Herr Peckruhn, alle Hersteller setzen mittlerweile auf E-Autos, aber nach einer aktuellen Befragung des Bundesverbands E-Mobilität ist der Autohandel nicht vorbereitet, Kunden fühlen sich schlecht beraten.
Grundsätzlich kommen die Kunden erst dann, wenn ein Thema Relevanz hat. Bei der E-Mobilität gibt es noch zu viele Baustellen, etwa die Ladeinfrastruktur. Dabei geht es nicht nur um die Zahl der Ladesäulen, sondern auch darum, die verschiedenen Bezahlsysteme so zu harmonisieren, dass sie unkompliziert werden. Auch die Frage der Lademöglichkeiten in Mietshäusern muss geklärt werden.Wenn diese Baustellen beseitigt sind, steigt auch die Akzeptanz. Und wenn die Kunden wissen, dass es funktioniert, werden sie ihre Abwehrhaltung aufgeben und kaufen. Aus meiner Perspektive als Verbandssprecher (Anm. d. Red: Peckruhn ist auch Sprecher des deutschen Skoda-Händlerverbands) weiß ich, wie sich Verkäufer verhalten: Sie beschäftigen sich – ähnlich wie Kunden – erst dann intensiv mit einem Thema, wenn sie auch wirklich etwas dazu anzubieten haben. Deshalb glaube ich nicht, dass es eine grundsätzliche Ablehnung gibt. Wenn Verkäufer erkennen, dass es eine Nachfrage gibt, werden sie sich mit dem Thema beschäftigen.Wann rechnen Sie denn mit dieser Nachfrage? Die Nachfrage entwickelt sich, immer mehr Kunden können sich vorstellen, ein E-Auto zu kaufen. Skoda hat jüngst Kunden befragt, die ihr neues Auto abgeholt haben und für mehr als die Hälfte – 52 Prozent der Befragten – ist die Elektromobilität relevant. Skoda startet gerade mit der E-Mobilität und die Skoda-Händler arbeiten sich in das Thema ein. Auf der IAA wurde der Citigo iV als erstes vollelektrisches Modell vorgestellt. Mit einer Leasingrate von 145 Euro ist der Citigo ein attraktives Angebot, das zu einer schlagartigen Nachfrage führen wird.Aber die E-Mobilität ist kein vollwertiger Ersatz für konventionelle Fahrzeuge, weil sie sich vor allem für Kurzstrecken eignet. Die neuen E-Modelle, die auf der IAA gezeigt wurden, könnten aber einen Quantensprung hin zu alltagstauglichen E-Autos einleiten, denn Tesla & Co. sprechen ja nur eine begrenzte Klientel an. Die breite Masse fährt Autos um die 30.000 bis 35.000 Euro. In diesem Spektrum wird sich das Angebot entwickeln, so dass die E-Autos innerhalb der nächsten fünf Jahre auf einen Anteil zwischen 15 und 25 Prozent kommen können.ZDK-Präsident Karpinski plädiert beim Antrieb der Zukunft ja für Technologieoffenheit. Da bin ich absolut seiner Meinung. Wenn es ums Klima geht, müssen wir schnelle Maßnahmen treffen, um Emissionen zu senken. In der aktuellen Diskussion bleiben Alternativen wie der Erdgasantrieb oder synthetische Kraftstoffe komplett außen vor, obwohl die Treibstoffe mit denjenigen von vor fünf Jahren gar nicht mehr zu vergleichen sind. Hier brauchen wir gleiche Förderung wie für E-Autos. Dasselbe gilt für die Brennstoffzelle. Den Hybridantrieb dagegen sehe ich als Übergangstechnologie. Und wenn die Dieselnachrüstung politisch genauso konsequent verfolgt würde, könnten wir uns viele Diskussionen sparen.Im September lag der Anteil der reinen Stromer in Deutschland laut KBA bei 2,4 Prozent. Die Umweltprämie wurde vor drei Jahren eingeführt und kürzlich verlängert. Wird das helfen?Das wird extrem helfen. Der Citigo iV kostet dann nur noch 16.950 statt 20.950 Euro und hat eine WLTP-Reichweite von 260 km. Das ist durchaus verlockend für den Kunden.Die Bundesregierung will mit dem Elektromobilitätsgesetz E-Autos attraktiver machen. Das Gesetz ist bis zum 30. Juni 2030 befristet. Bis dahin sollen sich elektrisch betriebene Fahrzeuge im Markt etabliert haben. Glauben Sie das auch?Ich bin mir sicher. Das Gesetz erleichtert den Interessenten die Entscheidung für ein Elektroauto – besonders im urbanen Raum und durch die Steuererleichterungen bei Dienstwagen. Wenn es ein relevantes Angebot auf dem Markt gibt, wird dieses Gesetz noch stärker greifen.Lesen Sie auch:
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