"Der Uber-Unfall wäre in Deutschland nicht passiert"

"Allein aufgrund der deutschen Gesetzesverordnung hätte das Fahrzeug, mit dem Uber in den USA unterwegs war, nicht auf deutschen Straßen fahren dürfen", sagt Houssem Abdellatif vom TÜV Süd.

Abdellatif leitet beim TÜV Süd den Bereich Hochautomatisiertes Fahren und entwickelt mit seinem Team Prüfprozesse für hochautomatisierte und autonome Autos. Für ihn ist klar: "Der Uber-Unfall wäre in Deutschland nicht passiert, da man allein schon hätte sicherstellen müssen, dass das Notbremssystem nicht abgeschaltet werden kann."

In Deutschland und Europa gelte die Regel, dass man nicht einfach Assistenten, die vom Fahrzeughersteller verbaut werden, abschalten darf. Denn dafür müsse an anderer Stelle Ersatz geschaffen werden – und zwar Ersatz, der die Sicherheit mindestens genauso garantiere wie das abgeschaltete System. "Aus diesem Grund wären diese Testfahrten hierzulande nie möglich gewesen", sagt Abdellatif.

Der Hintergrund: Die Sensoren eines Uber-Fahrzeugs, eines Volvo XC90, hatten bei einer autonomen Testfahrt in Tempe (US-Bundesstaat Arizona) eine Fußgängerin nicht registriert, die ihr Fahrrad schob und die Straße überquerte. Die 49-jährige Frau wurde vom Testfahrzeug erfasst und getötet.

Das verwendete Modell war mit einem Notbremsassistenten ausgerüstet. Das Auto kann - anders als in der Version von Uber - nicht autonom fahren, bremst aber bei erkannten Hindernissen selbstständig – und hätte die Fußgängerin erkannt, wenn das entsprechende System nicht abgeschaltet worden wäre. Denn wie der Zulieferer Aptiv gegenüber der Nachrichtenagentur Bloomberg bestätigte, hat Uber alle serienmäßig von Volvo eingebauten Assistenzsysteme abgeschaltet.

Abdellatif hat in den vergangenen Monaten mit seinem 30-köpfigen Team Testfahrzeuge sowie Simulatoren entwickelt, um selbstfahrende Autos ab Level 3 prüfen zu können. "Die Prüfmethoden sind fertig und müssen nun von offizieller Stelle freigegeben werden."

Abdellatifs Team hat seine Prüfmethoden für weltweite Szenarien entwickelt und sitzt dazu in fünf Ländern weltweit, darunter in Singapur und Südkorea, um die Entwicklungen zum Thema hochautomatisiertes Fahren vor Ort hautnah mitzubekommen und in die Prüfmethoden zu integrieren.

Als nächstes werden Israel und die USA hinzu kommen. Zudem wird das Team auf 60 Mitarbeiter aufgestockt. Grund dafür ist die steigende Nachfrage an Prüfmethoden für hochautomatisierte und selbstfahrende Autos. Selbst Behörden aus den USA sind auf den TÜV Süd zugekommen und haben Interesse an den Prüfmethoden gezeigt.

"Generell entwickeln wir Prüfmethoden für alle Fahrzeuge ab Level 3. Wir unterscheiden nicht zwischen den Leveln 3, 4 oder 5, sondern wollen sicherstellen, dass die Fahrzeuge, je nachdem mit welchen Systemen sie fahren, sicher fahren", sagt Abdellatif.

Dafür muss die Prüfmethodik für Assistenzsysteme auch den Einsatz von künstlicher Intelligenz berücksichtigen. Aus diesem Grund arbeitet der TÜV Süd mit dem DFKI (Deutsches Forschungszentrum für künstliche Intelligenz) zusammen.

"Wir sind derzeit noch im Forschungsstadium", sagt Abdellatif. Denn man wisse, dass die künstliche Intelligenz gute Ergebnisse erziele und sammle immer mehr Erfahrung damit, wie sich künstliche Intelligenz verhalte. "Aber wir fragen nach dem Warum. Warum verhält sie sich so und warum erzielt sie so gute Ergebnisse?" Wenn sie hierfür Erklärungen gefunden haben, sollen auch hierfür Simulationstests entwickelt werden.

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