Herr Petit, Sie wollen mit Ihrem Lidarsystem in die Großserie. Welche Schwerpunkte setzen Sie dabei?
Wir fokussieren uns ganz stark auf den Bereich Automotive und sehen zwei große Themen. Das eine sind die Robo-Taxis. Ein spannendes, aber aktuell noch nicht so volumenträchtiges Feld. Das andere ist der Großserienmarkt mit den verschiedenen ADAS-Systemen. Wir haben hier vor allem Fahrfunktionen der Level 2+ bis Level 4 im Blick und zwar bestimmte Anwendungsfälle wie beispielsweise die Autobahnfahrt. Level 2+ Funktionen werden heute schon millionenfach verbaut. Wenn sich die Automobilindustrie dann in Richtung Level 3 oder 4 bewegt, entsteht ein Riesenmarkt. Das ist der Markt wo wir hinwollen und wofür unsere Technik auch am geeignetsten ist.
Wann könnten ihre Systeme in einem Fahrzeug verbaut werden?Wir arbeiten an solchen Projekten, aber das dauert natürlich. Solche Projekte sind über einen Zeitraum von drei bis vier Jahren immer langfristig angelegt.
Wenn Sie von Großserie sprechen, welche Stückzahlen meinen Sie damit?Wenn ich mir die Serien bei den europäischen Fahrzeugherstellern anschaue bin ich schnell bei Hunderttausenden pro Jahr. Über den Lebenszyklus der Fahrzeuge gerechnet werden da Millionenstückzahlen erreicht.
Wie viele ernstzunehmende Anbieter im Bereich Lidar sehen sie?Sicherlich eine ganze Reihe. Die Frage ist aber, für was sich die Systeme eignen. Automotive hat sehr spezielle Herausforderungen. Vor allem geht es hier um die hochvolumige Fertigung. Es geht um eine Qualifizierung der Bauteile. Es geht darum, auch das millionste Gerät immer noch perfekt zu machen. Es geht also um Qualität. Das ist eine Nische, für die nicht alle Lidars geeignet sind. Es gibt vielleicht eine Handvoll von Anbietern die das können. In unserem Fall ist so, dass wir uns bei unseren Fertigungsprozessen sehr stark an denen von Kameras für den Automotivebereich anlehnen. Diese Prozesse sind heute schon sehr etabliert und die Kameras werden in hohen Stückzahlen produziert. Aber es geht auch darum Komponenten einzubauen, die wie bei uns mit einem sogenannten MEMS-Spiegel auf Siliziumbasis hergestellt werden. Wir glauben, dass unsere Bauteile besonders gut für Automotive-Anwendungen geeignet sind, weil wir solche MEMS hochvolumig fertigen können.
Wie viel darf ein Lidarsystem kosten?Wir rechnen mit niedrigen bis mittleren dreistelligen Euro-Preisen für den Einstiegsmarkt. Wir sind davon überzeugt, dass ein solcher Preis für ein Lidarsystem machbar ist. Dazu können dann je nach Anforderung noch eine Vielzahl anderer Sensoren kommen.
Wollen Sie in die Fertigung selbst einsteigen?Nein, wir sehen uns als Technologieprovider. Das heißt, wir entwickeln die Technologie, wir bauen davon Prototypen und wir entwickeln die dazugehörigen Fertigungsprozesse. Für die hochvolumige Fertigung gibt es dann darauf spezialisierte Firmen, derer wir uns bedienen.
Welche Vorteile sehen Sie im Standort München gegenüber dem Silicon Valley?Wir müssen schon zugeben, dass das Silicon Valley im digitalen Bereich heute extrem stark ist. Nur, bei Automotive geht es auch noch um andere Themen. Es geht vor allem darum, qualitativ hochwertige Mechanik- und Elektronikbauteile zu fertigen. Diese Kompetenz gibt es in der Dimension wie sie es hier vor allem in Mitteleuropa gibt im Silicon Valley nicht. Wir können hier auf ein Ökosystem zurückgreifen, das aus Fahrzeugherstellern, großen Zulieferern, Mittelständlern und kleinen Unternehmen die als verlängerte Werkbank dienen, besteht. Das ist ein gigantisches Ökosystem mit Millionen von Arbeitsplätzen und ein großer Standortvorteil für uns.
Gibt es neben dem Automobil weitere Bereiche, wo ihre Technologie von Interesse sein könnte?Ja. Wir beschäftigen uns auch mit Anwendungen in den Städten. Wenn es beispielsweise darum geht, Verkehrszählungen durchzuführen oder Personentracking zu machen wie bei sicherheitskritischen Personenströmen in Stadien. Allgemein gesagt: immer wenn sich etwas bewegt oder wenn es um Abstände geht, wenn Objekte auf einer Fläche erkannt werden müssen, dann ist der Lidar von Vorteil.
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