"Es ist eine Frage der Unternehmenskultur"
- Zusätzlich
Was sind die wichtigsten Herausforderungen vor denen der deutsche Autohandel steht?
Er muss mehrere Transformationspfade gleichzeitig verfolgen: Die Digitalisierung, die Umstellung auf neue Antriebe, neue Werkstoffe – und auch die Vertriebswege werden sich ändern. Die damit verbundene Komplexität lässt sich nur zusammen mit dem Hersteller bewältigen.
Worauf kann der Handel alleine Einfluss nehmen?
Darauf, wie der Kunde ihn und sein spezifisches Angebot im Netz findet. Da existieren große Unterschiede. Manche Händler sind selbst aktiv, andere vertrauen auf externe Plattformen. Auf jeden Fall muss sich der Handel damit beschäftigen und investieren. Nicht nur in Hard- und Software, sondern auch in dahingehend qualifiziertes Personal, das damit umgehen kann.
Ist der Handel dafür mit seinem Personal richtig aufgestellt?
Im operativen Geschäft kann man viel mit Qualifizierungsmaßnahmen erreichen. Was das Management angeht, habe ich aber Sorgen, denn da fehlt es teilweise an der Sensibilität und Bereitschaft für die digitalen Themen. Jedes Unternehmen benötigt jemanden, der mit Sachverstand vorangeht und digitale Elemente im Unternehmen etabliert und vorantreibt.
Braucht der Handel dafür mehr IT-Mitarbeiter?
Es ist nicht sinnvoll, Programmierkompetenzen im Autohaus zu schaffen. Was Autohausunternehmen benötigen, ist IT-affines Personal, das begreift, wo die neuen Prozesse im Autohaus eingreifen und an welcher Stelle sie zu etablieren sind, ohne die gesamte Prozesskette in Gefahr zu bringen.
Ist es schwieriger, gute Leute für die Werkstatt oder für den Verkaufsraum zu bekommen?
Es ist derzeit insgesamt schwierig – aber in der Werkstatt etwas mehr, denn da steht man immer noch im Blaumann und nicht in smart casual da. Und es ist nicht abzusehen, ob und wann sich der Personalengpass auflösen wird.
Aber die Ausbildungszahlen steigen während, die Zahl der Beschäftigten sinkt. Da müssten doch genug Leute da sein.
Ein wesentliches Problem ist das Gehaltsgefüge. Die Löhne und Gehälter im Handel fallen niedriger aus als in der Industrie. Gerade wenn die Mitarbeiter älter werden und eine Familie gründen, reicht oft das Geld nicht und sie wechseln. Ein anderer Aspekt sind die Möglichkeiten aufzusteigen oder beruflich ins Ausland zu gehen. Da hat der Handel wenig zu bieten.
Ist der deutsche Autohändler ein guter Arbeitgeber?
Ja, mittlerweile schon. Gerade die größeren Händlergruppen haben inzwischen gemerkt, dass sie eine Atmosphäre schaffen müssen, mit der sie die guten Leute halten können. So kann man ein Stück weit die Defizite bei Gehalt und auch bei den Arbeitszeiten kompensieren.
Was kann der Handel denn tun?
Beispielsweise Freiräume zur Kompensation der Arbeitszeiten schaffen, oder mehr Verantwortung übertragen. Da war der Handel bis vor 10, 15 Jahren noch sehr patriarchalisch geführt. Jetzt geht es stärker auf einen Familiengedanken hin. Damit die Menschen sagen: „Da arbeite ich gerne.“
Womit kann ich diese Atmosphäre schaffen? Reicht eine gute Kaffeemaschine oder brauche ich eine teure Mitarbeiterzeitung?
Teilweise liegt es an Kleinigkeiten wie der aufgeräumten Kaffeeecke. Eine Mitarbeiterzeitschrift ist schön, hat aber auch ihre Grenzen. Letztlich ist es die Mischung und dabei ist ganz wichtig, dass die Chefs hinhören. Da können auch Befragungen wie für Beste Autohaus Arbeitgeber helfen, weil sie die Wahrnehmungen auf beiden Seiten abgleichen.
Wie schafft es der Chef, dass sein Mitarbeiter sich traut, ihm kritisches Feedback zu geben?
Das ist insbesondere eine Frage der Unternehmenskultur. Beide Seiten müssen mit Kritik umgehen können – das Management, aber auch die Mitarbeiter müssen sie zulassen. Es kann helfen, zu sagen: „Wenn wir uns morgen treffen, gibt es keine Einschränkungen im Hinblick auf Kritik.“ Das müssen die Beteiligten auf beiden Seiten dann aushalten, solange es sachlich bleibt.
Wie steht der Handel bei dieser Kritikkultur da?
Wenn man ihn mit den professionellen Strukturen der Industrie vergleicht, hinkt der Handel noch hinterher. Aber auch in diesem Branchenzweig sind die Verantwortlichen sensibler geworden, sie hören verstärkt hin und versuchen gegenzulenken, um das eigene qualifizierte Personal zu halten. Das muss auch so sein, denn die Situation für den Handel ist in den vergangenen Jahren deutlich schwieriger geworden.
Wie wichtig ist die Arbeitgebermarke?
Sehr, denn sie wirkt ja sowohl auf die vorhandenen Mitarbeiter als auch auf potenzielle Bewerber. Da hat der Handel aber noch Defizite. Viele Chefs schenken diesem Aspekt bislang nicht die notwendige Aufmerksamkeit. Die Herausbildung einer Arbeitgebermarke ist häufig auch nicht mit großen Investitionen verbunden. Es geht im Rahmen der Markenstrategie vielmehr darum auszudrücken, dass es sich um ein sympathisches Unternehmen handelt, dass bspw. auch soziale Verantwortung trägt.
Sind soziale Medien da wirksam.
Ich glaube, dass das an Bedeutung gewinnen wird, aber dafür sind die entsprechenden Kompetenzen im Unternehmen bereitzustellen. Eine Social-Media-Kampagne muss nahezu in Echtzeit betreut und moderiert werden, damit sich eine positive Atmosphäre im Netz entwickelt. Aufgrund eingeschränkter Kapazitäten haben es an dieser Stelle gerade kleine Unternehmen ungleich schwerer, solche Kampagnen umzusetzen.
Was mögen die Mitarbeiter denn lieber - das kleine, familiäre Unternehmen oder die größeren Gruppen, in denen es mehr Aufstiegsmöglichkeiten gibt?
Das hängt stark von der persönlichen Situation ab. Wer etwas älter ist und nicht mehr den Drang spürt, aufsteigen zu müssen, wird wohl eher zum kleinen familiären Betrieb im Einzugsgebiet tendieren. Für die jüngeren sind dagegen eher die großen und international tätigen Unternehmen wie Emil Frey interessanter.
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