Der Bosch-Konzern will noch in diesem Jahr darüber entscheiden, ob er in die industrielle Fertigung von Batteriezellen auf Basis der Lithium-Ionen-Technologie einsteigt. Gemeinsam mit dem japanischen Unternehmen GS Yuasa entwickle man Zellen, die sich in der Leistung deutlich von den Wettbewerbern abheben würden. "Wir brauchen genügend technischen Abstand, sonst macht es keinen Sinn", sagte Bosch-Chef Volkmar Denner vor Journalisten in Stuttgart. Dazu gehöre auch der Fertigungsprozess, um ein schnelles Kopieren zu verhindern. Klar sei, dass man auch besser sein werde als die Zellen aus der Gigafactory von Panasonic und Tesla. Die Investition sei "größer als Solar", so Denner. Deshalb werde man den Schritt genau abwägen müssen. Bosch hatte vor Jahren massiv in die Entwicklung und Produktion von Solarzellen investiert, letztlich aber Milliarden verbrannt, weil die Zellen in Asien deutlich günstiger gefertigt werden konnten.
Bosch hat große Hoffnungen
Die Nationale Plattform Elektromobilität (NPE) rechnet in ihrer Roadmap zum Aufbau einer Zellfertigung in Deutschland mit Kosten in Höhe von rund 1,3 Milliarden Euro für eine Fabrik, die rund 350.000 Pkw pro Jahr mit Batteriezellen versorgen könnte. Für Bosch wäre allerdings klar, dass bei einem Einstieg in die Technologie in der Folge viele Fabriken gebaut werden müssten, um den Weltmarkt zu versorgen. Volkmar Denner machte zudem deutlich, dass die Standort-Entscheidung wohl zugunsten des Auslands fallen würde. "Wenn man sich anschaut, wo die asiatischen Produzenten von Batteriezellen ihre Fabriken in Europa bauen, dann ist das nicht Deutschland." Samsung und LG Chem hatten jüngst entschieden, in Polen und Ungarn Produktionsstätten für Lithium-Ionen-Batterien zu errichten. Wichtigeres Kriterium als die Personalkosten seien die Energiekosten, ergänzte Rolf Bulander, Chef der Sparte Mobility Solutions.
Die Forschungen an der Batteriezelle seien Teil der Bemühungen, der Elektromobilität zum Durchbruch zu verhelfen. Man investiere pro Jahr 400 Millionen Euro in die Elektromobilität. Inzwischen seien 30 Serienprojekte für deutsche wie internationale Kunden realisiert – etwa auch im chinesischen Markt, der als führend gilt bei Elektrofahrzeugen. Mit Motor, Leistungsmanagement und Batterie besetze man alle Schlüsselkomponenten. Die Überlegungen zur Zellfertigung sind aber auch Ausdruck dessen, dass die Automobilhersteller die Batterien in der Mehrzahl selbst produzieren. "Da müssen wir schauen, wie groß der Kuchen für Zulieferer überhaupt ist", so Denner. Der Bosch-Chef rechnet allerdings damit, dass noch im Jahr 2025 rund 85 Prozent der produzierten Fahrzeuge einen Verbrenner an Bord haben.
Der Bosch-Konzern ist im Jahr 2016 weiter gewachsen. So hat der Umsatz von 70,6 auf 73,1 Milliarden Euro zugelegt, ein Plus von 3,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Bereinigt um den Wechselkurs wäre das Wachstum mit 5,4 Prozent noch stärker ausgefallen. "Trotz der ungünstigen Rahmenbedingungen haben wir 2016 unsere Wachstumsprognose erreicht", so Denner. Der operative Gewinn lag bei rund 4,3 Milliarden Euro – nach 4,6 Milliarden Euro im Vorjahr. Nicht eingerechnet sind hier Sondereffekte wie beispielsweise der angestrebte Vergleich in Höhe von 300 Millionen Euro zur Abwehr von Zivilklagen in den USA in der Folge des VW-Dieselskandals. "Die abschließende Bewertung der Rückstellungen werden wir im Rahmen der Erstellung des Konzernabschlusses vornehmen", so Finanzchef Stefan Asenkerschbaumer.
Die mit Abstand größte Sparte ist der Bereich Mobility Solutions. Hier stieg der Umsatz um 5,5 Prozent auf 44,0 Milliarden Euro, während die Automobilproduktion weltweit nur um 3,5 Prozent gewachsen sei. Treiber des Umsatzes waren Assistenzsysteme, Benzineinspritzsysteme und Infotainmentsysteme. Auch mit den Geschäften rund um den Diesel sei man zufrieden. Abgesehen von den üblichen Schwankungen sei hier kein nennenswerter Rückgang zu verzeichnen, so Rolf Bulander. Mit der neuesten Abgasreinigung könne der Diesel alle Emmissionsanforderungen erfüllen und sei nach wie vor konkurrenzfähig. Vor allem beim für die Feinstaubbelastung maßgeblichen Ausstoß von Partikeln sei der Diesel dem Benziner derzeit überlegen. Denner kritisierte deshalb auch die Diskussion um Einfahrverbote in die Städte. Diese müsse wieder mehr faktenbasiert sein. "Es geht doch um die Gesundheit der Menschen, mit dem Ausschluss von Dieseln ist aber nichts erreicht."
Die Zahl der Bosch-Mitarbeiter ist im vergangenen Jahr um 15.000 auf 390.000 weltweit gestiegen. Einstellungen erfolgten vor allem im asiatisch-pazifischen Raum sowie in Mittel- und Osteuropa. Auch in Deutschland erhöhte sich die Zahl der Mitarbeiter um 2100. Gesucht wurden vor allem Software-Ingenieure. Auch in diesem Jahr soll der Personalaufbau weitergehen. So hat sich Bosch etwa mit dem jüngsten Erwerb des Entwicklungsdienstleister ITK 900 Software-Ingenieure gesichert. 300 Millionen Euro investiert das Unternehmen bis 2021 außerdem in ein neues Forschungszentrum für künstliche Intelligenz. An den Standorten Bangalore (Indien), Palo Alto (USA) und in Renningen sollen zunächst rund 100 Experten an dem Thema arbeiten. In den nächsten vier Jahren soll sich diese Zahl vervielfachen. Bereits in fünf Jahren sollen laut Denner Produkte mit künstlicher Intelligenz zehn Prozent des Umsatzes von Bosch ausmachen.
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