Meine fünf Highlights auf der CES 2023

Auf dem riesigen Messegelände im Norden von Las Vegas, in den gewaltigen Hotel- und Casino-Komplexen überall in der Stadt entlang des Las Vegas Strips, nicht zuletzt in den vielen, eigens errichteten Pavillons direkt vor dem CES-Gelände. Zu sehen gab es auf der Technologiemesse CES so einiges. Der Automotive-Bereich erstreckte sich auf zwei ganze Hallenbereiche. Von Top-OEMs, wie BMW und Mercedes, bis hin zu ukrainischen Start-Ups war eine große Bandbreite an Unternehmen vertreten.

Aber was waren die Hingucker auf der Messe? Automobilwoche-Reporter Lennart Wermke war vor Ort und zieht hier sein persönliches Fazit mit fünf Highlights – und einem großen Ärgernis.

Über die Keynote von BMW-Chef Oliver Zipse am Vorabend des ersten Messetages ist bereits viel berichtet worden. Meist stand dabei die vorgestellte Studie "Dee" und die gelungene Inszenierung rund um Hollywood-Star Arnold Schwarzenegger im Vordergrund. Was mir persönlich bei der Show im Pearl Theater aber am Meisten Spaß gemacht hat: Die E Ink Technologie von BMW kann jetzt nach schwarz und weiß, vorgestellt auf der CES im letzten Jahr, zukünftig schon 32 Farben darstellen. Auch, wenn die farbwechselnden Folien auf der Karosserie noch viel zu teuer und viel zu aufwändig in der Produktion für eine echte Serienfertigung sind, die Idee gefiel mir schon im vergangenen Jahr gut und es ist nett zu sehen, dass das Team um Stella Clarke seine Vision vom je nach Lust und Laune farbwechselnden Auto so konkret weiterverfolgt. Nur eine Frage bleibt da für mich unbeantwortet: Was trägt man eigentlich in den Fahrzeugschein ein, wenn zukünftig das Auto mal schwarz, mal weiß, mal rot und mal grün sein kann? Vielleicht ist das aber auch wieder ein zu typisch deutscher Gedanke...

Auch hier: Eigentlich nur eine kleine Ankündigung im Rahmen der CES-Pläne der Stuttgarter. Der öffentliche Fokus in der Berichterstattung lag mehr auf dem eigenen Ladenetzwerk für Nordamerika und dem ausgestellten Visionsfahrzeug EQXX auf dem Mercedes-Stand. Ich hatte bei der CES aber die Möglichkeit, die neue Zusammenarbeit mit Dolby und Apple Music zur Dolby-Atmos-Technologie selbst zu erleben. Mercedes bietet seinen Kunden zukünftig ein Soundsystem mit bis zu 39 Lautsprechern an, um Musik im Auto mit der Dolby-Atmos-Technologie zu erleben. Partner Apple Music digitalisierte dafür eigens Teile seines Musik-Angebots neu, um die Klangqualität für den opulenten Sound im Fahrzeug zu schaffen. Bei meiner Demo platzierten mich Mercedes und Dolby auf dem Rücksitz eines Maybachs mit Burmeister-Soundsystem und drehten dann den Sound auf. Das Ergebnis war spektakulär und hebt Musik im Auto definitiv auf ein neues Level. Was mir besonders gut gefallen hat: Laut Mercedes sind monatliche Abo-Angebote für die Dolby-Atmos-Technologie aktuell nicht in Planung und meinen Einwand, dass Teile des guten Sounds nur in dem sündhaft teuren Maybach mit seinem opulenten Innenraum zur Geltung kommen, wischten die Mercedes-Ingenieure beiseite. Angeblich würde die Musik in einem kleinen Smart kaum schlechter klingen. Na dann, Ohren auf...

Wenn es zuletzt in der automobilen Berichterstattung um Solar-Autos ging, waren es meist Negativ-Schlagzeilen. Auf der CES hatte ich die Möglichkeit, mir das zweite Modell von Sono-Rivale Lightyear anzusehen, das erst im Sommer öffentlich präsentiert werden wird. Die Holländer von Lightyear hatten das Fahrzeug in einem abgeschirmten Bereich stehen, zeigten auf dem Stand öffentlich nur den superteuren Lightyear 1, der seit November in Finnland bei Valmed in Serie gefertigt wird. Ich persönlich glaube nicht daran, dass Autos mit Solarzellen in zehn Jahren einen großen Volumenmarkt prägen werden. Aber die Technologie an sich, also zusätzliche Reichweite aus Solarzellen auf dem Fahrzeug zu generieren, hat mehr Potential als aktuell noch ausgeschöpft wird. Was zudem sehr angenehm war: Das Lightyear-Team nahm sich sehr viel Zeit für mich und diskutierte offen und ohne Scheuklappen über ihr zweites, noch geheimes, Modell, was perspektivisch einmal für rund 40.000 Dollar zu haben sein soll. Ob Lightyear am Ende mehr Erfolg haben wird als Sono, vermag ich noch nicht zu beurteilen. Aber zumindest scheint die junge Firma mit ihren Konzepten auf dem richtigen Weg zu sein.

Der französische Zulieferer hatte auf seiner CES-Pressekonferenz ein System im Gepäck, das zukünftig Bewegungen von gefährdeten Verkehrsteilnehmern wie Fußgängern, Radfahrern oder Bauarbeitern entlang der Straße antizipieren soll. Vereinfacht gesagt sollen Fahrassistenzsysteme so irgendwann einmal nicht erst reagieren, wenn ein Mensch unvermittelt vor das Fahrzeug läuft, sondern schon vorher, wenn es zu passieren droht. Ob das auf künstlicher Intelligenz basierende "Pantomime"-System dies wirklich zu leisten vermag, ließ sich auf der CES noch nicht überprüfen. Zunächst einmal wurde die Technologie ja nur angekündigt. In Diskussionen mit anderen Journalisten kamen wir in Las Vegas aber nach der Ankündigung mehrfach auf "Pantomime" zu sprechen. Potenziell könnte eine serientaugliche Version dieser Software ein riesiger Beitrag zur Verkehrssicherheit sein. "Pantomime" von Valeo sollte man im Blick behalten.

Im Rahmen der Messe konnte ich auch mit Qualcomms Mark Granger sprechen, der für das automobile Produktmanagement des Halbleiterherstellers verantwortlich ist. Er sagte mir, aus Sicht seines Unternehmens sei das leidige Thema des Halbleiter-Mangels in der Fahrzeugproduktion in diesem Jahr endgültig abgehakt. Eine so optimistische Prognose hatte ich von einem fundierten Kenner des Marktes in der Chip-Produktion offen gesagt noch nicht erwartet. Doch seine Aussage war schnell und eindeutig: "Es wird sicher einige Komponenten geben, bei denen es punktuell mal Probleme gibt, aber insgesamt setzen wir alle Segel, um 2023 wieder durchzustarten." Das dürften alle OEMs, Zulieferer und Autohändler sicherlich erfreut zur Kenntnis nehmen.

Wohin man auf der CES auch blickte: Elektromobilität und Nachhaltigkeit standen eigentlich überall im Fokus. Dass das der richtige Weg ist, ist in der Branche längst unstrittig. Umso absurder war dagegen, was sich dem Messebesucher nur wenige Meter abseits des Kongressgeländes für ein Bild bot: Die Unterhaltungs-Metropole Las Vegas verfügt tatsächlich über keinen ernsthaft nutzbaren öffentlichen Personennahverkehr. Zwar gibt es eine Einschienenbahn, die das Kongressgelände mit den Hotelkomplexen zentral am Las Vegas Strip verbindet, doch der Fahrpreis von fünf Dollar (!) pro Einzelfahrt zeugt eher davon, dass die Bahn eine Touristenattraktion und kein sinnvoll nutzbares Nahverkehrs-Angebot ist. Las Vegas bleibt eine reine Autostadt. Das alleine wäre nicht das Problem, aber die über 100.000 Messebesucher ausschließlich mit (Verbrenner)-Bussen und privaten Rideshare-Angeboten durch die Stadt zu befördern, konterkariert den Nachhaltigkeitsansatz der Messe ebenfalls komplett. Daran ändern auch die vereinzelten Teslas im Straßenbild nichts. Ich hätte mir gewünscht, dass die CES-Veranstalter von der CTA den generellen Trend der Branche auch bei ihren Shuttles, Transport-Angeboten und Nahverkehrskonzepten für die Messe stärker mit berücksichtigen. Die IAA in München hat letztes Jahr mit der "Blue Lane" einen Schritt in diese Richtung gewagt und damit aus meiner Sicht richtig gelegen. Nachhaltigkeit und emissionsfreie Mobilität endet nicht schon auf den Parkplätzen des CES-Kongressgeländes. Jedenfalls, wenn man es damit wirklich ernst meint...