Die Titelgeschichte des „Spiegel“ schlug ein wie eine Bombe, deren Auswirkungen noch lange zu sehen sein werden: Die großen deutschen Autohersteller sollen schon seit den 90er-Jahren Absprachen über Technologien, Märkte und Zulieferer getroffen haben. Ein Kartell, dem eine milliardenschwere Kartellstrafe droht – nebst Imageschaden. Seit Freitag vergangener Woche brodelt es in der deutschen Autobranche und der Blätterwald rauscht.
Vielleicht zu laut, wenn man sich eine bemerkenswerte Reaktion im Ausland anschaut: Bei der ebenso angesehenen wie einflussreichen amerikanischen Finanznachrichtenagentur Bloomberg kommt im Kommentar der russische Kolumnist Leonid Bershidsky zu Wort. Zu viel Nachsicht mit tricksenden deutschen Autobauern würde man von einem Russen bei einer US-Nachrichtenagentur vielleicht nicht erwarten. Doch Bershidsky macht seine Haltung schon im Titel deutlich: „Die Deutschen sind zu streng mit ihren Autobauern – Germans Are Too Hard on Their Automakers“.
Zusammenarbeit müsse keinesfalls ein Verbrechen sein, argumentiert Bershidsky. Schließlich arbeiteten die deutschen Hersteller ja auch beim Einkauf von Scheibenwischern zusammen, sie kooperieren beim Kartendienst Here oder beim Aufbau eines Ladenetzes für Elektroautos. Den Konsens zu suchen, um unnötige Kosten zu vermeiden, sei Teil der deutschen Kultur, nicht nur der deutschen Wirtschaft.