"Uuups, I did it again." Das ist nicht nur Britney Spears größter Hit, sondern das taugt auch zum Mantra von Mark Rushbrook. Denn der Ford-Manager leitet das globale Motorsport-Engagement des Konzerns und hat - mal wieder - den verrücktesten Van aller Zeiten gebaut: Fast genau 50 Jahre, nachdem Ford den Sechszylinder des Le-Mans-Siegers GT40 in einem Transit geflanscht hat, haben die Kölner jetzt die jüngste Generation des meistverkauften Transportes in Europa mit 2000 PS beim Festival of Speed den Hügel von Goodwood hinauf gejagt – und sich dabei politisch korrekt und ganz im Geist der Zeit auf Strom statt Sprit verlassen. Am Steuer saß dabei kein geringerer als Romain Dumas, der die 1,9 Kilometer lange Strecke kennt wie kein anderer. Erst recht im Elektroauto. Schließlich hält er im VW IDR mit 39,9 Sekunden den Rekord im legendären "Hill Climb".
Ganz so schnell wie damals ist er im SuperVan von 2022 allerdings nicht. Schließlich ist der Transit ein bisschen größer und ein bisschen schwerer als die Karbonflunder aus Wolfsburg und obwohl Designchef Amko Leenarts binnen vier Wochen den vielleicht windschnittigsten Van aller Zeiten gezeichnet hat, die rosige Frontschürze fast am Asphalt kratzt, es Schweller und Spoiler gibt wie bei einem Formel-Fahrzeug und der Diffusor unter dem Heck jedem Mähdrescher als Schneidewerkzeug dienen könnte, reckt der rasende Van noch immer eine ziemlich breite Stirn in dem Sturm.
Elektro-Transporter für Eilige
Ford hat beim Goodwood Festival of Speed einen ungewöhnlichen Rennwagen an den Start geschickt.

Das Interieur ist fast komplett entfernt worden.
Aber dafür ist der SuperVan auch das stärkste Auto, das Dumas je in Händen hatte: 2000 PS mobilisieren die vier E-Motoren zusammen und vermutlich mindestens so viele Newtonmeter lassen die zwei Tonnen des Super Vans verblassen.
Die Energie dafür liefert eine 50 kWh große, flüssiggekühlte Batterie, mit deren Integration der Renn- und Rallye-Spezialist Stard aus Österreich diesmal leichtes Spiel hatte - schließlich bietet der Laderaum des SuperVan trotz des geschoppten Daches und des aerodynamisch eingezogenen Hecks jede Menge Platz. Von dem profitiert übrigens auch Rennfahrer Dumas: Wo er beim letzten Job ins Cockpit gestopft wurde wie eine Sardine in eine Büchse aus Karbon, steigt er jetzt aufrecht ein und sitzt bequemer als in der Business-Klasse der Lufthansa.

Mit 2000 PS ist der SuperVan enorm schnell.
Es bleibt zwar bei der Kletterpartie durch den Überrollkäfig und ein Schalensitz bleibt ein Schraubstock mit Stoffbezug, erst recht wenn einem die Boxencrew beim Anschnallen noch die letzte Luft aus der Lunge presst. Aber die drangvolle Enge ist passé, Dumas kann die Beine ausstrecken und fast stehen in der Kabine, und die Distanz zum Beifahrer ist größer, als es Pandemie-Pessimisten vorschlagen: "So viel Platz hatte ich noch nie in einem Rennwagen", schwärmt der Franzose.
So ungewöhnlich der SuperVan auch sein mag, ist eines allerdings wie immer in Dumas Dienstwagen - der Speed. Denn wenn er den rechten Fuß aufs Bodenblech stempelt und den linken von der Bremse schnappen lässt, wird der Transit zum Torpedo und schießt in der schmalen Gasse zwischen den lächerlichen Strohballen den Hügel hinauf. Die Reifen quietschen, die Motoren surren und das Bild vor den Scheiben verwischt, als hätte der Vorführer im Kopfkino auf schnellen Vorlauf geschaltet. Von 0 auf 100 in weniger als zwei Sekunden Sekunden und mit Bleifuß selbst bergauf weit schneller als jeder Van aus dem Werk - da wird der Transit zum Eiltransporter und Menschen wie Amazon-Chef Jeff Bezos kribbelt es in der Kasse. Denn schneller und sauberer als mit dem SuperVan könnte er seine Päckchen kaum ausliefern.
Im echten Leben würde dem Transit der Strom von 50 kWh wohl für um die 300 Kilometer reichen. Doch so, wie Monsieur Dumas fährt, taugt der SuperVan nur für die letzte Meile. Dreimal ist er den Hügel jetzt hinauf gerast. Mit dem Rückweg und ein bisschen rangieren sind das keine 20 Kilometer. Doch das große Tablet - so ziemlich das einzig originale Teil im komplett ausgeräumten Cockpit - zeigt einen Ladestand von nur noch 60 Prozent. Gut, dass Hausherr Earl of March mit der Zeit geht und auf Goodwood Estate längst Ladesäulen installiert hat.
So gut der SuperVan in die digitale Ökonomie von Lieferando, Amazon & Co passt, werden sich Kurierfahrer allerdings wohl auch weiter mit magerem Tempo begnügen müssen. Denn natürlich bleibt der Sprinter unter den Transits ein Einzelstück und ungeduldige Amazon-Kunden brauchen selbst bei der Express-Lieferung weiterhin ein bisschen Geduld. Doch so ganz ohne Bodenhaftung bleibt der Bolide trotzdem nicht und zumindest die Sache mit der sauberen Luft im Stadtverkehr geht klar: Denn ab nöchstem Jahr verkauft Ford den Transit auch mit E-Antrieb.
Aus dem Datencenter:
Pkw-Verkäufe von Ford in Europa nach Modellen der Jahre 2020 und 2021