Deutsche stagnieren, Chinesen auf dem Vormarsch

Die deutsche Zulieferindustrie stagniert auf hohem Niveau, muss sich aber vor allem asiatischer Konkurrenz erwehren. Zu diesem Ergebnis kommt einer Studie von Strategy &, der Strategieberatung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC. Bis zum Jahr 2015 hatten die deutschen Zulieferer noch Marktanteile gewonnen.

Doch jetzt sind asiatischen Zulieferer auf dem Vormarsch, die seit 2015 Weltmarktanteile zurückerobern. Diese Entwicklung wird allerdings nicht von den japanischen, sondern von den chinesischen Unternehmen getrieben. So konnten asiatische Zulieferer ihren Marktanteil zwischen 2015 und 2018 insgesamt um zwei Prozentpunkte auf 41 Prozent steigern.

Henning Rennert, Partner bei Strategy& und Autor der Studie rechnet damit, dass dieser Anteil in den kommenden Jahren noch anwachsen wird. „Es gibt eine Gruppe aggressiv aufstrebender chinesischer Zulieferer, die in die Weltmärkte drängen“, erklärt er im Gespräch mit der Automobilwoche.

„In der Vergangenheit haben die chinesischen Zulieferer den Markteintritt vor allem durch Firmenzukäufe erreicht. Jetzt legen sie den Fokus verstärkt auf ein Wachstum aus eigener Kraft“, erklärt Rennert. Als ein Beispiel dafür nennt er den Zulieferer Fuyao Glass. „Der chinesische Glashersteller hat den Sprung unter die weltweit 100 umsatzstärksten Zulieferer geschafft. Viele andere Unternehmen aus China stehen bereit, um diesen Schritt ebenfalls zu gehen.“

Im Fokus der Untersuchung standen die 100 größten Automobilzulieferer, die mehr als 50 Prozent ihrer Umsätze im Automotive-Bereich erzielen. Obwohl der Umsatz der Fahrzeughersteller im Jahr 2018 um ein Prozent gegenüber 2017 geschrumpft ist, konnten die größten Zulieferer um drei Prozent auf 922 Milliarden Euro zulegen.

Gleichzeitig zählt ein Großteil der deutschen Zulieferer zur Gruppe derer, die ihre Kapitalstrukturen „nicht rationalisiert haben“, heißt es in der Studie. Demnach gehen 70 Prozent der internationalen Zulieferer mit Überkapazitäten in die Zukunft. Vor allem die deutschen Unternehmen sind nach Einschätzung von Strategy& überproportional davon betroffen und haben ihre Kapitaleinsätze in der Vergangenheit nicht rationalisiert. „Die Branche läuft in einen Preiskampf“, befürchtet Rennert.

Viele deutsche Zulieferer haben allerdings eine gute Ausgangsposition. Sie sind traditionell stark im Bereich Forschung und Entwicklung und sind in der Lage, höhere Preise gegenüber ihren Kunden mittels Innovationen durchzusetzen. Eine drastische Veränderung der Gewichtungen ist bei den asiatischen Zulieferern zu beobachten: Sie haben ihre Ausgaben im Bereich Forschung und Entwicklung seit 2015 um mehr als 30 Prozent erhöht und haben in der Batterie-, Kommunikations- und Halbleitertechnologie eine Technologieführerschaft erreicht.

Insbesondere durch die Dynamik chinesischer Unternehmen ist die Forschung- und Entwicklungsquote der Asiaten von 3,6 Prozent am Umsatz im Jahr 2017 auf 4,2 Prozent im Jahr 2018 gestiegen. Damit schließen die chinesischen Unternehmen zunehmend zu den deutschen Lieferanten auf, die 2018 durchschnittlich 5,8 Prozent vom Umsatz in F&E investiert haben.

Aber Innovationen sind im Automotive-Bereich nicht alles. Kostenführerschaft durch Skaleneffekte ist eine zweite wesentlich tragende Säule, auf die die Autoren hinweisen. „Big is beautiful“ lautet das Motto. In diesem Zusammenhang ist im Bereich Powertrain/Verbrennungsmotoren auffällig, dass amerikanische Unternehmen und Finanzinvestoren die Branchenkonsolidierung vorantreiben. Seit 2015 wurden fünf Zukäufe, davon vier größer als 500 Millionen Dollar, durch Finanzinvestoren realisiert. Deutsche Zulieferer spielen laut Strategy& aktuell bei dem Konsolidierungsprozess nur eine untergeordnete Rolle.

Für die Autoren stellt sich dabei die Frage, ob es den Zulieferern gelingt, den Abschied von der Verbrennertechnologie proaktiv als industrieinterne Lösung zu gestalten, oder ob Finanzinvestoren die Weichen für die Brache stellen werden. Dabei sei gerade bei den deutschen Zulieferern der Transformationsbedarf überproportional hoch. Während international 30 Prozent des Umsatzes im Bereich des konventionellen Powertrain erzielt werden, sind es bei den Deutschen 40 Prozent.

Die Reifenindustrie zeige, wie man klug und vorausschauend Branchenkonsolidierung als Strategieelement betreiben kann. Die Branche konsolidiert sich offensichtlich rechtzeitig vor der nächsten wirtschaftlichen Abkühlung, um den Preiskampf mit den Fahrzeugherstellern durch Marktmacht günstig für sich zu gestalten, heißt es in der Studie.

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