Nach offenbar zähen Verhandlungen hat sich die grün-schwarze Regierungskoalition in Baden-Württemberg durchgerungen, mit einer so genannten Sprungrevision gegen das im Juli gefällte Urteil zum Luftreinhalteplan des Landes vorzugehen. Das Verwaltungsgericht Stuttgart hatte darin eindeutig flächendeckende Fahrverbote als einzig wirksame Maßnahme gesehen, um die hohen Stickoxidwerte an den besonders belasteten Straßen der Stadt Stuttgart in den Griff zu bekommen. Nun muss das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig prüfen, ob das Urteil aus rechtlicher Sicht Bestand hat. Dort liegt bereits ein ähnlich gelagerter Fall aus Düsseldorf.
Die Entscheidung ist ein fauler Kompromiss, der vor allem dem Koalitionsfrieden im Südwesten geschuldet ist. Ministerpräsident Winfried Kretschmann gilt als Gegner von Fahrverboten, doch an der Grünen-Basis hätten viele am liebsten das Urteil angenommen, um ältere Diesel-Autos vom 1.1.2018 an aus den Innenstädten des Südwestens zu verbannen und der Elektromobilität Vorfahrt zu gewähren. Die CDU dagegen wollte auf Zeit spielen und in Berufung gehen. Dann hätten bei der Überprüfung auch sachliche Argumente wie die Wirksamkeit der von den Herstellern angekündigten Software-Nachrüstungen von Euro-5- und Euro-6-Fahrzeugen Eingang in die Bewertung gefunden. Die Sprungrevision ist damit der kleinste gemeinsame Nenner, mit dem beide Seiten leben können, ohne jeweils vor der eigenen Klientel das Gesicht zu verlieren. Zumal sie im Falle von Fahrverboten dann mit dem Finger nach Leipzig zeigen können.