Das ist ein Geräusch, das AMG-Kunden eher fremd ist. Erst recht, wenn man ihnen vorher noch was von der Nähe zur Formel 1 erzählt. Denn wer in diesen Tagen zur Jungfernfahrt mit der neuen Topversion des GT Viertürers startet, hört nicht etwa das lieb gewordenen und trotzdem bisweilen ein bisschen peinliche Bollern des 4,0 Liter großen V8-Motors oder gar das fast schon schmerzhafte Brüllen des M12-Triebwerks aus Lewis Hamiltons Dienstwagen, sondern – nichts. Und das im besten Falle zwölf Kilometer lang. Denn so weit reicht der Akku im Kofferraumboden, der diesen GT zusammen mit einem E-Motor an der Hinterachse zum ersten Plug-in-Hybriden aus Affalterbach macht.
Mit derart mickriger Reichweite lässt sich zwar heute nichts mehr reißen. Und erst recht lassen sich damit nicht die knappen 25.000 Euro rechtfertigen, die Mercedes auf den normalen GT 63 S für den Zusatz E-Performance aufschlägt und so den Preis auf 197.600 Euro treibt. Aber es geht bei diesem Sportler mit Stecker ja auch nicht in erster Linie um die Effizienz oder um den Aufbruch ins Zeitalter der Elektromobilität. Denn wer wirklich Strom statt Sprit will, kann ja einen scharf gemachten EQE oder EQS bestellen. Sondern beim AMG GT ist der Stromschub viel mehr als eine Art Elektroschock gedacht, mit dem die schnellen Schwaben ihrem Flaggschiff noch mehr Beine machen. Nicht umsonst summieren sich die 639 PS der Achtzylinders und die 204 PS der E-Maschine auf eine Systemleistung von 843 PS und machen den Viertürer zum stärksten Modell, das AMG je auf die Straße entlassen hat. Und die bis zu 1470 Nm an vereintem Drehmoment sind auch nicht von schlechten Eltern. Ermöglichen sie doch Fahrwerte, die den GT fast schon zum Fabelwesen stempeln. Denn es dürfte nicht viele Viertürer geben, die in 2,9 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100 kommen und bei Vollgas 316 km/h erreichen. "Damit transportieren wir unsere typische DNA in eine elektrifizierte Zukunft", sagt AMG-Chef Philipp Schiemer und erstickt so alle Zweifel an Lust und Leidenschaft künftiger AMG-Modelle im Keim.
Mit den Plug-in-Hybriden aus S-Klasse & Co hat der AMG dafür allerdings bis auf die diesmal in den Heckstoßfänger gerückte Ladebuchse nicht mehr viel gemein. Denn die schnelle Truppe holt sich ihre Komponenten lieber aus Brixworth, machen sich Formel-1-Technik zu eigen und entwickelt eine komplett neue Batterie mit doppelt so hoher Leistungsdichte für mehr Power bei weniger Platzbedarf und eine extrem schnelle Leistungsaufnahme und –abgabe. Möglich macht das eine bislang konkurrenzlose Direktkühlung, mit der jede der insgesamt 560 Lithium-Ionen-Zellen einzeln umströmt und im idealen Thermofenster gehalten wird. So kann der Akku jederzeit voll boosten und beim Bremsen genügend Energie aufnehmen, damit ihm selbst auf einer Runde um die Nordschleife nicht die Puste ausgeht.