Die Autoindustrie hat enttäuscht auf das Scheitern einer Brexit-Lösung im britischen Unterhaus reagiert. „Jetzt wird ein ungeregelter Brexit immer wahrscheinlicher. Die Folgen eines ‚No-Deal-Szenarios' wären fatal“, sagte der Präsident des Verbands der Automobilindustrie, Bernhard Mattes.
Nach seiner Ansicht kann nun die Verschiebung des Austrittsdatums sinnvoll sein. Der Austritt Großbritanniens aus der EU ist auf den 29. März datiert.
Ein ungeordneter Brexit „wäre eine Katastrophe für die britische Autoindustrie und unsere Produktionsstätten in Großbritannien und würde das Geschäft von Ford in Europa stark belasten“, teilte Ford mit. Die Ford-Händler spüren den negativen Einfluss bereits: „Das Europageschäft von Ford war in 2018 insbesondere durch den Brexit und die Entwicklung des russischen Marktes negativ beeinflusst“, sagte der Präsident des deutschen Ford-Partnerverbands, Johann Gesthuysen. Ford hatte jüngst eine umfassende Restrukturierung in Europa angekündigt.
Der Autobauer Opel, der mit Vauxhall auf der Insel stark vertreten ist, hofft weiter auf Lösungen. „Wir fordern die Regierung und das Parlament auf, nach Wegen zu suchen, um der Unsicherheit ein Ende zu bereiten. Wir sind vorbereitet, auf unterschiedliche Szenarien zu reagieren“, sagte Opel-Chef Michael Lohscheller.
BMW arbeitet seit langem an verschiedenen Szenarien. Der Premiumhersteller bereite sich auch „weiterhin auf das Worst-Case-Szenario und damit einen No-Deal-Brexit vor“, hieß es in München. BMW appelliere an alle Beteiligten, „alles Mögliche zu tun, um dringend benötigte langfristige Planungssicherheit zu schaffen und den reibungslosen Handel aufrecht zu erhalten“.
Automobilzulieferer Continental ließ wissen: „Es ist unklar, was auf die Branche und auf Continental zukommt. Wir beobachten die Entwicklungen aufmerksam. Gemessen an unserem Gesamtumsatz ist unser Anteil in UK überschaubar. Aber wir müssen auch die indirekten Effekte bedenken, die man kaum abschätzen kann.“
Ein No-Deal zieht nach Ansicht von Experten erhebliche Turbulenzen nach sich und würde auch den Neuwagenmarkt in Europa drücken. Doch selbst für diesen Fall zeigt sich Deutsche Speditions- und Logistikverband (DSLV) zuversichtlich. „Selbst für den Fall des 'No-Deal-Szenario' werden deutsche Spediteure die Lieferketten für ihre Kunden aus Industrie und Handel im Verkehr von und mit Großbritannien zukünftig aufrechterhalten und weiterhin zuverlässig organisieren können", sagte DSLV-Präsident Axel Plaß. Die Zollexpertise sei in den Speditionshäusern grundsätzlich vorhanden, denn Drittlandverkehre gehörten zum alltäglichen Geschäft des Spediteurs.
Dazu im Datencenter:
Brexit-Szenarien, Auswirkungen auf Pkw-Nachfrage in GB und die Autoindustrie der EU
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