"Gute Chancen als Last Man Standing"

Herr Wolf, Sie haben im Mai für Ekpo Fuel Cell Technologies einen millionenschweren Auftrag im Bereich Brennstoffzelle erhalten. Stehen die nächsten Aufträge schon vor der Tür?

Ja, wir haben relativ viele Entwicklungsprojekte bei unserem Joint Venture und akquirieren kräftig. Ich erwarte, dass zunächst schwere Lkw mit Brennstoffzellenantrieben ausgerüstet werden. Diese Entwicklung wird auch dadurch getrieben, dass in Europa ab dem Jahr 2025 verschärfte Grenzwerte auf uns zukommen. In China haben wir wiederum auch relativ viele Entwicklungsaufträge für Pkw-Anwendungen. Das heißt, es gibt in China neue innovative Pkw-Hersteller, die ausschließlich auf die Brennstoffzelle setzen. Ich rechne damit, dass wir die Brennstoffzelle mittelfristig auch in großen SUVs und Luxusfahrzeugen sehen und sie sich auf der Langstrecke durchsetzt. Die deutlich größere Reichweite gegenüber dem batterieelektrischen Fahrzeug und der schnellere und einfachere Betankungsvorgang sprechen für sich.

Die Bundesregierung unterstützt ausgewählte Wasserstoffprojekte. ElringKlinger ist einer der Anwärter für die Förderung. Wie wichtig ist die staatliche Unterstützung solcher Projekte?

Extrem wichtig. Wir haben bereits eine Zusage im Bereich der Batterietechnologie erhalten. Jetzt sind wir eines von nur zwölf Unternehmen aus dem Mobilitätsbereich, die für das Wasserstoffthema bei der Europäischen Union vorgeschlagen wurden. Ich bin zuversichtlich, dass wir den Zuschlag erhalten. Wenn ein Unternehmen wie wir diese Förderung für die Forschung und Entwicklung der Technologie erhält, ist das natürlich bedeutend. Das bringt uns viel schneller voran.

Wann rechnen Sie mit einer Entscheidung?

Innerhalb der nächsten zwölf Monate. Ich bin überzeugt davon, dass die Brennstoffzelle in Summe einen Siegeszug antreten wird. In den nächsten 20 oder 30 Jahren werden wir drei Technologien haben. Verbrennungsmotoren, batterieelektrische und brennstoffzellenelektrische Fahrzeuge. Im asiatischen Raum findet die Brennstoffzelle bereits eine breitere Unterstützung. Japan setzt nur noch auf die Brennstoffzelle und auch Südkorea ist stark in Richtung dieser Technologie geschwenkt.

Werden die Europäer den Abstand zu den asiatischen Ländern verringern?

Absolut.

Wollen Sie sich in Asien stärker engagieren?

Ja. Wir gehen mit unserem Brennstoffzellen-Joint-Venture Ekpo jetzt auch an unseren chinesischen Standort in Suzhou. Wir werden dort Prüfstände aufbauen und unsere Entwicklungskapazitäten ausbauen, damit wir die Brennstoffzellenthemen in Asien weiterentwickeln können. Bei entsprechender Nachfrage würden wir in Suzhou auch Produktionskapazitäten installieren, damit wir dort Stacks herstellen können. Optimistisch stimmt mich auch unsere im Oktober vergangenen Jahres verkündete strategische Partnerschaft mit Airbus. Der Flugzeugbauer hat sich lange Gedanken gemacht und viele potenzielle Partner angeschaut, um sich letztlich für uns zu entscheiden, weil wir im Augenblick den leistungsstärksten Brennstoffzellenstack weltweit anbieten.

Wie abhängig ist ElringKlinger noch vom Verbrennungsmotor?

Der liegt sicherlich noch bei 80 Prozent vom Umsatz. Doch herausrechnen muss man eigentlich unser Ersatzteilgeschäft, die Kunststofftechnik, den Bereich Leichtbau mit den Cockpitquer- und Frontendträgern. Viele unserer Produkte sind unabhängig vom Verbrennungsmotor. Das einzige Produkt aus unserem Portfolio, das aussterben wird, wenn es keinen Verbrennungsmotor mehr gibt, ist die Zylinderkopfdichtung. Selbst in unserem Bereich Spezialdichtungen gibt es viele Produkte, die in E-Fahrzeugen eingesetzt werden.

Können Sie uns dafür ein Beispiel nennen?

Unser großes Produktportfolio an Spezialdichtungen kommt beispielsweise bei einem vollelektrischen Fahrzeug eines deutschen Sportwagenherstellers zum Einsatz. Auch unsere Kunststoffgehäuseteile sind in E-Fahrzeugen zu finden. Die Zylinderkopfdichtung macht bei ElringKlinger heute noch rund zehn Prozent vom Umsatz aus. Als ich vor 25 Jahren beim Unternehmen begonnen habe, lag der Wert bei rund 80 Prozent. In den nächsten drei bis fünf Jahren wird der Anteil der Zylinderkopfdichtungen auf etwa fünf Prozent vom Umsatz sinken, weil die anderen Bereiche überproportional wachsen.

Auch weil Sie an den neuen Produkten mehr verdienen?

Ja. Die Preise für Cockpitquerträger liegen beispielsweise im mittleren zweistelligen bis niedrigen dreistelligen Euro-Bereich, bei einer Zylinderkopfdichtung liegen diese bei rund fünf Euro. Das heißt, unser Anteil pro Fahrzeug mit den neuen Produkten im Bereich Batterien und Brennstoffzellen liegt deutlich höher als bei der klassischen Zylinderkopfdichtung. Insofern wird unser Umsatz über die neuen und hochwertigeren Produkte in den nächsten Jahren sehr stark wachsen.

Was bedeutet das für Ihre Standorte?

Wir werden die Produktion aus den klassischen Geschäftsfeldern nach und nach zusammenfassen und uns auch innerhalb der Gruppe konsolidieren, weil wir in einigen Märkten Freiflächen für die Bereiche Brennstoffzelle und Batterietechnologie benötigen. Wenn man das geschickt anstellt, schaffen wir auch die Fläche für die neuen Produkte in der bestehenden Struktur.

Wollen Sie sich von Unternehmensbereichen trennen?

Derzeit nicht. Ich glaube, dass auch unser klassisches Geschäft, also unsere Produkte für Verbrennungsmotoren, eine gute Zukunft haben. Wir sehen hier eine Konsolidierung. Es wird Marktteilnehmer geben, die aus dem Geschäft aussteigen. Viele Wettbewerber investieren nicht mehr in diesen Bereich. Wir werden auch bei den Fahrzeugherstellern kein Entwicklungsprojekt mehr erleben für einen komplett neuen Verbrennungsmotor. Die Hersteller werden ihre bestehenden Aggregate optimieren. Wir wollen sinnvoll in unsere klassischen Geschäftsbereiche investieren, um uns technisch auf einem hohen Niveau zu halten. Im Falle einer Konsolidierung wird der Markt enger. Das bedeutet, wir sehen gute Chancen, als Last Man Standing im klassischen Bereich noch gute Geschäfte zu machen. Auch in den nächsten 40 Jahren wird es auf dieser Welt noch Verbrennungsmotoren geben. Unsere Kunden brauchen verlässliche und technisch gut aufgestellte Zulieferer, die noch diese Produkte für den Verbrennungsmotor liefern.

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