergebenen" überzeugt.

Bei seinem ehemaligen Arbeitgeber BMW sollen nach seinem Abtritt in einigen Abteilungen die Sektkorken geknallt haben. Diess gilt als hart und unnachgiebig im Umgang und als Machtmensch vom alten Schlag. Dass er nach seinem Amtsantritt einige zuvor bewusst unter Müller getrennte Aufgaben wie etwa die Leitung von VW-Konzern und Marke VW rückgängig machte und wieder auf sich vereinte, passt da ins Bild.

In der Branche heißt es zudem, dass es Diess bei BMW nicht an die Spitze geschafft habe und man Harald Krüger als Vorstandsvorsitzenden dem ehemaligen BMW-Entwicklungsvorstand vorgezogen habe, soll unmittelbar damit zu tun gehabt haben, dass die Quandt-Familie sich Diess "menschlich" nicht an der Position habe vorstellen können.

Diess hatte seinerzeit zu immensen Kosteneinsparungen bei BMW beitragen - damit aber auch schwere Auseinandersetzungen mit wichtigen Zulieferern provoziert. Diess Wechsel vom Einkaufs- ins Entwicklungsressort sollen Drohungen namhafter Lieferanten vorangegangen sein, künftig nicht mehr mit BMW zusammenzuarbeiten, sollte sich die Personalie nicht ändern.

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