Bei den Patentstreitigkeiten mit Netzwerkausrüstern haben deutsche Autohersteller nun Rückendeckung durch ein Gutachten des Automobilexperten Stefan Bratzel, Leiter des Center of Automotive Management, erhalten. Dieser plädiert für eine Reform des Patentrechts, da dieses zu Wettbewerbsnachteilen im internationalen Vergleich führe. "In Deutschland ergeben sich in Streitfällen besondere Herausforderungen durch den automatischen Unterlassungsanspruch im Patentgesetz. Ein Vergleich ist die einzig praktische Option für Automobilhersteller, um schwere Störungen der komplexen Lieferkette und der Geschäftsprozesse zu vermeiden", heißt es in dem Gutachten. Es wurde von Daimler, BMW, Audi und Volkswagen in Auftrag gegeben.
So ließen sich viele Hersteller auf unverhältnismäßige Entschädigungssummen ein, losgelöst vom eigentlichen ökonomischen Wert der Erfindung. "Dies erscheint im Falle der Bauteile, die auf Patenten der Telekommunikation beruhen, als ein schwer zu rechtfertigender, unverhältnismäßiger Nachteil – insbesondere vor dem Hintergrund, dass viele Patente später für nichtig erklärt oder nur mit Einschränkungen aufrechterhalten werden". In vernetzten Fahrzeugen seien insbesondere bei Informations- und Kommunikationstechnologien die zugelieferten Komponenten durch eine hohe Anzahl von Patenten geschützt.
In den vergangenen Jahren waren Hersteller wie Daimler oder der Volkswagen-Konzern immer wieder Ziel von Klagen diverser Netzwerkausrüster wie beispielsweise Nokia. Im Kern geht es um die Frage, wie sogenannte standardessentielle Patente (SEP) auf Funktechnik wie 4G oder 5G zur Verfügung gestellt und vergütet werden sollen. Diese werden für Telematikmodule benötigt, die heute oft Standard sind. Nokia vertritt dabei die Ansicht, frei entscheiden zu können, ob die Lizenzen an Daimler als Hersteller des Endprodukts oder aber an die Zulieferer vergeben werden, die beispielsweise das verwendete Telematikmodul herstellen. Bisher sind die von Nokia eingeklagten Unterlassungen nur deshalb nicht vollstreckt worden, weil die Richter milliardenschwere Sicherheitsleistungen forderten. Im schlimmsten Fall aber könnte auf diese Weise die Produktion eines Herstellers lahmgelegt werden.