Herr Heyn, die IAA für Nutzfahrzeuge steht im Zeichen der Elektrifizierung. In welchen Segmenten setzt sich die Batterie am schnellsten durch?
Im Transportgewerbe spielen die Kosten eine entscheidende Rolle. Insofern muss man sich die Anwendungsfälle anschauen, die je nach Land, Strecke und Aufbauart des Lkw unterschiedlich sind. In der Stadt kommen die möglichen Auflagen bei Schadstoffausstoß und Lärm hinzu. Hier bietet die Elektrifizierung den Vorteil, dass man wegen der geringen Geräuschentwicklung Logistikumfänge gegebenenfalls auch in der Nacht abwickeln kann. Anders ist dies sicher im Schwerlast- und Fernverkehr.
Mit dem amerikanischen Start-up Nikola haben Sie sich bei den großen Lkw für den Brennstoffzellenantrieb entschieden. Wie weit sind Sie mit der Entwicklung?
Wie bereits bekanntgegeben, wird Nikola Motor der Öffentlichkeit im nächsten Jahr ein Fahrzeug präsentieren, für das wir die E-Achse sowie den Antrieb beisteuern. Interessant ist auch das Geschäftsmodell dahinter. Nikola Motor will ja nicht nur die Zugmaschine verkaufen, sondern ein Meilenpaket samt Treibstoff.
Welche Vorteile hat die Brennstoffzelle?
Für große Langstrecken-Lkw ist sie sehr attraktiv, weil nicht eine tonnenschwere Batterie mit entsprechenden Einbußen bei der Nutzlast mittransportiert werden muss. Noch sind die Kosten für Wasserstoff doppelt so hoch wie beim Diesel. Wir gehen derzeit aber davon aus, dass sich der Wasserstoffpreis in den nächsten Jahren halbieren wird. Dann hätte der Brennstoffzellenantrieb das Potential, wettbewerbsfähig zu sein.
Sie beginnen in den USA, lässt sich dieses Modell von Nikola auf Europa übertragen?
Da spricht prinzipiell nichts dagegen. Ebenso wie in den USA müsste man sich die Hauptrouten der Lkw anschauen. Grundvoraussetzung für ein solches Modell wäre natürlich der Aufbau einer entsprechenden Infrastruktur an H2-Tankstellen.
Die Brennstoffzelle könnte sich also bei den Nutzfahrzeugen noch vor den Pkw etablieren?
In der Verbindung von CO2-Vorteilen und der Wirtschaftlichkeit sehen wir in Sachen Brennstoffzelle klar die Führungsrolle bei den Lkw – auch wenn dies nicht über Nacht passieren wird.
Die Vernetzung ist ein weiteres Thema der IAA. Wo sieht Bosch da noch Potenzial?
Grundsätzlich überall, wo wir die Abläufe in einer Spedition vereinfachen und verbessern können. Das fängt bei unserer kleinen Box zur Transportgutüberwachung an, mit der sich beispielsweise empfindliche Güter wie Blutplasma überwachen lassen. Neu ist auch unser Schlüsselmanagement per Smartphone, mit dem Flottenbetreiber ihre Fahrzeugschlüssel in Zukunft digital verwalten können. Die Nachfrage bei Speditionen ist bereits jetzt sehr hoch, da sich so bis zu eine Stunde Arbeitszeit in der Verwaltung pro Tag sparen lässt.
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