Ford hat es in Europa nicht leicht. Die US-Marke steht im harten Wettbewerb mit den Marken des VW-Konzerns und Stellantis. Mit ähnlichem Angebot wie die Konkurrenz kommt Ford auf sechs Prozent Marktanteil. Allerdings haben Volkswagen und Stellantis mit ihren weitaus höheren Marktanteilen bessere Karten im Einkauf und können die Gewinnschwelle niedriger ansetzen. Und das war immer das Problem von Ford: Die Modelle mussten unterhalb der Konkurrenz eingepreist werden, obwohl die Kosten höher waren. Ein Geschäftsmodell, das auf Dauer nicht überlebensfähig ist.
Daher hat die letzte wirklich kompetitive amerikanische Traditionsmarke in Europa nun die Reißleine gezogen und krempelt ihre Strategie komplett um. "Wir ergreifen jetzt die Chance, uns völlig neu zu positionieren", sagt Fords Deutschland-Marketingchef Christian Weingärtner.
Die bekannten Modelle wie Fiesta und Focus gehören der Vergangenheit an. "Die künftigen Modelle sind amerikanischer und ab 2030 sind sie alle elektrisch", sagt Weingärtner. Der neue Slogan: "Adventurous Spirit". Das soll für Freiheit, Outdoor und Abenteuer stehen. "Ford hat zugegeben schon einige Slogans gehabt. Aber dieses Mal wird es auch mit einer ganzheitlichen Strategie untermauert."
Ford hat vier Modell-Familien ausgemacht: Das geht von "Wild Performance" (Mustang) über "Urban Escape" (Puma) und "Active Adventure" (Explorer) bis zu "Ultimate Outdoor" (Ranger). Das sind zwar keine Volumenmodelle per se. Aber es gehe, so Weingärtner, weniger um Volumen als vielmehr um das Ziel einer höheren Profitabilität. "Es gibt dann kein ‚Plain Vanilla‘ bei uns mehr", sagte der Marketing Director DACH. Plain Vanilla steht für etwas Gewöhnliches.
Ein Widerspruch zwischen Abenteuer und Freiheit auf der einen Seite und Elektromobilität auf der anderen Seite sieht Weingärtner nicht. "Wer einmal Mustang Mach-E oder F-150 Lightning gefahren ist, ist überzeugt."
Auch für die Händler wird das aber eine deutliche Umstellung sein. Weniger Volumen heißt weniger Geschäft. Weingärtner muss viel Überzeugungsarbeit leisten und hat im laufenden Jahr 27 Veranstaltungen mit den Partnern durchgezogen.
Neben der Neuausrichtung in der Palette setzt Ford in Zukunft auch auf das Agenturvertriebsmodell, das ebenfalls Umstellung für die Händler bedeutet. Fords Strategiechef Jörg Ullrich sagte kürzlich auf dem Automobilwoche Kongress, dass ein Einheitspreis für jedes Modell das System deutlich vereinfachen werde. Und es werde Kosten reduzieren. Dazu müsse man etwa die Flächen im Handel "zurückschrauben" und das Standortnetz verkleinern.
Ford-Chef Jim Farley ist derzeit dabei, das Unternehmen völlig auf den Kopf zu stellen. Konsequent wird die Produktpalette nach und nach elektrifiziert. Selbst Amerikas Heiligtum, der F-150, startet jetzt als vollelektrische Variante und bekommt den Zusatz "Lightning". Ob der Elektro-Pritschenwagen einmal auch in Europa verkauft werden wird, ist unklar. Die ganze Produktion ist zunächst einmal für die USA und Kanada bestimmt.
Der neue Ranger Raptor (Pick-up) wird dafür bereits an Kunden ausgeliefert. Und auch der neue Bronco (SUV) kommt 2023 erstmals nach Europa. Und wenn ein Kunde einfach wieder einen Fiesta kaufen möchte? Weingärtner: "Dann wechselt er eben auf den Puma."
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