Große Klappe – kleine Muckis

So richtig viel zu melden haben sie zwar in Rüsselsheim nicht mehr in der Kompaktklasse. Denn mittlerweile liegen zwischen Astra und Golf so weite Welten, dass auch der bevorstehende Generationswechsel die beiden Erzrivalen nicht mehr auf Augenhöhe bringen wird. Doch lassen sich die Hessen davon weder den Schneid abkaufen noch die Stimme verbieten. Im Gegenteil: Noch bevor der neue Astra endlich auf den Markt kommt, riskieren sie jetzt sogar eine ganz besonders große Klappe, und das kann man durchaus wörtlich nehmen. Schließlich trommeln sie nun auch für den Sports Tourer, der als Kombi die Konkurrenz buchstäblich verladen soll. In den Handel kommen dürfte der pünktlich zur Reisezeit im Sommer nächsten Jahres und die Preise werden wohl in der Mitte der 20.000er starten.

Auch der Enkel des Kadett Caravan, mit dem vor 60 Jahren die Geschichte des kompakten Kombis in Deutschland begonnen hat, setzt dabei vor allem auf ein verführerisches Design und knackigere Proportionen. Nicht umsonst trägt er den neuen Vizor-Grill und macht bei der Linienführung auf klare Kante. Und nicht ohne Grund gibt es völlig neue Proportionen: Der Radstand um gute fünf Zentimeter gestreckt, der vordere Überhang kräftig gekürzt: So misst der Sports Tourer nur noch 4,64 Meter und wird vom Vorgänger um sechs Zentimeter überragt.

Aber nur weil er kürzer und knackiger ist, bietet er nicht weniger Platz. Im Gegenteil. Wer die große Klappe öffnet, kann bis zu den Rücksitzen schon 608 Liter verstauen. Faltet man die dreigeteilte Lehne um, gehen auf den topfebenen Ladeboden bis zu 1634 Liter. Und wer Spaß an der Kleinteile-Logistik hat, dem empfehlen die Entwickler den intelligenten Ladeboden. Der lässt sich mit einem Handgriff auf zwei unterschiedlichen Niveaus arretieren oder um 45 Grad aufstellen, um das Verrutschen von Kisten und Koffern zu sichern. Und egal wie er gerade liegt – immer passt noch die variable Laderaumabdeckung darunter.

Mit der Premiere vor der Markteinführung des Grundmodells ist der Spielraum für weitere Änderungen eher gering – genau wie der Bedarf. Schließlich ist ja schon der Fünftürer das modernste, was die Hessen gerade zu bieten haben. Das heißt, es gibt digitale Instrumente im gläsernen "Pure Pannel", es gibt ein Head-Up-Display und allerlei schlaue Assistenten und die Matrix-Scheinwerfer machen auf Wunsch die Nacht zum Tage.

Während Opel für den Sports Tourer bei der Ausstattung keine Abstriche macht, dürfte bei den Antrieben eine Variante fehlen. Denn von der beim Fünftürer für 2023 angekündigten Elektroversion ist beim Kombi keine Rede. Einen Stecker bekommt der Sports Tourer trotzdem und wird damit zur Ausnahme-Erscheinung in seiner Klasse. Denn abgesehen vom Mercedes CLA Shooting Break – und natürlich dem Schwestermodell Peugeot 308 – ist er einer den wenigen kompakten Kombis, die Anschluss an die elektrische Revolution finden.

Möglich macht das ein 12,4 kWh großer Puffer-Akku, der für bis zu 60 Kilometer reicht und seinen Teil zu 180 oder 225 kW Systemleistung beisteuert. Wer beim Laden nur an Waren denkt statt an Wattstunden, für den gibt es wie im Fünftürer zwei eher bescheidene Benziner von 1,2 Litern Hubraum und 110 oder 130 PS oder einen 1,5 Liter großen Diesel, der es ebenfalls auf 130 PS bringt. Zumindest wenn es um Lust und Leidenschaft geht, wird sich Opel damit schwertun im Rennen etwa mit einem immerhin 300 PS starken Golf Variant R. Aber man muss ja nicht auch noch die Muskeln spielen lassen, wenn man schon eine große Klappe riskiert.

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