Herr Wehner, was machen Sie, um für die Mitarbeiter ein kreatives Umfeld zu schaffen?
Da haben wir sehr viel gemacht. Und da mussten wir auch sehr viel machen. Unser Unternehmen war immer kreativ und innovativ unterwegs, aber vorrangig anhand der bestehenden Produkte. Wenn sie sich als Fahrzeughersteller plötzlich in ein komplett neues Feld hineinbewegen, und das war in Teilen der Digitalisierung definitiv so, dann ist das erst einmal ein ungewohntes Feld und am Anfang auch ein zartes Pflänzchen, dass sie bearbeiten müssen. Damit das Thema Beachtung findet, spielt Kommunikation eine große Rolle. Sie müssen den Mitarbeitern und Kollegen erst einmal erklären, warum das Thema Digitalisierung überhaupt wichtig für Škoda ist und warum es zukünftig noch viel wichtiger wird. Also erst einmal viel Information, Kommunikation und Überzeugungsarbeit.
Das heißt, als CDO sind Sie vor allem Kommunikator?
Definitiv. Ich tausche mich mit Kollegen aus vielen Bereichen aus, gebe Hintergrundinformationen, ordne Themen ein und sorge dafür, dass Abläufe nachvollziehbar sind. Ich würde sagen, mindestens 80 Prozent meiner Arbeit entfallen auf die Kommunikation der einzelnen Themen und zu 20 Prozent beschäftige ich mich tatsächlich mit der technischen Komponente meiner Arbeit. Die Kommunikation ist deswegen von so enormer Bedeutung, weil wir alle Mitarbeiter mitnehmen müssen, die mit den jeweiligen Themen befasst sind. Das ist ein Prozess, an dem man permanent dranbleiben muss, um dann gemeinsam den jeweils nächsten Schritt zu gehen.
Wie stimmen Sie sich beim Thema Digitalisierung innerhalb des Volkswagen-Konzerns ab?
Die einzelnen Marken des Konzerns arbeiten auch im Bereich Digitalisierung sehr eng zusammen und nutzen bestehende Synergien. So herrscht jederzeit Transparenz, welche Marke in welchem Bereich wofür die Verantwortung übernimmt. Beim Thema Digitalisierung geht es im Wesentlichen darum, gute Ideen zu entwickeln, sie sind Grundvoraussetzung für unsere Arbeit. Außerdem gilt es, schnell zu erkennen, ob der jeweilige Service skalierbar ist und nach dem Launch bald den nötigen Zuspruch findet. Außerdem zählt in unserem Geschäft Geschwindigkeit. Je schneller wir am Markt sind, desto eher sind wir erfolgreich. Hierzu stimmen wir uns markenübergreifend ab und das klappt hervorragend.
Auch Ihr Job verändert sich rasant. die klassische IT ist eher bereichsorientiert. Welche Rolle spielt die IT bei Škoda?
Wie alle Unternehmensbereiche bei Škoda wandelt sich auch die IT permanent. In der Vergangenheit hatte sie eher die Aufgabe die anderen Unternehmensbereiche zu unterstützen und zwar mit den optimalen Lösungen zu den bestmöglichen Konditionen. Das gilt natürlich weiterhin. Gleichzeitig unterstützt die IT die Transformation des Unternehmens aktiv und bringt zahlreiche neue Themen voran. Es gilt, die digitalen Services für unsere Kunden IT-seitig entsprechend zu unterstützen. Ich bin sicher, diese Entwicklung werden wir künftig noch deutlich stärker sehen.
Wie spüren Sie Trends nach?
Eine ganz große Rolle spielt hier unser Škoda Digi-Lab in Prag, das wir 2016/2017 ins Leben gerufen. Im Grunde ein „Schnellboot“, dass als kleine Innovationswerkstatt Trends aufspürt, Ideen entwickelt und diese dann auf ihre Marktakzeptanz testet. Hier sind wir inzwischen weltweit aktiv und haben neben Prag weitere Ableger in internationalen Start-Up-Hotspots gegründet. So arbeiten wir etwa in Tel Aviv gemeinsam mit unserem Joint-Venture-Partner Champion Motors eng mit relevanten Start-Ups aus der Techbranche zusammen. Das eröffnet uns Zugang zu einem Pool interessanter Ideen, mit denen sich dann die entsprechenden Fachbereiche befassen. Daneben haben wir weitere Digi-Labs im indischen Pune sowie in der chinesischen Metropole Beijing gegründet.
Warum sind sie nicht im Silicon Valley oder in Berlin unterwegs?
Auch dort unterhalten wir Kontakte zu Unternehmen. Allerdings sind die Erkenntnisse, die wir etwa aus dem Hub in Tel Aviv gewinnen sehr wertvoll, sodass wir mittlerweile einen sehr guten Überblick haben, was für uns relevant und interessant ist.
Wie sind die Labs, beispielsweise das Prager, in die Škoda-Organisation eingebunden?
Wir haben das Lab damals bewusst als separate Einheit und 100-prozentiges Tochterunternehmen gegründet, damit es schneller und einfacher testen kann. Gleichzeitig sollte es aber nicht zu weit von der Unternehmenszentrale entfernt sein, daher haben wir uns entschieden, nach Prag zu gehen.
An welchen digitalen Services arbeiten Sie?
Wir haben in den vergangenen Jahren in den Bereichen digitale Sevices und Mobilität einiges erarbeitet, beispielsweise den Service HoppyGo. Die Plattform wird von Škoda bereitgestellt und wendet sich an Privatleute, die sich dort registrieren und ihr Fahrzeug zur Verfügung stellen können, um es an Interessierte zu vermieten. Als Plattformbetreiber treffen wir im Hintergrund die nötigen Voraussetzungen, um einen Vertrag zwischen dem Anbieter und dem Abnehmer zu ermöglichen. Mit BeRider haben wir außerdem einen eScooter- Sharing-Service lanciert, den wir in Prag und Brünn erfolgreich an den Start gebracht haben.
Lässt sich mit solchen Services schon Geld verdienen?
Das ist bei allen neuen Services zunächst schwierig. Allerdings achten wir natürlich insbesondere auf die Rentabilität des Geschäftsmodells. Damit wir einen Service weiter ausbauen muss zumindest erkennbar sein, dass ein tragfähiger Business Case dahintersteckt.
Welche Services kann man sich da noch künftig vorstellen?
Da gibt es einige Möglichkeiten. Bei Škoda sind wir allerdings immer „lean“ unterwegs. Das heißt, wir orientieren uns daran, was unsere Kunden wollen und was künftig wichtig für sie wird. Dabei schauen wir uns insbesondere klassische Ansätze wie Carsharing oder Ride-Hailing an. Die Services müssen immer in unser Portfolio und die Gesamtstrategie passen.
Wie erfahren Sie, was der Endkunde möchte?
Wenn wir neue Services aufbauen sind wir immer im engen Austausch mit der jeweils relevanten Zielgruppe. So machen wir etwa digitale Customer Clinics, die uns helfen zu entscheiden, ob ein Service interessant ist oder nicht. In der Vergangenheit hatte ausschließlich der Handel Kontakt mit den Kunden, die Automobilherstellers selber hingegen fast überhaupt nicht. Das gehen wir künftig gemeinsam an und stimmen uns dabei intensiv ab. Wir brauchen eine gemeinsame 360-Grad-Sicht auf den Kunden, um ihm Services bieten zu können, die seinen Bedürfnissen und Anforderungen entsprechen.
Müssen sie ihr bisheriges Geschäftsmodell über den Haufen werfen?
Das wollen überhaupt nicht und das wäre auch sicherlich der falsche Weg. Unsere Produkte kommen sehr gut bei den Kunden an und wir sind hier auch künftig bestens aufgestellt. Wir ergänzen vielmehr unser Portfolio, um den sich ändernden Ansprüchen der Kunden noch besser zu entsprechen. Grundsätzlich gilt: Wir wollen es unseren Kunden immer so einfach und bequem wie möglich machen.
Dieses Interview stammt aus der Automobilwoche Edition "125 Jahre Skoda". Mehr dazu finden Sie hier
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