Daimlers Schlüsseljahr für E-Mobilität

Am Ende war es eine relativ deutliche Angelegenheit. Bei einem durchschnittlichen CO2-Ausstoß von 107 Gramm hätte die Neuwagenflotte von Mercedes-Benz Ende 2020 landen müssen. Nach eigenen Angaben waren es mit 104 Gramm sogar drei weniger als gesetzlich gefordert. Auch für das Jahr 2021 geht Daimler-Chef Ola Källenius davon aus, die nun nach dem neuen Zyklus WLTP errechneten Ziele von 125 Gramm erreichen zu können, wie er in einer Telefonkonferenz mit Journalisten erläuterte.

Dies liegt vor allem daran, dass in diesem Jahr die Elektrooffensive des Konzerns deutlich an Fahrt aufnimmt. Allein in der Pkw-Sparte wird es mit EQA, EQS, EQB und EQE vier rein elektrische Modelle geben. Der EQE soll als kleiner Bruder des EQS auf der IAA in München im Herbst vorgestellt werden. Dazu kommen Plug-In-Hybride wie die neue C-Klasse, die es auf eine Batterie-Reichweite von 100 Kilometer bringen. Mit dem E-Actros geht erstmals ein schwerer Lkw mit rein elektrischem Antrieb ins Rennen. Bei den Vans wird der neue Citan vorgestellt, der 2022 als E-Van auf den Markt kommt.

Källenius geht davon aus, dass sich im Transporter-Segment die Elektrifizierung noch schneller vollzieht als bei den Pkw. Nachdem alle Transporter bereits ein elektrisches Pendant erhalten hätten, werde an der nächsten Generation elektrischer Vans gearbeitet. "Es gibt sogar bereits Konzepte für eine dritte Generation", sagte Källenius. Diese sind wohl auch dringend erforderlich. Denn Projekte wie das US-Start-up Rivian, an dem auch der Onlinehändler Amazon beteiligt ist, lassen eine zunehmende Konkurrenz bei abgasfreien Transportlösungen vermuten.

Im vergangenen Jahr war der Anteil von rein elektrischen Fahrzeugen und Plug-Ins in der Pkw- und Van-Sparte Mercedes-Benz von zwei auf 7,4 Prozent gewachsen. Källenius rechnet damit, dass es in diesem Jahr eine erneute Steigerung auf rund 13 Prozent geben wird. Dazu sollen neben dem Kompaktwagen EQA vor allem die Plug-In-Hybride beitragen. "Unsere SUV sind praktisch ausverkauft", sagte Källenius mit Blick auf lange Lieferzeiten etwa für einen GLE mit Stecker. Die Attraktivität dieser Fahrzeuge werde mit der verbesserten Reichweite vor allem in Europa weiter zunehmen. "Damit lässt sich der elektrische Alltag fast für eine ganze Woche abdecken", so Källenius.

Auch in China würden sich nun Fahrzeuge im höheren Segment durchsetzen, nachdem die Elektromobilität zu Beginn vor allem von preisgünstigen Einstiegsmodellen getrieben worden sei. Neben dem EQC sollen auch EQA und EQB lokal produziert werden. Glücklos agiert Daimler allerdings mit dem Modell Denza, das aus einer Partnerschaft mit dem Hersteller BYD entstanden ist. Obwohl mit dem Denza X ein SUV-Modell an den Start gebracht wurde, blieben die Verkäufe mit 4175 Exemplaren im vergangenen Jahr bescheiden. "Die Investitionen sind gemacht, wir werden nun die weitere Entwicklung beobachten", sagte Källenius und ließ die Zukunft von Denza damit offen.

Ebenso unbestimmt äußerte sich Källenius zur Frage, wann Daimler denn komplett auf rein elektrische Fahrzeuge umstellen wolle. "Wir sind so aufgestellt, das dies auch schon 2030 möglich wäre", sagte Källenius. Dennoch gebe es auf vielen Märkten unterschiedliche Geschwindigkeiten. So hänge beispielsweise viel vom flächendeckenden Ausbau der Infrastruktur ab. Auch die Versorgung mit genügend Batterien bleibe eine Herausforderung. "Die Absicherung gegen vorübergehende Engpässe entlang der gesamten Lieferkette bis hin zu den Rohstoffen wird massive Investitionen erfordern", sagte Källenius.

Zuletzt war GM mit der Ankündigung vorgeprescht, bis zum Ende des Jahrzehnts keine Verbrennerfahrzeuge mehr bauen zu wollen. Daimler hatte bisher nur zugesagt, bis 2039 die gesamte Neuwagen-Flotte CO2-neutral anbieten zu wollen. Dies könnte aber beispielsweise auch mit synthetischen Kraftstoffen und Verbrennungsmotoren erreicht werden. Warum Daimler hier weniger konsequent als andere Hersteller ist, erklärte Finanzchef Harald Wilhelm: "Die Verbrennerautos sind Geldmaschinen, die uns die Brücke in die Zukunft schlagen."

Bei den Elektroautos wird es wohl noch einige Zeit dauern, bis diese ähnliche Margen bringen wie eine S-Klasse oder eine G-Klasse. "Wir werden die Kosten weiter reduzieren und die Margen verbessern", so Wilhelm. Analog zu den Verbrennern sei damit zu rechnen, dass ein Luxusauto wie der EQS schneller und mehr Gewinn abwerfe als ein Kompaktfahrzeug wie der EQA. Dennoch sollen trotz vieler neuer Wettbewerber und Kampfpreisen in allen Segmenten keine Abstriche bei der Qualität gemacht werden. Es gehe darum, dass auch ein Elektroauto sofort als echter Mercedes erkennbar sei. "Von Rabatten halte ich wenig, denn wir haben alle Zutaten, um erfolgreich zu sein", so Källenius.

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