Der Kapitalmarkt ist in der Regel ein guter Indikator dafür, ob ein Unternehmen glaubhaft seine Zukunftsfähigkeit darstellen kann. Insofern war der Auftritt von Ola Källenius in London nicht gänzlich überzeugend. Schon kurz nach Ankündigung seines Sparprogramms mit einer Reduzierung der Personalkosten um 1,4 Milliarden Euro gab der Aktienkurs nach. Für die Anleger hätten die Einschnitte offenbar deutlicher sein müssen. Vor allem die Aussicht auf eine längere Phase bis 2022 mit einer Rendite weit unter den eigenen Zielen von acht bis zehn Prozent dürfte sauer aufgestoßen sein.
Doch fairerweise muss festgehalten werden: Viel mehr war nicht drin. Da die Strategie bis 2025 bereits vom Vorgänger Dieter Zetsche festgelegt worden war, hat Daimler-Chef Ola Källenius nur begrenzt Einflussmöglichkeiten, um das Ruder schnell herumzureißen. Mit einer stärkeren Fokussierung auf die renditestarken Segmente deutet Källenius zumindest an, wo die Reise hingehen könnte. Doch die Komplexität und Ausrichtung der Modellpalette und der Antriebe lässt sich erst in einigen Jahren reduzieren, wenn neue Architekturen im Konzern eingeführt werden können, Baureihen aussortiert werden und sich der Antriebsmix der Zukunft klarer abzeichnet. Auch die Kosten zur Erreichung der CO2-Ziele von 2021 sind so kurzfristig kaum mehr beeinflussbar.
Bleiben also die Beschäftigten, die Källenius als Stellhebel ausgemacht hat. Dass hier zunächst in erster Linie Führungskräfte und Vertwaltungsangestellte gehen sollen, ist auch ein Signal an die Gewerkschaften. Die Beschäftigten am Band, die das Rückgrat des Unternehmens sind, soll es zuletzt treffen. Auf diese Weise darf Källenius mit der Kooperation der Arbeitnehmerseite rechnen, die bereits Verständnis für das Sparprogramm signalisiert hat. Doch dies sind nur kosmetische Maßnahmen, da die Belegschaft ohnehin bis 2029 vor Entlassungen geschützt ist und der Betrag von 1,4 Milliarden Euro angesichts der Ausgaben für E-Mobilität und neue Technologien kaum ins Gewicht fällt. Die eigentliche Bewährungsprobe steht noch aus. Nach 2025 wird sich zeigen, wohin Daimler wirklich steuert. Spätestens dann muss Källenius die Zukunftsfähigkeit des Konzerns nachgewiesen haben.
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