Herr Zink, nach der letzten Gewinnwarnung hat Vorstandschef Klaus Rosenfeld eine Kosten- und Kapitaldisziplin angemahnt. Wo setzt Schaeffler konkret an?
Unter anderem wollen wir genauer auf unsere Kapitalallokation schauen. Wir haben eine hohe lokale Wertschöpfungstiefe. Das ist gut so und da sind wir auch stolz drauf, aber wir haben dadurch natürlich auch eine hohe Kapitalbindung. Wir stellen uns also die Frage, wie teuer sind unsere Investitionen und wie komplex sind unsere Maschinen und Anlagen. Investieren wir richtig und investieren wir für das Richtige?
Müssen sich wegen der jüngsten Gewinnwarnungen die Mitarbeiter der deutschen Standorte Sorgen um ihre Arbeitsplätze machen?
Nicht aufgrund der jetzigen Themen wie WLTP und schwächeres China-Geschäft. Wir müssen aber noch über viele Jahre bei der E-Mobilität auf dem Gas bleiben und dürfen beim Verbrennungsmotor nicht bremsen. Das wird auch noch in den nächsten Jahren die Finanzzahlen belasten. Es muss sich aber keiner deswegen um seinen Arbeitsplatz Sorgen machen. Die derzeitige Krise führt aber dazu, dass wir den ein oder anderen Stein umdrehen.
Sehen Sie ein Ende des Tunnels beim schwächelnden chinesischen Markt?
Ich sehe, dass da ein Tunnel ist und kein schwarzes Loch. In den vergangenen Jahren war das letzte Quartal des Jahres immer ein gutes. Da hat sich jeder dran gewöhnt. Doch in diesem Jahr ist das anders. Ich würde das nicht überbewerten, aber das Kaufverhalten der Chinesen ist derzeit geschwächt. Dinge wie der Handelskonflikt mit den USA haben für eine Verunsicherung gesorgt. Dadurch gelingt es auch nicht, Kaufkraft in die Städte außerhalb der Megacitys zu bringen. Ich glaube aber, dass von staatlicher Seite Programme aufgelegt werden. Die werden vielleicht behutsamer kommen als in der Vergangenheit, was aber zu begrüßen ist, da sie dann nicht wieder so schnell verpuffen.
Wann erwarten Sie eine Erholung in China?
Ich denke, dass es noch bis ins zweite Quartal 2019 dauern wird, bis sich die Dinge wieder normalisieren. Generell sehe ich aber keine Abkehr vom Wachstumstrend in China. Sicherlich werden die Zuwächse an Fahrzeugen etwas degressiver verlaufen, aber im Land gibt es immer noch viel Bedürfnis nach Mobilität. Ich bin davon überzeugt, dass sich das wieder dreht.
Schaeffler hat das Zukunftsprogramm 2017 mit 160 Millionen Euro belastet. Wir stark wird sich das 2018 auswirken?
Wir gehen von einem Wert in einer ähnlicher Größenordnung wie in 2017 aus. Das Programm mit seinen 20 Initiativen ist uns heilig.
Welche Bedeutung hat bei Ihnen das Thema Wasserstoff?
Wir schauen uns das Thema Brennstoffzelle und Wasserstoffantrieb an, aber wir beobachten das nicht so intensiv wie den E-Antrieb. Wir richten unseren Blick eher nach Japan, wo das Thema sehr intensiv und auch professioneller diskutiert wird. Nicht nur für Anwendungen im Automobil, sondern auch im Haushalt oder stationär.
Ein Hoffnungsträger für Schaeffler sind E-Achsen. Wie entwickelt sich das Geschäft?
Wir haben schon mehrere Aufträge für E-Achsen erhalten. Primär geht es dabei um mechanische Anteile, also E-Getriebe für E-Achsen. Beispielsweise liefern wir für den Audi E-tron Getriebe für die Vorder- und Hinterachse. Dadurch sind wir Getriebehersteller geworden. Zudem haben wir jetzt zwei E-Achsen in China im Markt und arbeiten an einigen Projekten für Hybridstrukturen sowie rein elektrisches Fahren. Aber da befinden wir uns noch in der Projektphase.
Durch einen Zukauf haben Sie sich die Drive-by-Wire-Technologie von Paravan ins Haus geholt. Welche Rolle will Schaeffler künftig beim autonomen Fahren spielen?
Auf jeden Fall wollen wir im Chassis-Bereich bei der Drive-by-Wire-Technologie mitspielen. Im Chassis kommen wir mit unseren Lagern eher aus der Mechanik. Mit dem Wankstabilisator haben wir schon die ersten mechatronischen Produkte in den Markt gebracht. Wir denken aber auch über Hinterachslenkungen und andere mechanische Produkte bis hin zu kompletten by-Wire-Lenkungen für autonom fahrende Autos nach. Da wird uns die schon im Feld erprobte Technologie von Paravan helfen. Wir haben auf dem Schaeffler-Symposium mit dem Schaeffler Mover schon ein sogenanntes Rolling Chassis inklusive Radnabenantrieb und 90-Grad-Lenkung gezeigt. Mit etwas Phantasie kann man sich also ein Komplett-Chassis von Schaeffler vorstellen.
Sind auch Fahrzeuge von Schaeffler denkbar?
Das lasse ich mal offen. Es wird aber künftig nicht nur die etablierten Fahrzeughersteller geben, sondern es erschließen sich auch für andere Anbieter neue Chancen in neuen Märkten und neuen Städten. Wir glauben jedenfalls, dass wir mit der Paravan-Akquisition dafür eine gute Grundlage geschaffen haben.
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