So fährt sich der neue Smart #1

Vor über 20 Jahren wollte Mercedes mit dem Kleinstwagen Smart die Auto-Welt revolutionieren und ein Fahrzeug für die Stadt schaffen, das in jede Parklücke passt. Die Marke hatte zwar viele Fans, schaffte aber nie wirklich den Durchbruch, auch nicht mit dem eigentlich idealen E-Antrieb. Vor zwei Jahren brachte Mercedes Smart in ein Joint Venture mit Geely ein. Nun wagt das Unternehmen mit dem #1 aus chinesischer Produktion den Neustart auch in Europa. Und, so viel sei verraten, das Auto kann im ersten Test auf der Straße auch Skeptiker mit guten Argumenten überzeugen.

Schon immer hat sich ja ein Smart im Innenraum etwas größer angefühlt als es von außen den Anschein hatte. Das ist auch beim 4,27 Meter langen Kompakt-SUV nicht anders. Das Cockpit mit dem großen 12,8 -Zoll-Bildschirm macht einen aufgeräumten Eindruck. Die erhöhte Mittelkonsole sieht schick aus und wartet mit Besonderheiten wie einer kühlbaren Getränkebox auf. Die bequemen Sitze ergeben im Zusammenspiel mit dem Panoramadach ein tolles Raumgefühl. Auch auf der Rückbank des Fünfsitzers ist viel Platz. Dank des E-Antriebs können Mitfahrer auch auf dem Mittelsitz ihre Füße bequem abstellen.

Die Qualität der Materialien und die Verarbeitung ist einwandfrei. Immer wieder beschleicht einen während der Fahrt auf den Straßen rund um Lissabon das Gefühl, in einem kleinen Mercedes zu sitzen. Vorbei sind die Zeiten, als bei Smart das Hartplastik regierte und die Angst, die Tasten für die Fensterheber könnten beim ersten Fingerdruck aus der Verankerung fallen. Stattdessen taugt der Smart im Gegensatz zu seinen Vorgängern zum sanften Gleiter für lange Reisen, denn die gute Dämmung sorgt in Verbindung mit dem geräuschlosen Antrieb für Entspannung. Was nervt, ist nur das Assistenzsystem, das  zu oft zur Konzentration auf die Straße auffordert, auch wenn die Augen nur für ein paar Sekunden zum großen Display wandern. Auch das Blinker-Geräusch hätte dezenter gewählt sein können.

Dass der Smart #1 alles andere als ein Verzichtauto ist, zeigt sich auch beim Antrieb. Mit einer Leistung von 200 Kilowatt schafft der Smart den Sprint von Null auf Tempo 100 in 6,7 Sekunden. Erst bei 180 wird abgeregelt, bei einem Fahrzeug dieser Größe bisher eher unüblich. Wer es noch sportlicher will, greift zur Brabus-Version mit Allrad-Antrieb. Die schafft den Antritt auf 100 km/h in beachtlichen 3,9 Sekunden und muss sich damit auch vor Tesla nicht verstecken. Die verbaute 66 kWh-Batterie ermöglicht je nach Austattungsvariante Reichweiten von bis zu 440 Kilometer und ist am Schnelllader unter einer halben Stunde zu 80 Prozent nachgeladen. Mit 22 kW dauert es weniger als drei Stunden. Die Reichweitenangst dürfte also kein Thema mehr sein.

Zum Start schickt Smart #1 mit vier Versionen ins Rennen, die sich je nach Ausstattung und Leistungsdaten voneinander unterscheiden. Für den Pro+ (beispielsweise ohne Head-up-Display) werden 41.490 Euro fällig, der #1 Premium startet bei 44.990 Euro, die Launch-Edition kostet ab 46.290 Euro und der sportliche Brabus fängt bei stattlichen 48.990 Euro an. Damit liegt der Smart zwar über dem Preis eines ID.3, der bei 38.000 Euro startet, bringt aber das schickere Design mit, ist deutlich besser verarbeitet und hat ein Infotainment-System, von dem VW derzeit nur träumen kann. Zudem soll es im nächsten Jahr auch eine günstigere Einstiegsversion vom Smart mit kleinerer Batterie geben, wie Europa-Chef Dirk Adelmann beim Gespräch in Lissabon andeutet. Über den digitalen Schlüssel kann das Auto übrigens leicht mit anderen Nutzern geteilt werden.

Das Kompakt-SUV kann ab Mitte Oktober bestellt werden. Es wird im Direktvertrieb wie bisher über die Mercedes-Händler verkauft. Diese übernehmen auch das Werkstattgeschäft. In China hat Smart die Auftragsbücher schon im Juni aufgemacht. Dort waren laut Adelmann die ersten 15.000 Exemplare innerhalb von 48 Stunden verkauft. In Europa rechnet Smart vor allem mit einer Nachfrage in den großen Märkten wie Deutschland, Frankreich, Italien und Großbritannien. Auch in den fortgeschrittenen E-Auto-Märkten wie Skandinavien oder Holland sieht Adelmann großes Potenzial. In den besten Zeiten hatte Smart in Europa einen Absatz von rund 140.000 Einheiten erreicht. Daran will die Marke spätestens im Jahr 2025 wieder anknüpfen. Und auch ein Zweisitzer ist offenbar wieder im Gespräch. Mit Hilfe aus China könnte die Marke auf diese Weise doch noch zur Erfolgsstory werden.

Aus dem Datencenter:

Entwicklung der reinen Elektraoautos bis August 2022