Ralf Speth und sein Deutschland-Chef Peter Modelhart haben einen weiten Weg hinter sich. Mitte der 2000er Jahre dümpelten die Marken Jaguar und Land Rover vor sich hin. Der einstige Glanz der Raubkatze schien unter einer dicken Staubschicht verborgen. Das Erbe war groß, aber die Modellpalette und die Qualität hatten unter dem amerikanischen Eigentümer Ford schwer gelitten.
Mit dem ehemaligen BMW-Manager Speth und dem neuen indischen Eigentümer Tata begann 2008 die Wiederauferstehung der Marke. Und nun, gut sechs Jahre später fährt das JLR-Team die Ernte ein.
Der Absatz der Sport- und Geländewagenschmiede hat sich innerhalb der vergangenen sechs Jahre verdoppelt (232.000 auf 521.000). Die Belegschaft ist auf 40.000 Mitarbeiter weltweit angeschwollen. 2018 geht ein neues Werk in Nitra der Slowakei ans Netz. Das neue Motorenwerk in Wolverhampton brummt seit 2014. Seit 2010 hat Jaguar Land Rover mehr als vier Milliarden Pfund in neue und alte Standorte und 12 Milliarden Pfund in die Produktentwicklung gesteckt.
Die Modellpalette haben Speth und seine Mannschaft in den letzten sechs Jahren komplett überarbeitet. Bei Land Rover kamen der neue Range Rover Evoque und der Discovery Sport dazu. Bei Jaguar ein neuer nobler XJ, der Sportwagen F-Type als Cabrio und Coupé, die Mittelklasse-Limousine XE, die dem BMW 3er und A3-Konkurrenz machen soll – auch im Flottengeschäft, wo sich die Importeure traditionell schwer tun – und schließlich der F-Pace.
Der neueste Zugang ist in jeder Hinsicht etwas Besonderes. Es ist ein Crossover – Speth selbst spricht nicht gern vom SUV, weil die ja der Schwester-Marke Land Rover vorbehalten sind – aber, er ist was, er ist, ein sportlich-aufgebockter Gelände-Jaguar für Großstadt-Katzen. Das gab es aus der Sportwagenschmiede noch nie, doch die Kunden verlangten danach. Und jetzt: wenige Monate im Handel, schlägt der F-Pace alles, was die Briten an Verkaufserfolgen feierten.
Der F-Pace ist für 67 Prozent des weltweiten Wachstums der Briten verantwortlich. Seit Marktstart im vergangenen Frühjahr verkaufte sich der Geländewagen fast 46.000 Mal. In Deutschland legte Jaguar auf 8700 Neuzlassung zu. Freilich, insgesamt sind Jaguar und die Schwestetr Land Rover damit in der Absatzstatistik immer noch ein kleiner Fisch und vereinen nun knapp 0,7 Prozent Marktanteil auf sich. Aber: Mit fast 75 Prozent Zuwachs allein bei Jaguar zählen die Briten zu den wachstumsstärksten Marken auf dem deutschen Markt.
Mit dem i-Pace, dem ersten vollelektrischen SUV von Jaguar, will Speth der britischen Traditionsmarke noch mehr "Modernität" beibringen. "Lifestyle"-Modelle nennt Jaguar den F-Pace und i-Pace. Kein Fahrzeug zeige die Neuausrichtung von Jaguar "so dramatisch" wie der i-Pace sagt Deutschland-Chef Peter Modelhart.
Bis 2020 sollen 50 Prozent aller JLR-Modelle auch mit elektrischem Antrieb verfügbar sein. Das schließt auch eine Teilelektrifizierung, spricht Plug-In-Hybride mit ein. Zwischen 2007 und 2016 hat Jaguar Land Rover den CO2-Flottenausstoß um 30 Prozent reduziert. Bis 2020 sollen es nochmals 20 Prozent weniger werden. Man sei "mehr als optimistisch" die Ziele zu erreichen, so Modelhart. Aktuell liegt der Flottendurchschnitt bei 165 Gramm, was angesichts der großen und verhältnismäßig schweren Modelle nicht überrascht.
Gut für die Briten, dass Jaguar Land Rover vor den Augen der Europäische Kommission als "kleiner" Hersteller gilt. Für Hersteller mit unter 300.000 produzierten Einheiten jährlich - Jaguar und Land Rover gelten als getrennte Marken - gelten andere Grenzwerte, nämlich 130 Gramm, statt 95 Gramm wie für die großen Volumenhersteller.