Volkswagen verkündet im Rahmen der L.A. Auto Show seine Elektropläne für Nordamerika. Während bei uns Anfang 2020 Volkswagen sein MEB-Zeitalter mit dem I.D. als Hatchback (Golfklasse) einläutet, starten die Wolfsburger in den USA zeitgleich mit dem Crossover I.D Crozz. „Damit treffen wir perfekt die Ansprüche der amerikanischen Kunden, weil diese Fahrzeugkategorie am meisten nachgefragt wird“, sagt Vertriebsvorstand Jürgen Stackmann. Angeboten werden soll der I.D. Crozz, den es mit Hinterrad- und Allradantrieb gibt, zum „Preis eines Mittelklasse-SUV“. Dies würde ein Niveau von rund 30.000 Dollar bedeuten.
Die E-Eroberung Amerikas
Insgesamt soll die I.D.-Familie für die USA aus mindestens fünf Modellen bestehen. Auf den I.D. Crozz folgt eine Limousine in Passat-Größe. Sie wird im März auf dem Genfer Automobilsalon gezeigt. Für 2022 hatte VW bereits im vergangenen August den I.D. Buzz angekündigt, die Wiedergeburt des ersten Bulli aus den 50er-Jahren. Das Modell T1 genießt besonders in Amerika Kultstatus. Christian Senger, Leiter der Baureihe e-Mobility bei Volkswagen, sieht den I.D. Buzz sogar als „SUV von morgen“ an, mit dem sich „die Menschen gezielt von anderen Autos abheben wollen“. Als fünftes Modell stellte Senger bei der Präsentation der drei I.D.-Studien in Hollywood ein siebensitziges Fahrzeug in Aussicht.
Alle I.D.-Modelle basieren einheitlich auf der neu geschaffenen MEB-Architektur. Diesen Modularen E-Antriebs-Baukasten will Volkswagen global einsetzen. Elektrofahrzeuge werden somit neben Deutschland auch in China und den USA gefertigt. Pläne, dafür Chattanooga auszubauen, sind momentan in Diskussion. Hier im Bundesstaat Tennessee laufen der Passat und der Atlas, ein Fünfmeter-SUV, vom Band. Zunächst aber wird auch für die Amerikaner der I.D. Cross aus Zwickau kommen, wo VW seine MEB-Aktivitäten bündelt.
Bis 2025 will Volkswagen jährlich eine Million Elektrofahrzeuge produzieren, davon rund 600.000 allein in China, dem derzeit größten Markt für EVs. „Wir bringen diese neue Art der Mobilität zu den Menschen wie wir es einst mit dem Käfer und dem Golf getan haben“, sagt Jürgen Stackmann und spricht von der „Demokratisierung der Elektrofahrzeuge“. So soll der Hatchback-I.D. – ein Name für das Kompaktmodell wird noch gesucht – nicht mehr kosten als ein gut ausgestatteter Diesel-Golf.
Gleichzeitig strebt Volkswagen eine neue Vertriebsstrategie an. In einem gemeinsamen Projekt mit dem US-Softwarekonzern Adobe sollen Interessenten über soziale Netzwerke angesprochen werden. Eine weitere Idee sieht vor, in Cafés und Einkaufszentren den Menschen ein I.D.-Fahrzeug über „Augmented Reality“ mittels HoloLens-Brillen virtuell näher zu bringen. Der klassische Verkaufsraum hat ausgedient. „Wir gehen dorthin, wo Menschen sich gewöhnlich gerne aufhalten“, sagt Stackmann, „in lockerer Atmosphäre und ohne Kaufzwangsgefühl.“
Nur fünf Klicks im Internet sollen laut Stackmann reichen, um einen I.D. zu bestellen. 1 Modell wählen, 2 Motor, 3 Farbe, 4 Package und 5 Software/Funktionen. Besonders dem letzten Punkt messen die Wolfsburger einen hohen Stellenwert bei. Alle I.D.-Fahrzeuge sind nicht nur über ihren Lebenszyklus softwaremäßig updatefähig, der Kunde bekommt auch diverse Dienste über die Cloud zugespielt.
Auch für die USA gilt: Absatz und Attraktivität von Elektrofahrzeugen hängt entscheidend von der Ladeinfrastruktur ab. Derzeit zählt man in der Neuen Welt rund 16.000 Ladesäulen mit insgesamt etwa 45.000 Anschlüssen. Mit dem Department of Justice hat Volkswagen of America im Rahmen der Diesel-Affäre vereinbart, die Summe von zwei Milliarden Dollar (innerhalb von zehn Jahren) in den Ausbau der Ladeinfrastruktur sowie in Aufklärungsprogramme zur E-Mobilität zu stecken. 800 Millionen gehen nach Kalifornien. Die Durchführung übernimmt das von Volkswagen gegründete Tochterunternehmen „Electrify America LCC“. Eingeteilt sind die zehn Jahre sogenannte „Investment-Cycles“ von viermal 30 Monaten. Der erste Zyklus startete im ersten Quartal 2017 und läuft bis zum zweiten Quartal 2019. Innerhalb dieses Zeitfensters will Volkswagen 450 Ladestationen mit mehr als 2.500 Anschlüssen aufstellen, davon viele Gleichstromsäulen mit bis zu 350 kW Ladeleistung entlang der wichtigsten Highways.
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