Seitdem die Franzosen bei Opel das Sagen haben, läuft es recht rund in Rüsselsheim. Sogar erste Gewinne sprudeln. Kritiker befürchten allerdings, Opel könnte zu sehr seine Eigenständigkeit im Engineering einbüßen, zumal schon heutige Modelle mit Motoren aus dem PSA-Regal unterwegs sind. Diesen Eindruck versuchen PSA-Chef Carlos Tavares und Opel-Chef Michael Lohscheller nach allen Kräften zu zerstreuen. Opel-Modelle müssen „Germaness“ ausstrahlen, werden beide gern zitiert. Und in diversen Interviews versprach Lohscheller: „Opel wird noch deutscher, als es jemals der Fall war.“
Der Opel GT X Experimental
Wie deutsch, soll jetzt die Studie GT X Experimental zeigen. Es ist ein nur 4,06 Meter kurzes City-SUV in einem äußerst puristischen Design, das laut Opel die Werte „deutsch, nahbar und aufregend“ in sich trägt. Manch einer mag sich beim Blick auf das hintere Seitenfenster an den Original Opel GT aus den Sechziger Jahren erinnert fühlen. Ansonsten gibt es keine Anleihen an die Vergangenheit. Die Studie gilt nicht als Fingerübung, sondern soll einen reellen Ausblick auf das Opel-Design im nächsten Jahrzehnt geben.
Als Karosserietyp wurde bewusst ein SUV gewählt. „Es sind die beliebtesten Fahrzeuge auf dem Markt“, so Lohscheller, „für 2021 denken wir, dass rund 40 Prozent aller verkauften Opel-Fahrzeuge SUVs sein werden.“ Und da es heute für einen Autohersteller ziemlich unpassend wäre, eine Studie mit konventionellem Verbrennungsmotor auf die Räder zu stellen, entschied man sich in Rüsselsheim klar für den batterieelektrischen Antrieb. Im Fahrzeugboden steckt ein Lithium-Ionen-Akku mit einer Kapazität von 50 kWh, was dem kleinen SUV eine Reichweite von gut 350 Kilometern geben würde.
Technisch spricht Opel lediglich von einer „Leichtbau-Architektur“. Die Serienversion des GT X Experimental – sollte sie denn kommen – dürfte jedoch auf der PSA-Konzernplattform CMP (Common Modular Platform) stehen. Passen ins Portfolio der Opelaner würde ein kleines SUV unterhalb des Crossland X durchaus und könnte eine ähnliche Zielgruppe wie der heutige Adam ansprechen: urban, lifestyle- und designorientiert sowie mit Hang zum Individualismus. Ob es allerdings die gegenläufig angeschlagenen Portaltüren ohne solide „deutsche“ Griffe in die Serie schaffen werden, darf bezweifelt werden.
Den Purismus, den der GT X Experimental äußerlich verkörpert, findet sich auch im Interieur wieder. „Visuelle und digitale Entschlackung“ lautete hier die Maßgabe der Designer. Würde sich ein Kind am Seitenfenster die Nase plattdrücken, um einen Blick ins Cockpit zu erhaschen, sehen würde es lediglich schwarzes Glas, von Opel neudeutsch „Pure Panel“ genannt. „Ein einziger Bildschirm soll dokumentieren, dass die Vielzahl an Monitoren, Knöpfen und Bedienelementen der gegenwärtigen Serienmodell schon bald überflüssig werden könnten“, glaubt Design-Chef Mark Adams. Selbst die Belüftungsdüsen liegen verborgen hinter dem Panel und untermauern den Purismus.
Visionäre Studien haben bei Opel eine mehr als fünfzigjährige Tradition. Mit dem GT X Experimental will man – was den Namen angeht – eine gewisse Brücke zum Experimental GT von 1965 schlagen. Die Coupé-Studie war die erste Designstudie eines europäischen Herstellers, die den Weg in die Serie fand. Aus ihr entstand der Opel GT.
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