In seinem ersten Leben hatte Marcel Fickler zu roten Ampeln ein eher distanziertes Verhältnis. Denn für einen Trucker gibt es kaum etwas Schlimmeres als das permanente Stop-and-Go. Beim Anhalten zischt es lautstark und die ganze Kabine ruckelt, und wenn es dann endlich grün wird, dauert es ewig, bis die Fuhre wieder Fahrt aufnimmt. Doch seit der Mercedes-Werksfahrer auf dem Bock des elektrischen Actros sitzt, sehnt er sich förmlich nach roten Ampeln. Denn leise und ohne das leidige Zischen bleibt der Dreiachser an der Ampel stehen–und wenn sie grün wird, fühlt sich Fickler eher wie in einem AMG als in einem Actros, so imposant ist seine Beschleunigung. Zumindest, wenn man die 14 Tonnen bedenkt, die der Actros schon leer auf die Waage bringt. Von den noch einmal fast so vielen Tonnen, die an Ladung möglich sind, ganz zu schweigen.
War dieses Fahrgefühl bislang nur ausgewählten Pilotkunden vergönnt, die in den vergangenen Jahren mit einer Flotte von mehreren Dutzend sogenannten Innovationsträgern bereits über eine halbe Million Kilometer abgespult haben, können es bald mehr Trucker erleben. Denn in diesen Tagen beginnt in Wörth die Serienproduktion des leisen Riesen, und Mercedes dreht nach seinen Pkw nun auch den Lastern allmählich den Triebstoff ab: "Wir müssen anerkennen, dass Transport ein Teil des Problems ist, wenn es um den Klimawandel geht", räumt Karin Radström ein. Doch ist die Chefin der Trucksparte überzeugt, dass Laster auch ein Teil der Lösung sein können – und macht mit dem eActros jetzt den Anfang.