Es war ein über Jahre vorbereitetes Mammutprojekt und hat den Daimler-Konzern viel Kraft und Geld gekostet. Mit der neuen Struktur von drei Aktiengesellschaften und dem Dach einer Holding will sich das Unternehmen schlagkräftiger aufstellen. Ein Börsengang ist dagegen zunächst nicht geplant. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten:
Wann tritt die neue Struktur in Kraft?
Auf der Hauptversammlung im Mai 2019 wurde die neue Konzernstruktur abgesegnet. Sie tritt zum 1. November in Kraft. Ab dann sind unter dem Dach der Holding Daimler AG die drei eigenständigen Sparten Mercedes Benz AG, Daimler Trucks AG sowie die Daimler Mobility AG versammelt. Während die Vans bisher dem Truck-Bereich zugeordnet waren, gehören sie künftig zur Pkw-Sparte. Ansonsten ändert sich an den Geschäftsfeldern aber relativ wenig. Die Dachgesellschaft soll "Governance-, Strategie- und Steuerungs-Funktionen wahrnehmen sowie konzernübergreifende Dienstleistungen erbringen". Dort arbeiten rund 6000 der weltweit rund 300.000 Mitarbeiter.
Was bedeutet dies für die Mitarbeiter?
130.000 betroffene Mitarbeiter des Daimler-Konzerns, der weltweit über 300.000 Beschäftigte hat, wechseln in die neuen Gesellschaften. Einen neuen Arbeitsvertrag gibt es nicht. Ihr bisheriger Mitarbeiterausweis verliert zum 1. Oktober seine Gültigkeit und wird gegen einen neuen eingetauscht. Gegen den Wechsel in die neue Struktur war ein Widerspruch möglich. In diesem Fall hätten die Beschäftigten aber auch die Vorteile eingebüßt. Dazu zählt beispielsweise der mit dem Betriebsrat ausgehandelte Beschäftigungspakt, der betriebsbedingte Kündigungen bis 2030 ausschließt. Nach Unternehmensangaben haben weniger als 0,5 Prozent der Belegschaft einen Übergang in die neue Konzernstruktur abgelehnt.
Was kostet die neue Konzernstruktur?
Für Daimler bedeutet die Neuordnung des Unternehmens einen erheblichen finanziellen Kraftakt. Auf der Hauptversammlung im Mai sagte Ex-Daimler-Chef Dieter Zetsche, dass mit einmaligen Kosten in Höhe von 700 Millionen Euro für die Umwandlung zu rechnen sei. So mussten beispielsweise sämtliche Bereiche und Tochtergesellschaften auf mögliche steuerliche Auswirkungen hin untersucht werden. Von 2020 an kommen laufende Kosten von maximal 170 Millionen Euro pro Jahr hinzu. Diese sollen sich jedoch mittelfristig auszahlen, weil das Unternehmen agiler und attraktiver für mögliche Partnerschaften werde.
Wie macht sich die Eigenständigkeit der Sparten auf Führungsebene bemerkbar?
Während die Daimler Mobility AG nur einen neuen Namen erhält und bisher schon als eigenständige Gesellschaft geführt wurde, müssen für die Mercedes-Benz AG und die Daimler Truck AG neue Gremien geschaffen und besetzt werden. So sitzen im Aufsichtsrat künftig jeweils zehn Vertreter der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer. Nicht verändert wurde die doppelte Führungsrolle des Konzernchefs. Wie Dieter Zetsche wird auch Ola Källenius Leiter des Konzerns und Vorstandschef der Mercedes-Benz AG in Personalunion sein. Zum Pkw-Bereich gehören acht Vorstände, bei den Nutzfahrzeugen sind es sieben. Sie wurden in der konstituierenden Sitzung der Aufsichtsräte zum 1. Oktober für eine erste Amtszeit bis 31. Oktober 2022 gewählt.
Was ist das Ziel der neuen Struktur?
Der Daimler-Konzern will sich mit der Neuordnung schlagkräftiger und agiler aufstellen. Aufsichtsratschef Manfred Bischoff sagt dazu: "Daimler hat den Anspruch, in der neuen Mobilitätswelt führend zu sein. Das verlangt ein Höchstmaß an Innovationskraft und Beweglichkeit, um auf Veränderungen schnell reagieren zu können." Die neue Struktur erweitere die Handlungsfähigkeit in einem dynamisch wachsenden Wettbewerbsumfeld, auch in Bezug auf Kapitalbeschaffung. Sie mache es möglich, besser auf Kunden- und Marktbedürfnisse reagieren zu können.
Ist ein Börsengang einzelner Sparten geplant?
Zwar betont der Daimler-Konzern immer wieder, dass ein Börsengang einzelner Sparten nicht vorgesehen ist. Allerdings dürfte dies nicht für die Ewigkeit gelten. Bereits auf der Hauptversammlung im Mai hatten Aktionärsvertreter einen Börsengang der Truck-Sparte gefordert. Als Vorbild dient dabei der VW-Konzern, der seine Lkw-Sparte Traton Mitte des Jahres an die Börse brachte. Richtig erfolgreich war dieser aber nicht. Die Papiere wurden zu 27 Euro und damit am unteren Ende der Preisspanne von 27 bis 33 Euro ausgegeben. Mit dem Börsengang wollte VW ursprünglich bis zu 1,9 Milliarden Euro erlösen, es flossen nur rund 1,5 Milliarden Euro in die Kasse. Seither ist der Kurs sogar auf unter 24 Euro gefallen.
Lesen Sie auch:
Neue Konzernstruktur: Mitarbeiter machen Weg frei
Das sind die Baustellen von Ola Källenius
Effizienzprogramm "Move": Daimler spart ohne Jobabbau