Wir kommen zur richtigen Zeit. Ein Start in 2022 wäre bei der schwierigen Versorgungslage im vergangenen Jahr sicher nicht einfacher gewesen. Und auch bezüglich des Markts liegen wir zeitlich richtig aufgrund des Hochlaufs der Elektromobilität und der steigenden Kundennachfrage. Während vorher viel darüber geredet wurde, findet es nun wirklich statt.
Henrik Fisker: "Alles ist möglich"
Henrik Fisker will es noch einmal wissen. Die ersten Exemplare seines ersten Modells werden gerade ausgeliefert. Im Automobilwoche-Interview erklärt der BMW- und Aston-Martin-Veteran, welche Chancen und Marktlücken er für sich sieht – und was den Chinesen fehlt.
Unser Vorteil ist, dass wir zwar Premium sind, aber nicht im Luxussegment starten. Viele Start-ups machen als erstes ein teures Luxusmodell. Mit unserem bezahlbaren Premium-E-SUV haben wir nicht viele direkte Wettbewerber in dem Segment. Da ist natürlich das Model Y von Tesla, klar. Doch sonst haben wir viele Premiumautos ab 80.000 Euro. Das gibt uns Chancen. Jetzt wird es spannend zu sehen sein, wie sich der Markt entwickelt. Viele Menschen fragen sich: Was ist meine Elektromarke? Was ist das richtige für mich? Die Karten werden neu gemischt, der Markt wird neu verteilt.
Was gerade passiert im Automarkt ist, dass die Extreme weniger werden. Die Kunden wollen einen Wagen, der gut aussieht, sportiv und alltagstauglich ist, und ein SUV soll es aber auch noch sein. Deshalb gibt es einen Lamborghini Urus. So kann der Kunde seinen Lambo nicht nur am Wochenende fahren. Sie wollen jeden Tag einen spannenden Wagen fahren. Die Kunst ist, die richtige Balance aus diesen Ansprüchen zu finden. Daher gibt es den Ocean.
Die Limited Edition mit 5000 Einheiten ist ausverkauft. In Deutschland sind mehr als 2000 schon reserviert. Insgesamt haben wir 65.000 Reservierungen weltweit. Wir hoffen, dieses Jahr 32.000 bis 36.000 Einheiten auszuliefern. Wir waren von einer Produktion von 40.000 ausgegangen. Die Anpassung liegt unter anderem am Zeitplan für die Homologation und für die Lieferkette. Im Jahr 2024 können wir dann bis zu 70.000 Wagen produzieren. Mindestens 15.000 davon kommen planmäßig nach Europa.
Du denkst, du hast an alles gedacht, aber am Tag wenn es los geht, siehst du alle die Herausforderungen, die da sonst noch verborgen waren. Vor allem war die Homologation sportlich, denn wir haben das gleichzeitig in den USA und für Europa gemacht. Das trennen Hersteller für gewöhnlich zeitlich.
China kommt 2024. Als Start-up sind wir bereits schnell unterwegs mit allen drei großen Weltmärkten innerhalb von einem Jahr.
Wir können es beweisen. Können Sie alles auf der Website im ESG Report nachlesen – und bald auch in unserem detaillierten LCA Report. Zum Beispiel haben wir 50 Kilogramm an recyceltem Material in dem Fahrzeug, das ist mehr als wir in anderen Fahrzeugen finden konnten. Zudem produzieren wir in der klimaneutralen Fabrik von Magna Steyr in Graz. Das sind nur zwei Beispiele für Nachhaltigkeit.
So wenige wie möglich. Wir wollen unseren Kunden nicht die Kosten für schöne Showrooms aufbürden. Denn die zahlen das ja letztlich. Weil wir schlank sind, sind wir auch bezahlbar. Es werden in Deutschland zunächst fünf Showrooms eröffnet. München ist bereits offen, Düsseldorf und Frankfurt sind gesetzt, bald kommen noch Hamburg und Stuttgart dazu. Zudem haben wir Service und Auslieferungszentren, aber keine Handelspartner. Unsere Fisker Center+ bieten neben Showrooms auch Service an, wir haben mobile Techniker und OTA-Support. Und um vom ersten Kunden an flächendeckend in Deutschland arbeiten zu können, werden wir von Partnerwerkstätten seitens Bridgestone Deutschland unterstützt.
Es ist eher interessant, dem Kunden noch einmal etwas Neues zu zeigen als der Branche. Als wir gestartet sind, hieß es, ich müsse doch einen Sportwagen machen, so wie früher, aber ich wollte eine neue Herausforderung: Ein SUV, sportlich aber nützlich, bezahlbar und schön. Ich habe mein Bestes gegeben – und weitere Modelle folgen. (lacht)
Ja, warum nicht? Hätten Sie vor zehn Jahren gedacht, dass Anfang 2023 das meistverkaufte Fahrzeug in Europa ein Elektroauto aus den USA ist? Alle hätten Sie ausgelacht. Aber das sagt nur: Alles ist möglich, der Markt ist in Bewegung. Das macht es so spannend. Die alten Regeln gelten nicht mehr. Der Kunde hat Lust auf Neues.
Hier gibt es meiner Meinung nach zwei Entwicklungen. Einerseits müssen wir zugeben, dass sie schneller kommen als gedacht und mit guten Fahrzeugen und guter Technologie. In China dominieren sie schon. Andererseits werden sie es schwerer haben in den USA und in Europa als auf dem Heimatmarkt. Der große Unterschied ist, dass sie nicht wirklich preiswert sind. Und meine persönliche Meinung ist, dass Europäer eine Marke verstehen wollen: Wo kommen sie her, wofür steht die Marke, was ist die Story? Das ist nicht klar. Die Marken sind abstrakt. Die Story fehlt. Die Japaner und Koreaner kommen dagegen mit kleineren Preisen, das ist dann etwas anderes.
Wir sind Südkalifornier, arbeiten global und produzieren aktuell in Europa. Wir sind relaxt, wir sind nachhaltig, wir sind Surfer!
Fisker startet Produktion in Deutschland
Der zweite Versuch des Autodesigners Henrik Fisker
Henrik Fisker wird am 8./9. November zum Automobilwoche Kongress nach Berlin kommen: www.automobilwoche-kongress.de