Sollte das, was einige Anwaltskanzleien als "Widerrufsjoker" bewerben, durchgehen, könnte es für die Autobanken in Deutschland ungemütlich werden. Anwälte bieten Verbrauchern, die ein Auto finanziert haben an, die Kreditverträge zu widerrufen, um das teilweise jahrelang genutzte Auto zurückgeben zu können, ohne für die Nutzung zu bezahlen. Hintergrund ist ein möglicher Fehler in der Widerrufsbelehrung der Banken, der den eigentlich nur 14 Tage lang möglichen Widerruf zeitlich massiv ausdehnt – so die Argumentation der Anwälte.
Bislang war es noch bei keiner dieser Klagen zu einem Urteil gegen die Bank gekommen – meist ist derzeit Volkswagens Finanztochter VWFS betroffen. Nun hat erstmals ein Landgericht gegen VWFS geurteilt und den Widerruf auch zwei Jahre nach Kauf zugelassen.
Grund dafür ist, dass das Gericht die Widerrufsbelehrung für fehlerhaft hält, wodurch die Frist von 14 Tagen für einen Widerruf nie zu laufen begann. Im Urteil des Landgerichts Arnsberg heißt es dazu etwas sperrig: "Der Darlehensvertag enthält die gemäß §492 Abs. 2 BGB erforderlichen Angaben jedenfalls deshalb nicht, weil der Kläger nicht hinreichend über sein Kündigungsrecht aufgeklärt worden ist."
Folge ist, dass der Kunde einen gebraucht gekauften Passat nach zwei Jahren zurückgeben kann. Doch was die Kanzlei Dr. Stoll & Sauer in einer Pressemitteilung als "Sensationsurteil" feiert, ist nicht der Sieg, den sich die Juristen gewünscht haben dürften. Denn das Gericht stellt außerdem fest: "Der Verbraucher hat Wertersatz für einen Wertverlust der Ware zu leisten, wenn der Wertverlust auf einen Umgang mit der Ware zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaft und der Funktionsweise der Ware nicht notwendig war." Übersetzt heißt das: Der Verbraucher muss für die zwei Jahre bezahlen, die er den Passat nutzen konnte.
Die klagende Anwaltskanzlei ist mit diesem Teil des Urteils nicht einverstanden – denn wenn der Kunde zahlen muss, lohnt sich der Widerruf unter Umständen gar nicht. "Wir halten diese Verurteilung zum Wertersatz für fehlerhaft und werden dagegen Berufung einlegen", kündigt die Kanzlei an und argumentiert: "Das Gesetz sieht aus unserer Sicht eine derartige Wertersatzpflicht nicht vor. Nach unserer Ansicht muss ein Kläger, der seinen Vertrag ordnungsgemäß widerrufen hat, weder Nutzungsersatz noch Wertersatz bezahlen. Wir sind zuversichtlich, dass das zuständige Oberlandesgericht Hamm insoweit das Urteil aufheben und die Volkswagen Bank vollumfänglich verurteilen wird.