"Cybersicherheit gelingt nur gemeinsam"

"Nur Einigkeit macht stark", mit dieser vermeintlich simplen Wahrheit schärfte Infineon-Automotiv-Präsident Peter Schiefer bei den rund 180 Teilnehmern der Automobilwoche Konferenz im Münchener Airport Hilton Hotel den Blick für das Thema Cybersicherheit im Zeitalter von autonomem und vernetztem Fahren.

"Autos sind digitale Computer auf vier Rädern. Vernetzung bedingt auch Ausfallsicherheit, denn niemand wird sich in ein autonomes Fahrzeug setzen, dem er nicht vertraut", macht es Schiefer anschaulich.

Infineon bringe das nötige Handwerkszeug mit, um dazu seinen Beitrag in der Autoindustrie zu leisten. Der Chipkonzern blickt auf über 30 Jahre Kompetenz beim Thema Datensicherheit zurück. "In ihrem Reisepass oder ihrer Kreditkarte ist mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Sicherheitschip von Infineon", so Schiefer an die Zuschauer. Gleichzeitig mache der Konzern bereits über 40 Prozent seines 7,6 Milliarden Euro schweren Umsatzes mit Mikrochips fürs Auto.

"Wir können unsere Erfahrungen aus dem Geschäft mit der Autoindustrie mit unserer Kompetenz aus dem Bereich Datensicherheit kombinieren", warb Schiefer für sein Unternehmen. Weltweit ist Infineon mit Mikrochips fürs Auto bereits die Nummer zwei.

Gehe man - wie Studien nahelegen - davon aus, dass bereits 2025 rund acht Millionen vollelektrische und rund 100 Millionen vernetzte Fahrzeuge auf den Straßen unterwegs sein werden, sei klar, wie wichtig entsprechende Sicherheitsvorkehrungen seien.

"Stellen Sie sich vor, ihr Auto wird bei 180 auf der Autobahn gehackt, das Car-BUS-System mit Daten geflutet. Oder Sie fahren auf Serpentinen und Hacker legen die Lenkung und den Notsicherheitsassistenten lahm. Das sind Situationen, die möchte man sich eigentlich nicht vorstellen", malte Schiefer dramatische Szenarien aus.

Vernetzung vergrößere die potenziellen Angriffsflächen des Fahrzeugs nach außen. Bei CAN-BUS-Systemen im Fahrzeug gibt es weder eine physikalische noch hierarchische Trennung. Die Folge: Hacker können, sind sie erstmal drin, auf alle Systeme zugreifen. "Und Autos werden als Ziel lukrativer", mahnte Schiefer. Beispiel: Shared Mobility. Einmal gehackt haben Kriminelle Zugriffe auf Tausende Bank- und Kreditkarten.

Er gab auch zu bedenken: "2019 entwickelte Autos fahren noch 2040 - Angreifer haben sehr viel Zeit, ihre Systematik und Angriffe zu verbessern."

Daher arbeitet Infineon schon jetzt an der so genannten Postquanten-Kryptographie, Technologien also, die selbst beim Einsatz von Quantencomputern noch sicher sein sollen. Die "Supercomputer" würden mit hoher Wahrscheinlichkeit nämlich heute sichere Verschlüsselungsalgorithmen in zehn bis 20 Jahren knacken können. Andere Ansätze seien die Blockchain-Technologie.

Schiefer mahnte eindringlich: "Sicherheit ist eine Thematik, an der alle Beteiligten der Autoindustrie gemeinsam arbeiten müssen. Und sie ist ein fortlaufender Prozess."

Als größte Herausforderung nannte Schiefer die notwendige Agilität, um Hackern immer einen Schritt voraus zu sein. "Das ist ein Wettlauf ohne Ziellinie", so Schiefer.

Er freue sich, dass klassische Elektronikarchitekturen heute schon aufgebrochen würden und durch Domänen-Systeme ersetzt würden. "Ein zentrales Gateway lässt sich gut schützen. Gut, dass schon einige Hersteller in diese Richtung arbeiten."

Grundsätzlich blieben die Prinzipien der Datensicherheit auch im Zeitalter von autonomen, vernetzten Fahrzeuge bestehen:

• Schutz vor Angriffen (Vermeiden)
• Wachsamkeit - schnell erkennen können, dass ein Angriff vorliegt
• Maßnahmen ergreifen - Update, Algorithmus oder Sicherheitssystem komplett ersetzen

Als fünf Pfeiler der Cybersecurity definierte er:

1. Standardisierung
2. Agilität
3. Transparenz - also das öffentliche zur Verfügung stellen von Algorithmen, um Sicherheitslücke zu erkennen und sie robuster zu machen
4. Die Elektronikarchitektur (Domänen-Architektur)
5. Hardware-basierte Sicherheit.

Sein Fazit: Autos der Zukunft werden elektrisch, autonom, vernetzt. Basis für sicheres Fahren ist Cybersicherheit. Das bringe einen Paradigmenwechsel mit sich, nämlich dass Autos auch in den Jahren nach ihrem Verkauf noch upgedatet und verändert werden müssten - vor allem softwareseitig über Over-the-air-Updates, aber auch über Hardware-Updates. Schiefer sprach sich explizit für einen "TÜV" für Cybersicherheit aus, für einen gemeinsamen Industriestandard und Zertifizierungen.

"Das ist eine Chance für die europäische Autoindustrie. Wir sind stark auf dem Gebiet und sollten das weiter ausbauen."

Könnte autonomes Fahren an Cyberkriminalität scheitern - will ein Zuhörer wissen. Schiefer ist zuversichtlich: "Nicht, wenn wir die Technologie, die wir heute schon haben, konsequent einsetzen und weiter in Cybersicherheit investieren."

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