Herr Breitfeld, Sie wollen sich von der Konkurrenz vor allem durch die Vernetzung abheben. Können Sie dafür konkrete Beispiele nennen?Unser Geschäftsmodell basiert nicht da-rauf, Autos zu verkaufen. Da liegen die Margen der Massenhersteller bei fünf Prozent, bei zehn Prozent, wenn Sie gut sind. Dafür braucht man kein neues Unternehmen. In Zukunft wird es relevant sein, ein Auto –nach dem Vorbild der Smartphone-Industrie – als Plattform zu verwenden und damit Verkaufskanäle zum Kunden zu -eröffnen. Da kann man Services rund ums Auto anbieten, etwa im Aftersales.
Und Angebote, die nicht autobezogen sind?
Wenn das Auto die Vorlieben bei Restaurants kennt, kann es auch einen Tisch beim Italiener reservieren. Das ist ein Zusammenführen von Informationen. Die Leute suchen immer nach den Killer-Applikationen. Die Killer-Applikation wird es aus meiner Sicht gar nicht geben. Es geht eher darum, Dinge, die man heute schon machen kann, handhabbar zu machen.
Öffnen Sie Ihre Plattform für Dritte, die Services wie die Restaurantsuche anbieten?
Genau. Es gibt in unserer Firma drei Kompetenzlevel. Wir haben zuerst ein Team aufgebaut, das Autos macht. Das haben viele versäumt. Autos machen ist nicht einfach, deswegen haben wir ein paar sehr gute Leute und ein starkes Team gebaut, das Autos entwickeln und industrialisieren kann.
Und das zweite Kompetenzlevel?
Ein Team für die User-Experience. Das kann man nicht mit Auto-Leuten machen. Dafür habe ich einen Manager geholt, der bei Apple Notebooks entwickelt hat.
Die dritte Kompetenz?
Das Ökosystem. Wir sind dabei, dieses Team massiv auszubauen. Man darf nicht in die Falle laufen, das alles selbst machen zu wollen. Im Wesentlichen geht es darum, attraktive Partner zu finden, mit ihnen Verträge zu machen, ihnen Schnittstellten zu öffnen, um ihre Angebote in unser Ökosystem zu bringen. Das ist die Kernkompetenz. Wir wollen Services verkaufen und letztlich Mobilitätsanbieter werden. Da sehe ich das größte Geschäft. In zehn Jahren werden wir mehr als die Hälfte unseres Umsatzes und des Gewinns mit der Mobilität machen.
Bislang haben Mobilitätsanbieter wie Uber nicht den Durchbruch geschafft.
Der Durchbruch bleibt noch aus, weil die Nutzererfahrung sehr überschaubar ist. Es kommt ein Auto mit fünf Sitzen, man sitzt irgendwo, vielleicht riecht es komisch. Es fühlt sich nicht wie das eigene Auto an. Das Smartphone lässt sich nicht koppeln, man kann nicht die eigene Musik hören. Man sitzt nur drin und wird transportiert. Wenn man aber wie wir große Bildschirme hat, eine schnelle Internetverbindung und alles per Software macht, kann man das Auto an den Benutzer anpassen. Wir haben im Auto eine Kamera zur Gesichtserkennung. Der Nutzer wird erkannt, und wenn er es will, ist sein Profil in der Cloud gespeichert. Nicht nur die Sitzposition, auch die Telefonnummern, Musik und Videos. Egal welchen Byton Sie auf der Welt fahren, er erkennt Sie und lädt Ihre Konfiguration. Dann ist es Ihr Auto. Das ist aus meiner Sicht die Durchbruchs-Technologie für Shared Mobility.
Also werden Sie ein Shared-Mobility-Angebot starten?
Das ist unsere Zielsetzung. Unser M-Byte ist für diesen Ansatz konfiguriert. Es ist aber immer noch ein Fünfsitzer oder Viersitzer, weil es quasi ein Hybrid ist. Er wird gekauft oder geleast, und da wollen die Kunden fünf Sitze für den Fall, dass sie mal fünf Sitze brauchen, auch wenn sie meistens alleine fahren. Wir werden den M-Byte in Flotten verwenden.
Ähnlich, wie es auch Link & Co plant?
Genau. Ein Fahrzeug, das von Beginn an fürShared-Flotten entwickelt wird, würde völlig anders aussehen. Bei Uber oder Didi sitzt zu 65 oder 70 Prozent nur ein Mensch im Auto. Deswegen entwickeln wir im Moment in unserem Future Lab in Los Angeles eine weitere Plattform, explizit für Shared Mobility. Es gibt ein Fahrer-Modul, das man gegen einen Computer austauschen kann. Es fährt also mit und ohne Fahrer. Ansonsten gibt es nur Platz für -einen Passagier. Das ist aber dann wie in der ersten Klasse eines Flugzeugs. Und die Konfiguration lässt sich auch für zwei -Passagiere anpassen, dann etwas eingeschränkt, aber noch extrem komfortabel.
Sollen die Fahrzeuge der neuen Plattform etwa an Uber verkauft werden, oder betreiben Sie die Flotte selbst?
Das machen wir dann schon selber, aber final entschieden ist es noch nicht. Wir können alles komplett alleine machen, was vom Geschäftspotenzial her sehr attraktiv ist, aber sehr viel Investition und Zeit erfordert. Daher könnten wir uns überlegen, ein Start-up zu kaufen. Und auch Uber und Didi werden irgendwann verstehen, dass sie Partner brauchen, die ihnen Produkte verkaufen. Sie selbst kriegen es nicht hin. Dann könnte man auch über Partnerschaften und Joint Ventures nachdenken. Wir werden auf -jeden Fall Teil des -Geschäfts mit der Mobilität werden und kein Verkäufer von Hardware.
Wann werden Ihre Autos in Shared-Mobility-Flotten unterwegs sein?
Ich gehe davon aus, spätestens in fünf -Jahren. Wir werden aller Voraussicht nach in Las Vegas auf der CES nächstes Jahr ein Konzept dazu zeigen, wie das aussehen könnte.
Der junge chinesische Autobauer Nio ist gerade an die Börse gegangen, ist das auch für Sie ein Thema?
Klar ist das ein Thema. Im Moment sind wir noch sehr gut unterwegs mit Private Equity und werden eine weitere Finanzierungsrunde nächstes Jahr fahren, bevor wir in die -Produktion gehen. Im Moment gibt es für -einen Börsengang daher noch keinen konkreten Plan.
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