Ein Traum aus 1001 PS

Der Weg zur Arbeit ist für Callum Bottomley jeden Morgen ein kleiner Hindernislauf. Denn bevor der Verkaufsleiter von Porsche in Kuwait in sein Büro kommt, muss er im Slalom um ein Dutzend Autos laufen, so voll steht der Showroom. „Es ist einfach zu eng hier“, stöhnt der Brite, der hier am Golf heimisch geworden ist. Und dabei ist das hier schon einer der größten Porsche-Händler der Welt.

Doch bald wird der Weg zur Arbeit für Verkaufsleiter Bottomley wieder einfacher. Denn ein paar Straßen weiter bauen seine Chefs ein neues Autohaus: Auf sechs Etagen soll es allein 5000 Quadratmeter Verkaufsfläche bieten und damit doppelt so viel wie bisher, erzählt Bottomley, der dann wieder ohne Haken und Umwege an seinen Schreibtisch kommen will. Von den zahlreichen Tiefgeschossen fürs Parken und für die Werkstatt ganz zu schweigen.

Der imposante Neubau spiegelt die guten Geschäfte wieder, die Porsche in den Emiraten macht. Die ganz fetten Jahre, als Bottomleys Verkäufer über 1500 Autos an den Mann gebracht haben, sind zwar vorbei. Doch mit aktuell rund 1000 Zulassungen zählt Kuwait noch immer zu den erfolgreichsten Porsche-Händlern der Welt, freut sich der Brite. „Und es gibt vermutlich nicht viele Länder, in denen Porsche einen höheren Marktanteil hat als VW oder Audi,“ klopft er sich und seinem Team verbal auf die Schulter.

Die Wurzeln dieses Erfolges reichen weit zurück. Denn die Familie Behbehani, die heute auch VW, Audi, Jeep, Dodge, Ram und Chrysler vertreibt, ist Porsche-Händler der ersten Stunde und importiert die Sportwagen aus Stuttgart schon seit über sechs Jahrzehnten. Dabei sind sich die Chefs über die Jahre offenbar selbst die besten Kunden geworden. Wer das Glück hat, mit Bottomley in die unterste Etage der Tiefgarage abzusteigen, der kommt deshalb aus dem Staunen kaum mehr heraus: Über drei Dutzend rasende Raritäten stehen dort vor Staub geschützt unter Planen geparkt und haben oft noch nicht einmal 100 Kilometer auf der Uhr: GT-Modelle, RS-Renner, Exclusive Editionen, Tagras und Turbos – alles was schnell, stark und selten ist, haben sich die Behbehanis zur Seite gestellt und so eine imposante Sammlung zusammengetragen, der sie im neuen Porsche Zentrum ein eigenes Museum widmen wollen.

Zwar kennt auch in Kuwait jedes Kind den Namen Porsche. Doch anders als die Familie Behbehani können die meisten Emiratis mit den Sportwagen wenig anfangen, muss Bottomley einräumen. Cayenne und Macan sind hier die Bestseller, und die Zweitürer nur Exoten, sagt er mit Blick auf die Statistik, die für 2018 rund 80 Prozent Gelände- und 15 Prozent Sportwagen ausweist. „Nur der Panamera läuft noch schlechter“, stöhnt Bottomley. Aber immerhin: Wenn einer einen Sportwagen kauft, dann gerne einen exklusiven: Von den 68 Elfern waren in diesem Jahr 33 GT-Modelle.

Die derart ausgeprägte Vorliebe zum SUV ist nicht die einzige Eigenheit, die Bottomley beim Wechsel an den Golf erst lernen musste. Auch die Sache mit dem Feilschen war dem Briten anfangs fremd. Dass man auf dem Basar über die Preise verhandelt, das hat er ja gewusst. Aber dass es im Autohaus genauso zugeht, das konnte er sich nicht vorstellen. „Selbst bei einen Ölwechsel bezahlt hier niemand den vollen Preis“, musste er mühsam lernen und entsprechend einkalkulieren. „Wer sich auf dieses Spiel nicht einlässt und das nicht bei seinen Preisen berücksichtigt, der hat hier keine Chance“.

Was die Preise angeht, musste er sich anpassen. Doch gerade ist Bottomley notgedrungen dabei, seine Kuwaitis umzuerziehen. Denn auch in seinem Porsche-Zentrum steht auf Geheiß aus Stuttgart eine Ladesäule, obwohl sich für die Plug-in-Hybriden beim besten Willen niemand interessiert: Warum auch, wenn Benzin billiger ist als Wasser und man einem Cayenne für umgerechnet 18 Euro volltanken kann, fragt der Verkaufsleiter. Und dabei haben die Preise in den letzten Monaten schon angezogen. Denn noch vor kurzem hat eine Tankfüllung für den Geländewagen nur zwölf Euro gekostet.

Dass er seine Kundschaft trotzdem so langsam auf die Elektromobilität einstimmt und ihnen versucht, den Taycan schmackhaft zu machen, hat deshalb einen anderen Grund: „Wir sind zwar in Kuwait eine große Nummer. Doch weltweit sind wir viel zu klein, um irgendeinen Ton anzugeben“, gibt er den Realisten. Deshalb müssten auch die Kuwaitis die Autos nehmen, die ihnen angeboten würden, sagt Bottemley. „Und über kurz oder lang werden das immer öfter welche mit Elektromotor sein“. Kein Wunder also, dass es im neuen Showroom nicht nur ein Solardach geben wird, sondern auch ein paar mehr Ladesäulen.

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