"Der Monitor soll kein Mysterium sein"

Bei VW in Wolfsburg hat sich Larry Dean Thompson als unabhängiger Monitor des Fahrzeugkonzerns präsentiert. Nach einer Ansprache im Rahmen einer Betriebsversammlung am Stammsitz Wolfsburg stellte sich der neue Compliance-Aufseher aus den USA im Markenhochhaus am Mittellandkanal den Fragen der Presse. In den Tagen zuvor hatte sich Thompson bereits mit verschiedenen Führungskräften aus der VW-Operative und dem VW-Aufsichtsratsvorsitzenden Hans Dieter Pötsch getroffen. Dieser habe ihm größtmögliche Unterstützung bei der Umsetzung seiner anstehenden VW-Agenda zugesagt, so der Monitor.

VW sei „unglaublich komplex und riesengroß mit seinen weltweit mehr als 600.000 Beschäftigen“, so Thompson. Er wolle sich zunächst die Zeit nehmen, um das Unternehmen von Grund auf zu verstehen, bevor er Empfehlungen ausspreche. Als Monitor habe oder bekomme er Zugang zu fast allen einschlägigen Unterlagen. Ausnahmen seien bestimmte Dokumente aus laufenden Ermittlungen und Papiere, deren Inaugenscheinnahme oder gar Veröffentlichung die US-Regierung untersage. VW-Rechtsvorstandsfrau Hiltrud Werner, die Thompsons Treffen mit der Presse begleitete, sei seine erste Ansprechpartnerin.

In den kommenden drei Jahren werde er möglichst häufig den Dialog mit VW-Beschäftigten quer durch alle Bereiche und hierarchischen Ebenen suchen, sagte Thompson – und fügte an: „Der Monitor soll kein Mysterium sein“. Sein Team besteht derzeit aus 22 Mitarbeitern, könnte im Laufe der Zeit aber noch aufgestockt werden. Auf VW-Seite arbeiten rund 40 Fachkräfte der US-amerikanischen Delegation zu. Er selbst werde rund eine Woche pro Monat für VW im Einsatz sein, sagte Thompson. „Ich bin 72 Jahre alt, wollte keinen Vollzeitjob mehr und auch nicht permanent im Flugzeug zwischen Amerika und Europa pendeln“, so der Monitor.

Auf die Frage von Automobilwoche, wie es zusammenpasse, dass VW aufgrund von „Dieselgate“ gerade in den USA massive Probleme zu bewältigen habe, zugleich aber die Administration von Präsident Don Trump aus dem Pariser Klimaschutzabkommen aussteigen wolle, antwortete Thompson vielsagend: „Dazu hätte ich viel zu sagen, sehr viel sogar, doch ich sollte hier nicht in die Tiefen der US-Politik einsteigen“. Politik ist für ihn jedoch nicht generell ein Minenfeld: Die jüngste Auseinandersetzung über verdächtige Dieselantriebe zwischen Audi-Chef Rupert Stadler und Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt habe er „auf dem Schirm“, so Thompson.

VW habe mit der Verbesserung seiner Compliance-Richtlinien nicht auf ihn gewartet, sondern unter VW-Topmanagerin Werner weiter den bereits eingeschlagenen Weg einer umfassenden Integritätsoffensive verfolgt, lobte er. „Wir arbeiten vertrauensvoll zusammen“, so Thompson mit Blick auf seine Sitznachbarin. Ihm sei nicht nur wichtig, nach Ablauf der drei Jahre Monitorship zertifizieren zu können, dass VW konzernweit eine angemessene Compliance-Systematik implementiert habe. Mindestens ebenso bedeutsam sei, "dass die Leute hier sich dauerhaft freier zu sprechen trauen, wenn doch mal etwas schiefzulaufen droht“.

Zu seiner Arbeit werde ebenfalls gehören, mit früheren VW-Managern in Kontakt zu treten. Ob er dabei mit Ex-Konzernchef Martin Winterkorn reden werde, ließ Thompson lächelnd offen. Auch die Größenordnung der Kosten des Monitorships konnte oder wollte Thompson nicht benennen. Hiltrud Werner betonte in diesem Kontext, es sei „zu früh, um über den finanziellen Gesamtumfang zu spekulieren“. Thompson selbst hat für seinen Einsatz mit VW einen Stundensatz vereinbart, dessen Höhe er jedoch nicht öffentlich machte. Auf die Frage von Automobilwoche, wie der Erstkontakt zwischen ihm und VW zustande gekommen sei, sagte Thompson, ein früherer Porsche-Jurist – US-Bürger, kein Staatsangehöriger Deutschlands – habe bei ihm angefragt und ihn trotz seiner Ruhestandspläne von der Einwilligung in das VW-Projekt überzeugen können. Mit dem US-Justizministerium, das seinen Einsatz auf Anhieb guthieß, stehe er „in regelmäßigem Austausch“.

Auch einige private Aspekte ließ sich Thompson in Wolfsburg entlocken. So sei er als junger Mann selbst VW gefahren, der Wagen war die „Leihgabe eines entfernten Onkels und furchtbar laut“ (also vermutlich ein VW Käfer mit gehörigem Rostfraß an der Auspuffanlage; Anm. d. Red.). Heute sei er meist in Autos von General Motors (GM) unterwegs, seine Frau nutze ein schweres SUV der Submarke GMC. Privat sammelt Thompson Oldtimer des GM-Labels Buick. Die Kollektion könnte alsbald erweitert werden: Aktuell gefalle ihm das frühere VW-Topmodell Phaeton so gut, dass er den Ankauf eines Gebrauchtwagens dieses Typs von einem VW-Händler in Chicago erwäge.

"Zu Dieselgate hat sich VW bekannt“, sagte Thompson zum Ende der Fragerunde, „für mich als Monitor geht der Blick nach vorn“. VW sei eine „Ikone der Industrie“. Dieser wollten sein Team und er helfen, „Compliance in Zukunft allgegenwärtig, verlässlich und nachhaltig zu verankern“.