Wenn man Daniel Rim auf Land Rover anspricht, dann glänzen seine Augen. Denn im Grunde sind die Briten da, wo der Koreaner gerne hinmöchte. Rim ist Exportchef bei Ssangyong, dem kleinsten der fünf koreanischen Automobilhersteller und er ist es leid, dass man die Marke mit dem doppelten Drachen im Logo allenfalls milde belächelt. Denn in einer Welt, in der alle nach SUV verlangen, hat eine Marke, die genau wie Land Rover in England und Jeep in den USA nichts anderes baut als Geländewagen, mehr verdient als Mitleid: Ruhm und Anerkennung und steigende Absatzzahlen zum Beispiel. „Wir sind klein, aber wir sind begierig auf Wachstum“, gibt sich der Mann kämpferisch, der an den etwa 160 000 Ssangyong-Verkäufen aktuell etwa ein Drittel verantwortet.
Kannte man Ssangyong bislang vor allem wegen des kruden Designs von Modellen wie dem Rodius oder dem Actyon oder vielleicht noch wegen der ungewöhnlichen Kooperation mit Mercedes, will Rim die Marke mit neuen Modellen ins Bewusstsein der internationalen Kundschaft rücken und dabei geschickt auf der globalen SUV-Welle reiten. „Schließlich gibt es keinen anderen koreanischen Hersteller, der schon so lange Geländewagen baut. Und keiner kennt sich so gut damit aus“, sagt Rim.Um das zu erreichen, setzen Rim und sein Ceo Choi Johng-sik auf eine weitere Parallele zu Land Rover: Die Investitionen eines indischen Eigentümers. Denn so, wie Land Rover zusammen mit Jaguar 2008 von Tata übernommen wurde, so ist 2001 die Mahindra Group bei dem 1954 gegründeten Unternehmen eingestiegen. Und genau wie Ratan Tata den Briten ihre ambitioniertes Modellfeuerwerk finanziert hat, lässt nun Anand Mahindra immerhin 900 Millionen Dollar springen, mit denen Ssangyong ebenfalls eine Produktoffensive lostreten will: „Wir bringen jetzt jedes Jahr ein komplett neues Auto“, kündigt Rim an und zählt dazu auch ein erstes „eco friendly vehicle“, das sich im Lauf der Gespräche immer klarer als elektrischer Geländewagen heraus kristallisiert und bis 2020 auf dem Markt sein soll .Mit diesen neuen Modellen will Chairman Choi die Kapazität im Stammwerk in Pyoentaek bis zum Ende der Dekade erstmals ausschöpfen und seine rund 5.000 Mitarbeiter dann mit dem Bau von etwa 250.000 Autos im Jahr beschäftigen. Und parallel dazu will er über Kooperationen, Joint Ventures und eigene Werke auch im Ausland mehrere Standorte eröffnen, an denen Ssangyong-Modelle produziert werden, um die Zollschranken für aussichtsreiche Schwellenländer zu umgehen. In China verhandelt er bereits mit einem Partner über mehr als 100.000 Autos im Jahr, in Südamerika, in Afrika und dem Nahen Osten zum Beispiel ist er noch auf der Suche. „Doch wenn unsere Strategie aufgeht, kommen so zu den 250.000 Autos aus Korea mittelfristig noch einmal 250.000 Autos aus dem Rest der Welt.“Der kleinste Tiger schärft die Krallen
Den Anfang der großen Offensive markiert die vierte Generation des Rexton, die jetzt als Flaggschiff der SUV-Flotte auf der Motorshow in Seoul enthüllt worden ist und Ende des Jahres zu Preisen knapp unter 30.000 Euro auch zu uns kommt. So vergleichbar Land Rover und Ssangyong auf der einen Seite auch sein mögen, so wenig kann man auf der anderen Seite ihre Produkte vergleichen – selbst wenn Rim den Rexton auf eine Stufe mit dem neuen Discovery stellt. Da können Rim & Co noch so überzeugt den Aufstieg von „good to great“ predigen – selbst ein großer Touchscreen in der Mittelkonsole, die Integration von Apple Car Play und Android Auto, neun Airbags und ein automatisches Notbremssystem machen aus einem SUV-Saurier noch keinen Hightech-Geländewagen. Und mit ein paar kreuzgesteppten Ledernähten oder etwas mehr Furnier auf den Konsolen wird aus einem Allerwelts-Allradler nicht gleich ein Luxusliner für den Matsch.
Dennoch darf man den 4,85 Meter langen Rexton, der zunächst mit einem 178 PS starken Diesel startet und im nächsten Jahr einen Vierzylinder-Turbo-Direkteinspritzer mit 225 PS bekommt, nicht unterschätzen. Vor allem in seiner wirtschaftlichen Bedeutung. Denn erstens dient er den Koreanern auch als Basis für einen neuen Pick-Up, der die Produktoffensive im nächsten Jahr vorantreiben soll. Und zweitens ist er das Auto, mit dem Rim womöglich den Schritt auf den US-Markt plant. „Das würde uns ein gewaltiges Potential eröffnen“, schwärmt der Exportchef und traut den USA die wichtigste Rolle im Auslandsgeschäft zu.Bis das passiert und bis das Joint Venture in China steht, liegt sein Fokus allerdings erst einmal auf Deutschland. Denn nirgends sonst im Ausland verkauft Ssangyong so viele Autos und in keinem anderen Land haben die Koreaner so viele Händler, sagt Herman Claes, der für die belgische Alcopa Gruppe den Import in fünf europäische Länder verantwortet, mit Blick auf zuletzt 3.400 Zulassungen und demnächst etwa 350 Stützpunkte. Auch das ist etwas, was Ssangyong mit Land Rover gemein hat.
Zwar drängt sich beim Blick auf Ssangyong tatsächlich der Vergleich mit dem britischen Geländewagenhersteller auf. Doch gibt es mittlerweile eine zweite Marke, auf die man schauen muss, weil es trotz der noch größeren Diskrepanzen noch größere Gemeinsamkeiten gibt: Ferrari. Denn seit Sssangyong-Eigentümer Mahindra im letzten Jahr die legendären Pininfarina-Studios übernommen haben, werden die Nachfolger von Korando & Co von den gleichen Designern gezeichnet, die Autos wie den F12, den California oder den 458 entworfen haben.