Nachdem das Kartellamt Ende vergangenen Jahres die Fusion der Mobilitätsdienste von BMW und Daimler genehmigt hat, stehen nun die nächsten Schritte an. Am Freitag erläutern Daimler-Chef Dieter Zetsche und BMW-Chef Harald Krüger in einem ehemaligen U-Bahn-Tunnel unter dem Potsdamer Platz, wo der Sitz des Unternehmens sein soll und welche Erwartungen beide Autohersteller an die Zusammenarbeit haben. Vor dem wichtigen Termin erklärt die Automobilwoche die wichtigsten Fragen und Antworten zum Joint Venture.
Darum fusionieren BMW und Daimler ihre Mobilitätsdienste
Seit über 100 Jahren sind Mercedes und BMW harte Rivalen im Kampf um die Gunst der Kunden. Nun aber haben sie beschlossen, bei Mobilitätsdienstleistungen den Schulterschluss zu suchen. „Unser gemeinsames Ziel ist es, einen Champion für urbane Mobilität zu schaffen“, sagte Daimler-Finanzchef Bodo Uebber kürzlich bei der Bilanz-Pressekonferenz.
Dahinter steckt die Erkenntnis, dass die Autobauer einzeln dieses Ziel nicht erreichen können, weil sie dafür zu klein sind. Die Logistik hinter Carsharing-Anbietern wie Daimlers Car2go oder BMWs DriveNow ist komplex. Die Apps mit den Kundendaten müssen gepflegt, Fahrzeuge gewartet und entsprechend den täglichen Pendlerströmen neu positioniert werden. Dieser Aufwand in der Verwaltung lässt sich bei einer Fusion deutlich reduzieren.
Bei Online-Plattformen zählt zudem Größe. Ob Amazon im Handel oder Google bei den Suchmaschinen – meist setzt sich am Ende nur ein großer Player durch, während die Konkurrenten auf der Strecke bleiben oder höchstens Nischen bedienen können. Diese Schicksal wollen BMW und Daimler vermeiden, in dem sie ihre Services bündeln und damit mehr Kunden erreichen.
Beide Unternehmen haben in der Vergangenheit eine Vielzahl von Services aufgebaut und kommen zusammen nach eigenen Angaben auf über 50 Millionen registrierte Nutzer. Daimler ist dabei besonders aktiv gewesen. Inzwischen zählt das Unternehmen 31 Millionen Nutzer weltweit. Sie kommen beispielsweise vom Carsharing-Dienst Car2go, der inzwischen in 26 Städten weltweit aktiv ist und 14.000 Fahrzeuge im Pool hat.
Dazu zählen aber auch Taxidienste wie Mytaxi oder Chaffeur Privé in 14 Ländern, die 21,3 Millionen Nutzer zählen. Mit Moovel hat Daimler eine Online-Plattform geschaffen, mit der über eine App verschiedene Verkehrsmittel vom ÖPNV über Carsharing bis hin zum Elektrofahrrad kombiniert oder bezahlt werden können. Allerdings hat sich gezeigt, dass die einzelnen Anbieter die Hoheit über ihre Apps nur ungern abgeben. Zum Teil betreiben die Städte eigene Ride-Sharing-Dienste wie in Stuttgart beispielsweise SSB Flex, die auf der Moovel-Technologie basieren.
BMW bringt allein über seinen Parkdienst Park Now über 20 Millionen Kunden ein. Dazu kommen über eine Million Nutzer des Carsharing-Dienstes DriveNow. Außerdem bietet BMW mit ChargeNow einen einfachen Zugang zu einem der weltweit größten Ladenetze mit über 105.000 Ladestationen. 50 Millionen Kunden klingt nicht schlecht. Der chinesische Fahrdienstleister Didi macht allerdings heute schon mit einer halben Milliarde Kunden Geschäfte.
Noch haben die beiden Unternehmen offiziell noch nichts zur Führung gesagt. Doch die besten Karten dürfte die bisherige Moovel-Chefin Daniela Gerd tom Markotten haben. Die 43-jährige IT-Spezialistin kam Ende 2017 von Fleetboard, der Daimler-Logistik-Plattform, in das junge Moovel-Team.
Dort arbeitete sie an einer Art Betriebssystem für urbane Mobilitätsdienste. Sie hat außerdem Erfahrung im Marketing. Die Geschäftsbereiche multimodale Plattform, Carsharing, Ridehailing, Parking und Charging sollen zunächst entlang ihrer Funktionen zusammengeführt werden.
Zum Bereich Multimodal- und On-Demand Mobility gehören Moovel und ReachNow, ein erweitertes Car-Sharing- und Chauffeursdienst-Angebot von BMW in den USA. Hinzu kommt das klassische stationsunabhängige CarSharing mit Car2Go und DriveNow werden. Der Bereich Ride-Hailing mit Mytaxi, Chauffeur Privé, Clever Taxi und Beat hat die meisten Kunden und dürfte das größte Wachstumspotenzial bieten. Ergänzende Dienste sind das ticket- und bargeldlose Parken am Straßenrand oder Reservieren und Bezahlen von Parkplätzen in Parkhäusern mit ParkNow und Parkmobile Group/Parkmobile LLC sowie Ladelösungen für Elektromobilität mit ChargeNow und Digital Charging Solutions.
Sitz des Unternehmens wird die Hauptstadt Berlin. "Die Zukunft der Mobilität wird in Metropolen wie Berlin geschrieben", sagt BMW-Chef Harald Krüger zur Standortentscheidung. Von dem Umzug betroffen sein dürften mehrere Hundert Mitarbeiter beider Unternehmen. Als Standort ist das historische Warenhaus am Weinberg in Berlin-Mitte auserkoren. Auch ein Name ist gefunden. Das Joint Venture soll „Jurbey“ heißen.