Fliegende Audis in 15 Jahren?

Wer an Audi denkt, der denkt an Autos, nicht an Flugtaxis. Doch das könnte sich eines Tages ändern, denn der Hersteller arbeitet schon seit einiger Zeit gemeinsam mit seiner Tochter Italdesign Giugiaro und dem Partner Airbus an dem Projekt Pop.Up Next. Dabei handelt es sich um ein modular aufgebautes Verkehrsmittel, das aus einer Transportkapsel, einem Flugmodul und einem Fahrmodul besteht. Mit dem Fahrmodul fährt die Kapsel zu einem Startpunkt, von dort fliegt sie mit dem Flugmodul zu einem Landeplatz, wo sie von einem anderen Fahrmodul übernommen und zum Ziel gebracht wird. Das Ganze soll vollständig autonom ablaufen. Gedacht ist das Konzept für Städte, etwa für den Weg von der Innenstadt zum Flughafen und zurück. Die maximale angepeilte Flugzeit liege bei etwa einer halben Stunde, sagt Bernd Martens, Audi-Vorstand für Beschaffung/IT und Präsident der Audi-Tochter Italdesign, der Automobilwoche.

"Flugtaxis werden kommen. Davon sind wir bei Audi überzeugt", sagt er. "Immer mehr Menschen ziehen in die Städte. Gerade die Älteren, Kinder oder Menschen ohne Führerschein werden in Zukunft gerne bequeme Robotertaxis nutzen." Bis es jedoch soweit ist, wird es seiner Ansicht nach jedoch noch etwa zehn bis 15 Jahre dauern. Bisher gab es lediglich Standmodelle und ein Demonstrationsmodell in der Größe 1:4. Ende kommenden Jahres soll ein flugfähiges Modell in Originalgröße fertig sein, das zugleich als "Proof of concept" dienen soll. Später müsste dann ein Serienmodell zunächst entwickelt und dann industrialisiert werden.

Audi ist beim Projekt Pop.Up Next für die Elektromobilität und das autonome Fahren zuständig, Italdesign für die Transportkapsel und Airbus für das Flugmodul. Technisch ist Martens überzeugt,die meisten Herausforderungen meistern zu können. Bei der E-Mobilität und dem autonomen Fahren sei man schon sehr weit, dasselbe gelte für Airbus und das elektrische und autonome Fliegen.

Problematisch ist jedoch, dass es momentan noch keine Batterien gibt, die ein Flugzeug lange genug und mit entsprechender Sicherheitsreserve in der Luft halten können. "Das Ganze steht und fällt mit der Batterietechnik", sagt Martens. Audi forscht gemeinsam mit Airbus an neuen Techniken. Die Energiespeicher sollen zwar viel Strom speichern können, dürfen aber trotzdem nicht zu schwer werden. Für das ganze Fluggerät inklusive der Kapsel haben die Entwickler rund 1,5 Tonnen veranschlagt, also etwa so viel wie ein heutiger Audi A4 wiegt. Diesen elektrisch weit genug rollen zu lassen, um den Kunden die Reichweitenangst zu nehmen, ist bereits eine Herausforderung – ihn auch noch fliegen zu lassen, wird sicher nicht einfacher sein.

Nicht nur die Art der Fortbewegung, auch das Geschäftsmodell würde sich mit dem Pop.Up Next grundlegend verändern. Audi wird die Flugtaxis nicht verkaufen, sondern die Personenbeförderung als Service anbieten. Wie das Angebot am Ende aussehen wird, steht noch nicht fest. Noch gibt es auch wenig Start- und Landeplätze für Flugtaxis, auch wenn der bayerische Ministerpräsident bereits angeregt hat, den Münchner Hauptbahnhof damit auszustatten.

Audi erprobt das Prinzip allerdings bereits seit einigen Monaten in Mexiko City und Sao Paulo mit Voom, einer Airbus-Tochter, die Helikopterflüge anbietet. Dabei werden die Kunden von einer Audi-Limousine von zuhause abgeholt und zu einem Heliport gebracht. Von dort fliegen sie mit einem Helikopter zu einem andern Heliport, wo sie wiederum von einer Audi-Limousine abgeholt und zu ihrem Ziel gebracht werden. Audi will mit dem Versuch herausfinden, ob ein solches Angebot von den Kunden angenommen wird und was sie dafür zu zahlen bereit sind. Noch ist es für eine Auswertung allerdings viel zu früh.

Neben Audi arbeiten diverse andere Unternehmen an Flugtaxis. Bis fliegende Taxis zur Normalität werden und zumindest einen Teil der auf dem Boden fahrenden Autos ersetzen, wird es jedoch noch Jahre dauern. Neben den technischen Herausforderungen müssen eine Reihe von Gesetzen geändert oder neu geschaffen werden, um den Betrieb zu regeln. Benötigt werden unter anderem Start-, Lande- und Überfluggenehmigungen. Um diese und ähnliche Fragen zu klären, hat sich Audi der Initiative der Stadt Ingolstadt zum Thema Urban Air Mobility angeschlossen.

Noch sind viele Fragen offen. Aber das war auch zu den Anfangszeiten der Automobile so, als Audi-Gründer August Horch seine ersten Fahrzeuge gebaut hat. Damals wie heute braucht es Menschen, die über das bereits Bekannte hinausdenken und daran arbeiten, neue Fortbewegungsmittel möglich zu machen.

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